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Hoeneß-Attacke im Poker um Kane: Diese Aussagen sind ein Problem für den FC Bayern

16. Juli 2023 | Trending | BY Manuel Behlert

Am Samstag startete die Vorbereitung auf die Saison 2023/24 für den FC Bayern mit dem Beginn des Trainingslagers am Tegernsee so richtig. Vorher fand die obligatorische Pressekonferenz mit Trainer Thomas Tuchel statt. Er wirkte erholt, aber auch voller Tatendrang. Rund um den Poker um Stürmer Harry Kane ließ sich der Chefcoach indes nichts entlocken. 

Er werde nicht über Spieler sprechen, die bei anderen Klubs unter Vertrag stehen, teilte Thomas Tuchel (49) gebetsmühlenartig mit. Das Memo mit dieser Marschroute hatte offenbar eine Person beim FC Bayern nicht bekommen: Uli Hoeneß (71). Er äußerte sich am Rande der ersten Einheit am Tegernsee nämlich ganz anders.

Hoeneß-Klartext im Kane-Poker

Dass der FC Bayern München Harry Kane (29) in diesem Sommer verpflichten will, weiß mittlerweile nun wirklich jeder. Das Treffen der Bayern-Delegation mit den Spurs zuletzt in London sollte für eine friedliche und respektvolle Atmosphäre rund um die Verhandlungen sorgen. Auch Trainer Tuchel mahnte bei der Pressekonferenz zur Ruhe, wollte sich nicht zu Details äußern und bestätigte nur, dass der Rekordmeister auf der „9“ einen Spieler sucht, der eine sofortige Verstärkung darstellt. Es sah also alles nach einem friedlichen Auftakt in das Trainingslager aus. Ohne Nebengeräusche, dafür mit dem Fokus auf der sportlichen Komponente. Schließlich gibt es hier genug zu tun.

 



Die Ruhe fand allerdings schnell ein jähes Ende. Denn der Ehrenpräsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, entschied sich dazu, doch etwas zu Kane zu sagen. Dabei hätte er sicher den diplomatischen Weg wählen und lediglich von guten Gesprächen berichten können. Doch Hoeneß wäre nicht Hoeneß, wenn er nicht noch einen Schritt weiter gegangen wäre. Oder eben zehn. „Harry Kane hat in allen Gesprächen ganz klar signalisiert, dass seine Entscheidung steht. Wenn die bleibt, kriegen wir ihn. Dann wird Tottenham einknicken müssen“, so der 71-Jährige.

Hoppla! Das sind aber ganz andere Töne. Und weiter: „Levy (Daniel Levy, Präsident von Tottenham) ist ja clever. Wir müssen ihn erstmal so weit bringen, dass er einen Preis nennt. Er spielt auf Zeit, ist ein super Profi. Ich schätze ihn sehr. Aber auf der anderen Seite sind auch keine Leute, die das seit gestern machen.“ Das ist natürlich eine Ansage. Allerdings eine, die völlig ohne Not getätigt wurde.

Kane: Die Verhandlungen werden nicht einfacher

Um zu verstehen, warum das so ist, muss man wissen, wie Daniel Levy (61) tickt. Er ist nämlich einer der unangenehmsten Verhandlungspartner in ganz Europa. Passt ihm der Ton in Verhandlungen nicht, schaltet er schnell auf stur. Nach außen gab er in der Causa Kane zudem häufig zu verstehen, dass die Spurs den Spieler nicht abgeben wollen. Zwar spielt der Faktor, dass die Spielerseite nach München wechseln will, eine Rolle und auch die Vertragsdauer (bis 2024) spricht für den Rekordmeister, aber dabei handelt es sich um einzelne Parameter, die in sensiblen Gesprächen zum eigenen Vorteil eingesetzt werden können. Und nicht um Garantien.

Seit 2004 ist Harry Kane bei den Spurs. Der Rekordtorschütze von Tottenham ist eine der größten Vereinslegenden der Nordlondoner.

