Gräfe-Berufung: Es geht um das Prinzip – und um viel Geld

25. März 2025 | Bundesliga | BY sid

Das Aktenzeichen erscheint erst einmal unspektakulär. Doch unter „6 U 23/23“ geht es am Donnerstag ab 13.30 Uhr in Gebäude D, Saal 101 um die Ehre, das Prinzip – und vor allem um jede Menge Geld. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main soll endlich darüber entscheiden, ob Manuel Gräfe schlagartig um mehrere hunderttausend Euro reicher wird oder ein dickes finanzielles Minus verbuchen muss. Im langjährigen Zoff zwischen dem früheren Topschiedsrichter und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) steht die Berufung an.

Berufung im Gräfe-Prozess steht an

Eigentlich hätte die Verhandlung schon am 19. Dezember des vergangenen Jahres über die Bühne gehen sollen. Doch rund 25 Stunden vor dem geplanten Termin hob das Gericht die mündliche Verhandlung wegen einer „kurzfristig eingereichten erneuten Klage-Erweiterung“ auf. Die Gräfe-Seite hatte bei der Berechnung ihrer Schadenersatzforderung die zurückliegenden Gehaltserhöhungen für die Referees zunächst nicht berücksichtigt und zu spät nachgereicht. Mittlerweile soll sich der verlangte Schadenersatz auf 830.000 Euro summieren.

Das sah im Januar 2023 noch ganz anders aus. Damals wurde Gräfe vom Landgericht eine Entschädigung von 48.500 Euro wegen Altersdiskriminierung zugesprochen. Es galt als erwiesen, dass der Referee seine Karriere wegen des Erreichens der DFB-Altersgrenze mit 47 beenden musste. Das Gericht wertete dies als „nicht zulässig“ und „unverhältnismäßig“, da anstatt der festgelegten Altersgrenze auch „Leistungstests“ herangezogen werden könnten.

Der von Gräfe geforderte Schadenersatz wegen entgangener Einnahmen wurde dem mittlerweile 51-Jährigen allerdings verweigert, deshalb ging der Ex-Unparteiische in Berufung – wie übrigens auch der DFB. Vor rund zwei Jahren forderte Gräfe „lediglich“ knapp 195.000 Euro, diese Summe hat sich in der Zwischenzeit vervielfacht.

Gräfe argumentiert mit Verdienstausfall

Die massive Steigerung errechnet sich laut Gräfe aus den Jahren des Verdienstausfalls. „Ich kann für jedes der vergangenen drei Jahre unter anderem per ärztlichen Attesten nachweisen, dass ich fit und einsatzbereit gewesen war“, hatte der ehemalige ZDF-Experte vor der im Dezember geplatzten Verhandlung der Bild am Sonntag gesagt: „Wenn dann vom Gericht eindeutig eine Altersdiskriminierung festgestellt wird, sollte man doch wenigstens den entstandenen finanziellen Schaden wiedergutmachen.“

Ob das Gericht diese Ansicht teilt, ist offen. Gräfe gab zu Protokoll, dass er „lieber gepfiffen“ und sich so sein „Geld verdient“ hätte. Dabei verwies er unter anderem auf Felix Brych, der dank ihm mit 49 noch aktiv sein dürfe: „Ich kämpfe für alle Schiedsrichter und gehe dafür in extremes persönliches Risiko. Ich habe bereits viel Geld einsetzen müssen, und sollte ich den Prozess verlieren, werden sich die Kosten für alle DFB-Prozesse auf weit über 120.000 Euro summieren.“

Der immer wieder für Diskussionen sorgende Gräfe sieht sich in einer Art Märtyrer-Rolle. „All die Kämpfe, die ich ausgefochten habe, haben mir letztendlich geschadet, dadurch hatte ich persönlich nur Nachteile“, sagte der Berliner: „Hätte ich meinen Mund gehalten, wäre ich heute noch Bundesliga-Schiri und hätte als VAR sowie danach sehr wahrscheinlich noch als Funktionär arbeiten können.“

Immerhin ist Gräfe nicht mehr allein im Kampf gegen den DFB. Auch Regionalliga-Schiedsrichter Francisco Lahora klagt mittlerweile in der zweiten Instanz gegen den Verband, weil er sich zu Unrecht wegen seines Alters von der Ausbildung zur Leitung von Drittliga-Spielen ausgeschlossen sieht. (SID)

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)


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