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Droht Leverkusen der Abstiegskampf bis zum Ende? Das Streitgespräch

21. Oktober 2022 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Bayer 04 Leverkusen ging mit großen Ambitionen in die neue Saison. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Selbst nach dem Trainerwechsel gab es keine allzu guten Resultate, vom Sieg gegen Schalke 04 einmal abgesehen. Einiges muss sich ändern, sonst droht mehr als nur ein Verpassen der Champions League. 

Bayer Leverkusen: Probleme, wohin man sieht

Im Sommer 2022 verlängerte Bayer 04 Leverkusen die Verträge von wichtigen Spielern, wollte in der zweiten Saison unter Trainer Gerardo Seoane große Schritte nach vorne machen, gerade fußballerisch sollten die letzten Prozentpunkte herausgekitzelt werden. Doch die Werkself präsentierte sich fahrig, die Abwehrspieler liefen und laufen bis heute ihrer Form hinterher. Das sind schlechte Voraussetzungen. Hinzu kam auch noch eine Torflaute bei Toptorschütze Patrik Schick, die Neuzugänge zündeten nicht von Beginn an. Es gibt also Probleme. Viele Probleme. Probleme, die Leverkusen aktuell nicht lösen kann.

 



Seoane ist Geschichte, längst entlassen. Xabi Alonso, der in Spanien Erfahrungen sammelte, soll das Ruder herumreißen. Spätestens nach dem 1:5 gegen Frankfurt am Wochenende ist aber auch der Spanier in der Realität angekommen. Es sieht nicht gut aus für Leverkusen, auch wenn ein Spieler wie Florian Wirtz bald wieder auf dem Platz stehen kann. Er benötigt aber Zeit, kann zudem auch nicht offensiv für Akzente setzen und gleichzeitig auch noch die Defensivprobleme beheben. Viel Arbeit steht an und bis zur WM-Pause wird es mindestens einmal ungemütlich für Alonso und die Werkself. Droht sogar der Abstiegskampf?

Weitere Informationen rund um den Fußballtag sind in unserem Ticker zu finden 

Falsche Sicherheit ist gefährlich

Vor Beginn dieser Saison hat man, mehr oder weniger leise, schon über einen möglichen Titelkampf spekuliert, in dem Leverkusen eine gewichtige Rolle einnehmen könnte. Selten hat sich eine Einschätzung so hart ins Gegenteil verkehrt wie die der Werkself in dieser Spielzeit. Nach zehn Spieltagen ist bereits der Trainer entlassen und man steht auf dem Relegationsplatz. Besonders auffällig dabei sind die 21 kassierten Gegentreffer, nur Schalke und Bochum stellen eine noch schwächere Defensive. Und dennoch will man sich nicht so wirklich eingestehen, dass die Situation rund um die Leverkusener heikel ist.

Vor jedem Spieltag aufs Neue wird über die große, individuelle Klasse des Kaders gesprochen und die jetzige Tabellensituation nie wirklich als berechtigte Folge einer verunsicherten Spielweise, einer nicht funktionierenden Teamstruktur wahrgenommen. Dabei ist Bayer nicht einfach nach einem schlechten Traum aufgewacht und steht nun unerklärlich im Keller. Stürmer Patrick Schick wirkt nach einer starken Saison gänzlich verunsichert, die fehlenden Konstanz seiner bisherigen Karriere scheint zurückzukehren. Die gesamte Abwehr bietet pro Spiel mehrere Großchancen für den Gegner an.

