Darum spielt Serge Gnabry um seine Zukunft beim FC Bayern
19. April 2023 | Trending | BY Manuel Behlert
Seit Serge Gnabry seinen Vertrag beim FC Bayern zu lukrativen Bezügen verlängert hat, spielt der Nationalspieler nicht mehr konstant auf dem Niveau, das er eigentlich erreichen könnte. Aktuell fehlen dem Offensivspieler einige Elemente, die ihn früher auszeichneten. Wird aus dieser länger anhaltenden Formdelle nun auch unter dem neuen Trainer ein Trend, dann muss die Zukunftsfrage gestellt werden.
Im Frühjahr 2023 befindet sich der FC Bayern in einer kniffligen Lage. Nur wenige Wochen nach dem Trainerwechsel zu Thomas Tuchel (49) ist eine Titelchance schon passé, noch dazu droht das Aus in der Champions League. In der Bundesliga ist das Titelrennen komplett offen, am vergangenen Wochenende patzte der Rekordmeister gegen Abstiegskandidat Hoffenheim. Und dann wären da noch die Formprobleme zahlreicher Spieler, darunter Serge Gnabry (27).
Serge Gnabry: Aktuell weit entfernt vom Optimum
Der FC Bayern verpflichtete Serge Gnabry im Sommer 2017 von Werder Bremen, verlieh ihn prompt zur TSG Hoffenheim. Von Beginn an hatte der Rekordmeister einen langfristigen Plan mit dem Spieler. Die Leihe zu den Kraichgauern war ein Erfolg, der Offensivspieler sammelte Scorer und Spielpraxis en masse. Nach seiner Rückkehr nach München lernte er vom Flügelduo „Robbery“, übernahm sukzessive mehr Verantwortung. Und das tat ihm gut. Die Brust wurde breiter, auch in der Nationalmannschaft traf der Spieler, wie er wollte.
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Und Gnabry hatte Highlightspiele im Repertoire. Vier Tore auswärts bei Tottenham, ein Blitz-Doppelpack bei Chelsea: Der Nationalspieler konnte Gegner auf höchstem Niveau zerlegen. Zwar gab es Spiele, in denen er eher unauffällig agierte, diese waren aber eher die Ausnahme. Beeindruckend war vor allem, wie er spielte. Der mittlerweile 27-Jährige tauchte sowohl im Zentrum als auch auf den Außenbahnen auf, war extrem dynamisch, schnell im Antritt und zielstrebig. Sah er eine Chance, so schloss er ab. Mitunter übersah er dabei zwar seinen Mitspieler, aber die Abschlussqualität gab ihm oft recht.
Was fehlte, war noch der letzte Schritt. Hin zu noch etwas mehr Konstanz auf dem allerhöchsten Niveau, hin zu noch mehr Verantwortung auf dem Feld. Im Sommer 2022 verlängerte der FC Bayern den Vertrag mit seinem Offensivspieler, nach langen Verhandlungen. Obendrauf gab es eine Anpassung in Sachen Gehalt, Gnabry gehört nun zu den Topverdienern beim Rekordmeister. Eine entsprechende Gegenleistung erwartete man sich in München, doch diese blieb aus. Eine katastrophale Saison spielt der 27-Jährige angesichts von zwölf Toren und elf Vorlagen nicht, das Optimum ist aber weit entfernt.
Kritikpunkt: Mangelnder Einfluss ohne Scorerpunkte
Liefert ein Spieler über mehrere Wochen schwächere Leistungen ab, so lässt sich von einer Formdelle sprechen. Etwas anders sieht es aus, wenn sich die Probleme über Monate hinziehen und die Highlightspiele, die bereits erwähnt wurden, immer weniger werden. Ein Dreierpack gegen Werder Bremen, drei Vorlagen beim Sieg auswärts gegen den FC Barcelona – das war es „schon“ an individuellen Glanzleistungen. Zuletzt schaffte es Gnabry in der Bundesliga achtmal in Folge nicht, eine Torbeteiligung zu sammeln.
