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Gladbach-Zwangsumbruch: Leistungsträger weg, wenige Einnahmen – Krise vorprogrammiert?

7. Juli 2023 | Spotlight | BY Lea Selin Thomas

Hinter Borussia Mönchengladbach liegt eine Spielzeit zum Vergessen. Die Saison 2022/23 war ein einziges Chaos, geprägt von mehr Tiefen als Höhen. Schlussendlich landete man auf dem zehnten Platz und damit im Niemandsland der Tabelle. (Ex-)Trainer Daniel Farke musste bereits seinen Platz räumen, doch nun sehen sich die Fohlen auch noch mit dem Verlust einiger Leistungsträger konfrontiert. Die Situation ist heikel. 

Hofmann, Thuram, Bensebaini: Gladbach gehen die Spieler flöten – Abgänge unter Wert

Elf Siege, dreizehn Niederlagen, zehn Remis – die Gladbacher Saison 2022/23 war vor allem eins: Mittelmäßig. Höhepunkte gab es wenige, dafür umso mehr Rückschläge, sei es 0:4-Klatsche gegen Mainz 05 im Februar oder die Niederlage gegen den BVB am 32. Spieltag, als man sich mit einem desaströsen 2:5 geschlagen geben musste. Letzten Endes stand für die Fohlen Tabellenplatz zehn zu Buche – als erste Konsequenz folgte das Aus von Trainer Daniel Farke (46).

Nach nur einer Saison endete die Amtszeit des gebürtigen Westfalen, der bei den Fans bereits seit geraumer Zeit in der Kritik stand. Eigentlich sollte Farke den Neuaufbau des Teams einleiten und eine bessere Platzierung als in der Vorsaison erreichen – stattdessen hatte Gladbach mit 43 Punkten sogar zwei Zähler weniger auf dem Konto als im Jahr zuvor unter Ex-Coach Adi Hütter (53).

Sportvorstand Roland Virkus (56) äußerte sich hinsichtlich der Entlassung von Farke wie folgt: „Nach mehreren intensiven Gesprächen sind Daniel Farke und wir zu dem Ergebnis gekommen, getrennte Wege zu gehen.“ Ein kurzes Statement, aber wie heißt es so schön? Es ist das Unausgesprochene, was prägt. Mittlerweile wurde Gerardo Seoane (44) als Nachfolger verpflichtet – ihm wird nun die schwierige Aufgabe zuteil, ein auseinanderfallendes Team zu managen und vor einer noch größeren Krise zu bewahren.

Angesichts der Abgänge von Ramy Bensebaini (28, Borussia Dortmund), Marcus Thuram (25, Inter) und Jonas Hofmann (30, Bayer Leverkusen) dürfte das allerdings ein gewaltiges Stück Arbeit werden. Alle drei Spieler zählten in der abgelaufenen Saison zu den wenigen Leistungsträgern bei den Fohlen, insbesondere Publikumsliebling Hofmann, der mit zwölf Toren und zehn Vorlagen zu Gladbachs Topscorer avancierte. Für schlappe 10 Millionen Euro wechselte er jüngst zu Bayer Leverkusen – möglich machte dies eine Ausstiegsklausel.

 



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Ohne tragende Säulen: Kann Seoane den Gladbach-Absturz verhindern oder zumindest abfedern?

Der Verlust des 30-Jährigen trifft die Fohlen hart, ebenso wie die ablösefreien (!) Wechsel von Bensebaini und Thuram. Nicht zu vergessen der Abschied von Kapitän Lars Stindl (34), den es nach dreizehn Jahren zurück zum Karlsruher SC zieht – ablösefrei, wohlgemerkt. Stammtorhüter und Vereinslegende Yann Sommer (34) verabschiedete sich bereits im Winter Richtung Säbener Straße. Spieler wie Bensebaini, Stindl und Thuram haben zusammen einen hohen Marktwert. Virkus‘ Ertrag aus ihren Transfers: 0 Euro. Eine Bilanz des Grauens.

Derzeit scheint es, als würden den Borussen die Spieler reihenweise wegbrechen und das zum Nulltarif. Auf die zahlreichen Abgänge reagierte man, indem man Julian Weigl (27, SL Benfica, zuvor ausgeliehen) und Robin Hack (24, Arminia Bielefeld) verpflichtete, für eine Gesamtsumme von etwas mehr als 8 Millionen Euro. Ob das ausreichen wird, um den von empfindlichen Lücken gespickten Kader zu festigen, darf bezweifelt werden, zumal andere Neuankömmlinge wie Fabio Chiarodia (18, Werder Bremen) oder Grant-Leon Ramos (19, FC Bayern II) vermutlich noch keine sofortige Verstärkung darstellen.

Sportlich ist Gladbach ohnehin längst im grauen Mittelmaß angekommen, wenn man von den wiederholten Glanzleistungen gegen den FC Bayern einmal absieht – unvergessen bleibt der historische 5:0-Triumph im DFB-Pokal 2021. Dieser täuscht aber nicht über die düstere Realität hinweg: Letztmals qualifizierte man sich in der Saison 2019/20 für das internationale Geschäft, damals noch unter Marco Rose (46, RB Leipzig), der die Fohlen auf Platz vier führte.

Im Hinblick auf die vielen Abgänge und das geringe finanzielle Budget droht der Elf vom Niederrhein nun eine dramatische Fortsetzung ihrer fußballerischen Talfahrt. Es fehlt nicht nur ein Kapitän, sondern auch ein stabiles Grundgerüst sowie Identifikationsfiguren, von aussichtsreichen Neuzugängen ganz zu schweigen. Der frischgebackene Gladbach-Trainer Seoane steht somit vor der Herausforderung, den mehr oder weniger zwangsweise eingeleiteten Umbruch bestmöglich zu bewältigen und aus den verbliebenen Fohlen eine konkurrenzfähige Einheit zu formen. Bleibt zu hoffen, dass ihm das gelingen wird. Die Gefahr, dass die Fohlen ihren Blick, sollten die Lösungen nicht kreativ und passend sein, erst einmal gen Tabellenkeller richten müssen, besteht in jedem Fall.

(Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Lea Selin Thomas

Lebt die Rivalität zwischen den Mailänder Klubs und trägt die rot-schwarzen Farben. Bedauert sehr, dass sie die sportliche Blütezeit der Rossoneri um ein paar Jahre verpasst hat.


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