Schießt Hertha BSC Leverkusen weiter in die Krise? Das Streitgespräch
5. November 2021 | Trending | BY Manuel Behlert
Hertha BSC spielt eine absolut durchwachsene Saison. Nach einigen Partien, in denen die Tendenz leicht nach oben deutete, folgte eine verdiente 0:2-Niederlage bei der TSG Hoffenheim. Der nächste Gegner, direkt vor der Länderspielpause, ist Bayer 04 Leverkusen. Und auch bei der Werkself ist die Lage gegenwärtig zumindest angespannt.
Droht Leverkusen die nächste Enttäuschung?
Lange sah es für Bayer 04 Leverkusen in dieser Saison sehr gut aus. Die Mannschaft spielte unter dem neuen Trainer Gerardo Seoane (43) zuweilen sehr attraktiven Offensivfußball und schien sehr stabil zu sein. Es folgte eine 1:5-Heimpleite gegen den FC Bayern und Verletzungssorgen. So fallen derzeit unter anderem Patrik Schick (25), Mitchell Bakker (21) und Charles Aranguiz (32) aus. Der Kader ist zwar gut besetzt, das Programm ist aber hart und die Belastung folglich groß.
Im Anschluss an die Niederlage gegen den FC Bayern folgten ein 2:2 gegen den 1. FC Köln, bei dem die Werkself eine Führung leichtfertig verspielte. Anschließend gab es eine 0:2-Pleite gegen den VfL Wolfsburg. Leverkusen hat seine überragende Ausgangslage verspielt, steht aber noch immer auf dem vierten Platz. Genau deswegen ist das Spiel in Berlin so wichtig. Mannschaften wie Mainz, Union Berlin und Wolfsburg befinden sich in Lauerstellung. Für Seoane und Bayer könnte das Spiel im Olympiastadion also zu einer Schlüsselpartie werden.
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Hertha BSC stürzt Leverkusen weiter in die Krise
Fußball-Deutschland scheint (mal wieder) auf Bayer 04 Leverkusen reingefallen zu sein. Gerardo Seoane, der mit den Young Boys dreimal in Folge die Meisterschaft gewann, sollte der Werkself das Sieger-Gen implementieren und das mithilfe des vereinstypischen Offensivfußballs verbinden. Das niederschmetternde 1:5 im Topspiel gegen den FC Bayern München läutete dann allerdings die angesprochene Negativserie ein. Statt Titelkampf gibt es am Rhein mal wieder jede Menge Frust. Für den Schweizer, der bislang quasi nur erfolgreiche Zeiten an der Seitenlinie in der Schweiß erlebte, ist dieser Anflug einer Krise eine neue Situation.
Kann er damit umgehen? Der 43-Jährige war vom guten Saisonstart nicht beeindruckt und ließ sich nicht von seinem Weg beirren. „Wir haben von Anfang an kritisch hingeschaut. Das ist auch meine Arbeitsweise: Trotz guter Resultate ehrgeizig bleiben und selbstkritisch sein – so versuche ich es auch der Mannschaft vorzuleben, damit sie ebenfalls diese Mentalität bekommt“, teilte er vor der Partie gegen den VfL Wolfsburg mit.
Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass er seine Mannschaft im mentalen Bereich noch nicht dort sieht, wo er sie gerne hätte. Schon nach der Pleite gegen den FC Bayern sprach er davon, dass die Werkself noch Arbeit in diesem Bereich vor sich habe. „Es war nicht so, dass die Spieler nicht wollten. Sie haben sich vielleicht zu viel Selbstdruck gemacht“, betonte er.
Spätestens nach dem unnötigen Aus im DFB-Pokal gegen den Karlsruher SC (1:2) dürfte dieser nicht geringer werden. In der Europa League spielt die Werkself zwar befreit auf, aber national war zuletzt der Wurm drin. Eine Ausgangssituation, die perfekt für Hertha BSC ist. Die Elf von Pal Dardai spielt keineswegs Fußball, vor dem sich Leverkusen fürchten müsste, aber der Hauptstadtklub fühlt sich durchaus wohl, wenn er sich in einem Spiel auf die Defensive konzentrieren kann.
Das letzte Heimspiel der Berliner dient als gutes Beispiel. Die Dardai-Elf ist verwundbar, aber kann auch ein giftiger Gegner sein, der es an guten Tagen schafft, bessere Mannschaft auf ihr Niveau runterzuziehen. So reicht es dann auch mal für einen 1:0-Sieg gegen Gladbach.
Mit den eigenen Fans im Rücken und als klarer Underdog kann sich die Alte Dame darauf konzentrieren, was sie am besten kann: Den Gegner nerven und ein Kampfspiel gestalten. Die Werkself, die unter der Woche noch gegen Betis antreten musste, wird sich erneut zu viele Gedanken machen und damit dem Gastgeber in die Karten spielen, der mindestens einen Punkt in Berlin behalten wird. Die Hertha wird dem Spiel ihren Stempel aufdrücken und Leverkusen ist derzeit nicht in der Verfassung, damit vernünftig umzugehen. Diese Partie wird nicht allein durch spielerische Lösungen entschieden und das wird für den nächsten Rückschlag der Werkself sorgen. Seoane steht vor der ersten Krise seiner Trainerkarriere.
Seoane und Bayer gelingt der Befreiungsschlag
Ja, klar, Bayer Leverkusen ist eine Mannschaft, die in den letzten Wochen zurecht mitunter belächelt wurde. Nach fantastischen Leistungen folgte eine Art Einbruch, der häufig gesehen wurde, aber nur schwer zu erklären ist. Wieder einmal. Gerardo Seoane scheint in die Fußstapfen der anderen Trainer zu treten, die dieses Schicksal bereits ereilte. Doch der Auftritt am Donnerstag, voller Spielfreude und Elan, zeigte, dass die Mannschaft kein grundlegendes Problem hat. Es entsteht eher der Eindruck, dass Leverkusen nach bestimmten Triggern blockiert.
Diese Ansatzpunkte der zumeist aggressiven Gegner in den letzten Wochen waren effektiv. Doch Hertha BSC ist eine Mannschaft, die aktuell unter Pal Dardai (45) eher destruktiv spielt. Hertha läuft den Gegner nicht schon an dessen Strafraum aggressiv an, sondern setzt auf Pressing, wenn das Team im Mittelfeld ist. Der zuweilen etwas wackelige und hektische Spielaufbau von Bayer Leverkusen könnte somit gar nicht so sehr in Schwierigkeiten kommen, wie es unter anderem gegen Köln der Fall war.
Sollte es der Werkself gelingen, schon zu Spielbeginn Sicherheit zu generieren und sich somit Selbstvertrauen zu holen und das Spiel gegen Betis zu bestätigen, wird Leverkusen auch in Berlin gewinnen. Natürlich sind die Ausfälle ein Thema für sich, denn viel Rotation auf den Schlüsselpositionen ist aktuell nicht möglich, aber wenn Bayer es schafft, die Angriffe so vorzubereiten, dass ein Spieler wie Moussa Diaby seine Stärken ausspielen kann, dann ist auch ein Sieg in Berlin sehr wahrscheinlich. Die Herangehensweise des Gegners spricht in jedem Fall für Leverkusen. Der Befreiungsschlag gelingt.
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.