Leverkusen

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Es liegt immer auch eine gewisse Gefahr in falscher Sicherheit und diese scheint sich bei er Werkself weiter einzunisten. Gerardo Seaone musste gehen, wohl auch weil man ihm nicht zutraute eine „Krise“ zu managen. Dennoch entscheid man sich dann an der Seitenlinie für Xabi Alonso, nicht für einen gestandenen Krisenmanager. Der ist auch Alonso nämlich nicht, dennoch ist die erste Patrone verschossen. Nach einem Auftaktsieg kassierte man gegen Porto drei und gegen Eintracht Frankfurt sogar fünf Gegentore. Und jetzt steckt man eben so langsam tief drin in einer Krise. Ohne Krisenmanager. Zwar mit viel individueller Qualität aber mit wenig von den sogenannten Tugenden im Abstiegskampf gesegnet. Die Werkself kann und darf sich nicht weiter hinter ihrem Potential oder theoretischen Möglichkeiten verstecken, sondern muss die eigene Situation annehmen. Im Moment scheint dies aber nicht der Fall zu sein. Und dann wird es gefährlich.

Julius Eid

Nein, Leverkusen schafft auf kurz oder lang die Trendwende

Acht Punkte aus zehn Spielen sammelte Bayer Leverkusen in der laufenden Spielzeit ein, gleichbedeutend mit Rang 16, dem Relegationsplatz. Ein miserabler Zwischenstand für den Werksklub, der mit ganz anderen Ambitionen in die Saison startete und sich nach dem Trainerwechsel hin zu Xabi Alonso sowie dem darauffolgenden 4:0-Sieg über Schalke 04 wieder auf Kurs wähnte. Doch die ernüchternden Pleiten gegen Porto (0:3) und Frankfurt (1:5) ließ jeglichen Optimismus auf schnelle Besserung erlischen. Bis zur Winterpause muss sich Bayer in der Bundesliga unter anderem noch mit RB Leipzig, dem souveränen Tabellenführer Union Berlin und dem Nachbarklub aus Köln auseinandersetzen.

Es gibt also Anzeichen, die dafür sprechen, dass Leverkusen sich in den kommenden Wochen in Abstiegsgefahr befindet. Zu vielschichtig sind die aktuellen Probleme. Umso besser kommt die vorzeitige, bereits am 14. November beginnende Winterpause nach 15 Spieltagen. Die außergewöhnlich lang andauernde Ruhephase von 67 Tagen gibt Bayer Leverkusen die Möglichkeit, sich auf mehreren Ebenen zu verbessern. Zuallererst gilt der Blick dem Transferfenster, denn der Klub besitzt bekanntermaßen keine finanziellen Sorgen und kann sich schlagkräftig auf mehreren Positionen verstärken.

Ebenso können Akteure wie Schlussmann Lukas Hradecky, der bei ernsthafter Konkurrenz wohl schon die Bank hätte drücken müssen, Edmond Tapsoba, Mitchel Bakker, Robert Andrich, der nach seiner Verpflichtung aus Prag noch gar nicht zündende Adam Hlozek oder der einstige Torjäger Patrik Schick eine Denkpause, die angesichts des eng getakteten Spielplanes derzeit nicht umsetzbar scheint, vertragen – und aus dieser gestärkt zurückkehren, indem sie zur Normalform finden. Darüber hinaus kehrt Florian Wirtz spätestens 2023 aus seiner langwierigen Kreuzbandverletzung zurück.

Er wird zwar etwas Anlaufzeit benötigen, wies in seinem jungen Alter aber bereits nach, dass er ein Unterschiedsspieler ist und enge Spiele auf die Seite von Bayer Leverkusen ziehen kann. Dem deutschen WM-Kader wird Wirtz wohl nicht angehören, sodass er sich vollends auf den Verein, wo er unter Coach Alonso wohl ebenfalls eine zentrale Rolle einnehmen dürfte, fokussieren kann. Sein Comeback, der Formaufschwung gestandener Spiele sowie möglicherweise direkt weiterhelfende Neuzugänge werden letztlich für einen deutlichen Ergebnisfortschritt bei Bayer Leverkusen sorgen, sodass spätestens im Februar die Augen wieder nach oben gerichtet werden können.

Yannick Lassmann

 

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)


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