(Photo by IAN KINGTON/AFP via Getty Images)

Denn: Tottenham bietet dem 29-Jährigen einen Vertrag mit einem Jahresgehalt von bis zu 25 Millionen Euro, will ihn nach seiner aktiven Zeit sofort im Klub integrieren und hat aktuell auch noch die leichte Aufbruchstimmung auf der eigenen Seite. Die Gespräche wären ohnehin schon schwierig geworden, jetzt werden sie sicher nicht einfacher. Levy hat in der Vergangenheit bei potenziellen und am Ende auch finalen Abgängen bewiesen, dass er die Gespräche bis zu einem sehr späten Zeitraum im Transferfenster herauszögern kann. Bayern-Coach Tuchel machte keinen Hehl daraus, dass es wünschenswert ist, den Kader schon schnell beisammen zu haben.

Außerdem lag das letzte Angebot des FC Bayern bei 80 Millionen Euro plus Boni. Damit befand sich der Rekordmeister nicht in der Nähe der Spurs-Forderungen. Kurz vor dem Durchbruch befanden sich die Verhandlungen nicht und die neuerlichen Aussagen, die zweifelsohne respektlos sind, könnten umso mehr dafür sorgen, dass der englische Klub nun auf stur schaltet. Zumal die Kane-Seite nicht bereit ist, nach den vielen Jahren bei Tottenham plötzlich zu streiken und einen Wechsel zu erzwingen.

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Hoeneß und die Kommunikation: Nicht nur bei Kane ein Problem

Uli Hoeneß ist ein impulsiver Mensch. Das ist nun jedem bekannt. Das kann in einigen Situationen sogar von Vorteil sein, in anderen aber genau das Gegenteil zur Folge haben. Wie impulsiv er ist, zeigte sich am Samstag. Gegenüber den Journalisten erklärte er, man hätte nun endlich Ruhe im Verein und wolle verhindern, ihn wieder „undicht“ zu machen. Nur um wenige Minuten später in den Angriffsmodus bei Kane zu schalten. Diese Impulsivität stellt im Fall dieses großen und für den FC Bayern wichtigen Pokers aber ein Problem dar. Die Auswirkungen sind kaum abzusehen, zumindest von einer punktuellen Funkstille dürfte ausgegangen werden. 

Überraschend kommt die Hoeneß-Reaktion nicht. Es gab in den vergangenen Jahren schon mehrfach Situationen, in denen die Kommunikation des 71-Jährigen Fragen aufwarf. Beispielsweise  als er 2018 wochenlang der Ansicht war, Trainerlegende Heynckes ließe sich noch zu einem Weitermachen überzeugen, obwohl dieser Woche für Woche unmissverständlich verdeutlichte, endlich den wohlverdienten Ruhestand anzutreten. 

Hoeneß

(Photo by Andreas Rentz/Getty Images)

Und wer erinnert sich nicht zurück an die legendäre „Grundgesetz“-PK, als die Verantwortlichen minutenlang über die „Würde des Menschen“ debattierten, mitteilten, dass sie derart unsachliche Kritik nicht mehr hinnehmen werden, nur damit Hoeneß gefühlte 23 Sekunden später einen sechsminütigen Vortrag hält, warum Juan Bernat in seinen Augen – übertrieben gesagt – der schlechteste Linksverteidiger aller Zeiten war und deswegen verkauft wurde. 

Hat der FC Bayern weiterhin eine realistische Chance auf Kane? Ja, absolut. Dafür muss der Rekordmeister aber schnell beschwichtigen. Levy wird sich die Aussagen nicht gefallen lassen und selbst Hebel in Bewegung setzen, um die Verhandlungen zäher zu gestalten. Geplatzt ist der Deal also keinesfalls, er ist aber schwerer geworden. Wegen zwei Minuten, in denen Uli Hoeneß das, was er unmittelbar zuvor als Marschroute ausgab, ad absurdum führte. Schon wieder.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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