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Lucas Hernandez verlässt den FC Bayern: Das nicht eingelöste Versprechen

9. Juli 2023 | Trending | BY Manuel Behlert

80 Millionen Euro investierte der FC Bayern München im Sommer 2019, um Lucas Hernandez von Atletico loszueisen und ihn zum Gesicht der eigenen Defensive zu machen. Er solle die Abwehrreihe des Rekordmeisters führen und auf Jahre prägen. Vier Jahre später steht nun der Abgang zu Paris Saint-Germain fest. Was bleibt, ist eine bittere Erkenntnis. 

Lucas Hernandez: Bayerns Rekordtransfer

Es war der März 2019, als der FC Bayern München die Verpflichtung von Lucas Hernández (damals 23) von Atletico Madrid bekannt gab. Die festgeschriebene Ablösesumme in Höhe von 80 Millionen Euro wurde an die Rojiblancos überwiesen, der Spieler wurde zum Rekordtransfer des FCB. Hasan Salihamidzic schwärmte damals in der Pressemitteilung: „Ich bin sehr glücklich, dass wir in Lucas Hernández einen der besten Defensivspieler der Welt und Weltmeister verpflichten konnten. Lucas kann sowohl in der Innenverteidigung als auch auf der linken Abwehrseite eingesetzt werden. Außerdem wird Lucas unsere Tradition herausragender französischer Spieler fortschreiben und unsere Mannschaft verstärken.“

 



Die Euphorie im Klub war groß, denn der Franzose verkörperte viele Elemente, die für einen Verteidiger von immenser Bedeutung sind. Sein Zweikampfverhalten wurde seinerzeit als kompromisslos und effizient beschrieben, der Neuzugang sei ein Spieler, der in keiner Situation aufgibt und seine Mitspieler mitreißen kann. Die Vorfreude war groß, allerdings enthielt die Pressemitteilung ein kleines Detail, das sinnbildlich für die Zeit des Defensivspielers in München stehen sollte. Während der sportmedizinischen Untersuchung wurde nämlich eine Innenbandverletzung diagnostiziert. Der Franzose musste – in Absprache mit Atletico – unters Messer und sich einer operativen Behandlung unterziehen. 

Hernandez beim FC Bayern: Wichtig, wenn fit

Vier Jahre spielte Lucas Hernández nun beim FC Bayern München, doch was für ein Resümee lässt sich nach seinem Abgang ziehen? Für den Spieler selbst war die Zeit sicher eine erfolgreiche. Vier Meistertitel sammelte er in München, gewann zudem die UEFA Champions League, auch wenn er dort im Endspiel als veritabler Trommler auf der Bank in Erscheinung trat und nicht auf dem Feld. Schon während seiner ersten Saison, die unter Trainer Niko Kovac begann und unter Hansi Flick mit dem Triple endete, verpasste er zahlreiche Spiele. Eine Verletzung am Sprunggelenk sorge für einen längeren Ausfall.

Prägen konnte er das Spiel des FC Bayern in dieser Zeit nicht. Auch in der Folge gab es immer wieder Rückschläge und längerfristige Ausfälle. Der Verteidiger, der beim Rekordmeister sowohl innen als auch links eingesetzt wurde, fand nur selten über einen längeren Zeitraum zu seinem Rhythmus. War er fit, dann spielte er häufig auch, insbesondere, weil die Flexibilität geschätzt wurde. Die prägende Rolle, die ihm zugetraut wurde, konnte er aber nie ausfüllen. Rein individuell betrachtet hatte er dank seiner Performance schon das Zeug zum Publikumsliebling, denn auch beim erfolgsverwöhnten Rekordmeister werden Grätschen und Rettungsaktionen in höchster Not gerne gesehen.

Hernandez

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Das ist aber nur eine Facette des Spiels. Jene 80 Millionen Euro, die bis heute den Münchner Transferrekord bedeuten, wurden nicht investiert, um „nur“ einen guten Verteidiger zu verpflichten. Eine solche Summe soll einem Kader eine Besonderheit verleihen, einen Mannschaftsteil auf ein neues Level heben. Dieses Versprechen löste Hernandez nicht ein. 74 Bundesligaspiele absolvierte er in vier Jahren – 136 wären möglich gewesen. Alleine diese Statistik spricht eine klare Sprache. 

Nun kann ein Spieler selbst in den seltensten Fällen etwas dafür, häufiger verletzt zu sein, trotzdem prägte Hernandez das Spiel des Rekordmeisters auch in den Phasen, in denen er fit war, nie wirklich. Sein Spielaufbau war ordentlich, aber nicht mit dem eines David Alaba oder Jerome Boateng zu vergleichen. Er verteidigte gut, hatte überragende Partien im Repertoire, aber ihm fehlte mitunter auch die Konstanz und er war punktuell anfällig für leichte Fehler, wie der Rest der Abwehr auch.

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Keine dauerhaften Spuren hinterlassen

Trotz einiger guter Momente bleibt angesichts der Erwartungen und der hohen Ablösesumme am Ende die Erkenntnis, dass Hernandez eher der Kategorie Fehleinkäufe zuzuordnen ist. Langfristige Spuren wird er nicht hinterlassen. Er hat den Klub nicht geprägt, die Defensive nicht auf ein höheres Level gehoben. Seine Leistungen waren gut, aber es entstand nie der Eindruck, dass er wirklich unersetzlich gewesen wäre. Vom Klub erhielt er in schweren Zeiten immer die nötige Rückendeckung, die Verantwortlichen standen hinter ihm und betonten, dass er in den Planungen weiterhin eine zentrale Rolle spielen werde.

Das führt zu einem Aspekt, der auch dem ein oder anderen Fan sauer aufstößt. Der FC Bayern wollte mit dem Spieler verlängern, auch nach seinem Kreuzbandriss bei der WM 2022 in Katar. Lange sendete die Spielerseite auch positive Signale, eine Einigung schien über mehrere Wochen sicher. Als PSG aber lockte und neben einem Jahresgehalt von knapp 20 Millionen Euro auch noch ein Handgeld in Höhe von fast zehn Millionen Euro bot, schlug das Pendel in Richtung Paris aus. Bayern-Trainer Thomas Tuchel (49) soll intern weiter um den Franzosen geworben haben, aber die Verantwortlichen stimmten am Ende einem Transfer zu.

Wohl auch wegen des guten Preises. Die rund 50 Millionen Euro sind nämlich mehr als nur ein Trostpreis und lassen den FC Bayern mit einem blauen Auge davonkommen. Dass Kim Min-jae (26) von der SSC Napoli verpflichtet wird und man die beiden Ablösesummen miteinander verrechnen kann, spielt dabei auch eine Rolle. Im Endeffekt ist es ein Abschied ohne viel Wehmut – für alle Parteien. Die Dinge haben eben nicht zu 100 Prozent den Verlauf genommen, den sich alle erwünscht hatten. Dass es quasi reibungslos gelang, Hernandez durch einen anderen hochkarätigen Innenverteidiger zu ersetzen, bei dem wohl niemand das Gefühl hat, der FC Bayern hätte einen schlechten Deal getätigt, spricht für sich.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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