Das führt genau zum nächsten Problem. Im Gegensatz zu Teamkollegen wie Leroy Sané (27) ist der Einfluss Gnabrys auf das Spiel des FC Bayern ohne Torbeteiligung deutlich geringer. Sané setzt viele Akzente im Pressing, ist insbesondere zuletzt wieder sehr bemüht, versucht, auf engstem Raum zu kombinieren. Gleiches gilt für Jamal Musiala (20) und dessen Lösungen unter Druck. Auch wenn letzterem dieser Tage nicht allzu viel gelingt, gibt es immer noch die typischen „Aha-Momente“, wenn er auf dem Spielfeld steht. All das scheint bei Gnabry derzeit zu fehlen, was für einen Teufelskreis sorgt.
Insbesondere aufgrund der Vertragsverlängerung und den damit verbundenen Hoffnungen steht der Offensivspieler doppelt und dreifach unter Beobachtung. Die Verantwortlichen hofften, dass er es schafft, seine eigenen Leistungen unabhängig von der Form der Mannschaft zu gestalten. Das funktioniert derzeit nicht. Im Gegenteil: Der Frust wächst, allen voran beim Spieler. Weil einfachste Dinge nicht funktionieren. Gnabry wirkt partiell wie ein Fremdkörper, ihm verspringen die Bälle regelmäßig, technische Unzulänglichkeiten beeinflussen Angriffe negativ. Noch dazu hat er seine Explosivität verloren, wirkt nicht hundertprozentig fit und dynamisch, wie er es in früheren Tagen war.
Gnabry spielt um seine Zukunft beim FC Bayern
Der 27-Jährige versucht, aus dem Leistungsloch herauszukommen, niemand spielt absichtlich durchwachsen. Dabei verkrampft er aber mehr und mehr, versucht, die Dinge zu erzwingen und trifft falsche Entscheidungen. Abschlüsse, bei denen sich die Mitspieler in der Vergangenheit schon jubelnd in Richtung Mittelkreis abwenden konnten, verfehlten in den letzten Wochen zu häufig das Tor. Im Schlussspurt der Saison muss sich der Spieler steigern, denn dieser könnte für seine Zukunft im Klub von entscheidender Bedeutung sein. Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel bahnen sich für den Sommer einige Veränderungen im Kader an und der Übungsleiter dürfte nicht davor zurückschrecken, zur Optimierung auch den ein oder anderen großen Namen zu verkaufen.
Neben Gnabry gilt auch Sadio Mané (31), der zuletzt aufgrund eines Schlags gegen Leroy Sane unangenehm auffiel, als Kandidat für einen Abgang. Zudem sondiert der Rekordmeister den Markt nach einem Topstürmer. In der Offensive könnte sich also einiges verändern und ein Spieler, der wochenlang seiner Form hinterherläuft, ist in diesem Fall natürlich ein Kandidat für einen Verkauf. Zudem gäbe es sicher einen Markt für den Spieler, die Einsparungen in Sachen Gehalt und eine Ablöse würden den Rekordmeister seinerseits wieder handlungsfähiger machen, was Anpassungen im Kader angeht.
Klar ist, dass es einige Defizite im Spiel des FC Bayern gibt. Klar ist auch, dass das Alibi für die Spieler nach dem Trainerwechsel nicht mehr existiert. Und es ist auch offensichtlich, dass der Kader in seiner Zusammenstellung nicht derart nahe am Optimum ist, wie es sich die Verantwortlichen vielleicht vorgestellt hätten. Um diese Defizite zu beheben und die letzten Prozentpunkte aus dem Kader herauszuholen, braucht es Veränderungen. Wenn Serge Gnabry 2023/24 noch eine wichtige Rolle beim FC Bayern spielen will, muss er jetzt abliefern. Sonst droht der Verkauf im Sommer…
(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.