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Gründe, mögliche Nachfolger: Fragen und Antworten zur Marsch-Entlassung

5. Dezember 2021 | Spotlight | BY Manuel Behlert

RB Leipzig hat die Reißleine gezogen. Zwei Tage nach der 1:2-Niederlage gegen den FC Union haben sich die Verantwortlichen dazu entschieden, Jesse Marsch als Cheftrainer zu entlassen. Wie konnte es dazu kommen?

Jesse Marsch (48) ist nicht länger Trainer von RB Leipzig, wie der Klub am Sonntag in einer Pressemitteilung bestätigte. Die Situation bei den Sachsen ist prekär, ein Nachfolger muss gefunden werden. Wer könnte das sein und warum folgte nun die Trennung? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie steht RB Leipzig aktuell da?

Am Freitag verlor RB Leipzig auswärts mit 1:2 beim FC Union. Einige Monate sind in der Bundesliga seit dem Amtsantritt von Marsch im Sommer bereits vorüber, die Mannschaft wartet noch auf den ersten Auswärtssieg. Alleine das ist bereits Grund genug, einige Dinge zu hinterfragen. Die Niederlage und die folgenden Ergebnisse am Samstag bedeuteten für RB den Absturz auf den elften Tabellenplatz. Nach zuletzt drei Niederlagen in der Bundesliga nacheinander konnte sogar der VfL Bochum an den Leipzigern vorbeiziehen.



Anspruch und Wirklichkeit klaffen extrem weit auseinander. RB Leipzig will sich für die Champions League qualifizieren, in einer idealen Saison gar so lange wie möglich die Chance haben, zumindest in den Titelkampf einzugreifen. Im Moment ist RB eher ein Beobachter. Was die Champions League angeht und erst recht, was die Teilnahme an einem Titelkampf betrifft.

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Sechs Niederlagen in 14 Spielen sind einfach zu viel. Zwölf Punkte hat Leipzig nun Rückstand auf den zweiten Platz, immerhin ist der Abstand auf Platz vier aufgrund der nach Bayern, Dortmund und auch Leverkusen sehr ausgeglichenen Liga noch einigermaßen gering. Ohne Verbesserungen und Konstanz ist aber auch dieser nicht aufzuholen.

Was sind die Gründe für die Trennung von Jesse Marsch?

Ein Grund für die Entlassung des Trainers liegt auf der Hand, es ist das sportliche Abschneiden. Im grauen Mittelfeld sieht sich RB Leipzig auf keinen Fall und auch der Kader gibt deutlich mehr her. Es ist kein Ausnahmekader, den Marsch zur Verfügung hatte, aber trotz einigen Ausfällen und Elementen, die sich erst finden mussten, ist das Resultat mehr als nur enttäuschend. Intern schien es zuletzt nicht perfekt zu stimmen, denn Oliver Mintzlaff (46), der Vorsitzende der Geschäftsführung kritisierte nach der Union-Pleite sehr deutlich und deutete schon dort Konsequenzen an, die zwei Tage später folgten.

Union Berlin RB Leipzig Marsch

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Problematisch ist, dass das Team die immergleichen Fehler Woche für Woche wiederholte. Im Offensivbereich ist ein Team mit Spielern wie Christopher Nkunku, Dominik Szoboszlai und Emil Forsberg immer in der Lage, Druck zu erzeugen und auch in wenigen Minuten eine Partie auf den Kopf zu stellen, aber die fehlende Balance war und ist eklatant. Leipzig schaffte es zu selten, eine gute Konterabsicherung auf den Platz zu bringen, was Teams wie Bayer Leverkusen gnadenlos offen legten. Und es waren nicht nur die Topteams, die Leipzig vor Probleme stellten, auch in Freiburg wurde die Mannschaft phasenweise überrannt und hatte keine Lösungen parat.

Der Trainer hat daran natürlich einen Anteil. Anpassungen im Spielverlauf fruchteten zu selten, viele Talente zu einer homogenen Einheit zu formen, scheiterte. Hinzu kommen Auftritte nach den Spielen, die Rätsel aufwarfen. Marsch erklärte häufig, dass man verloren oder zumindest nicht gewonnen habe, weil einige Dinge nicht gut waren. Genauere Erklärungen lieferte er aber selbst auf Nachfrage nicht, wirkte mitunter rat- und lustlos. Die Mischung aus all diesen Komponenten führte unweigerlich zur Trennung.

Wer betreut die Mannschaft und wie sieht das Programm aus?

In der Pressemitteilung von RB Leipzig wurde aufgeklärt, dass Achim Beierlorzer (54), der aktuelle Co-Trainer, die Mannschaft nun zunächst betreut. Unter der Woche steht in der Champions League das Heimspiel gegen Manchester City auf dem Programm, es hätte durchaus auch einfachere Spiele gegeben, um als Interimstrainer zu fungieren. Immerhin: Mit Beierlorzer an der Seitenlinie als Vertretung für den coronaerkrankten Marsch gewann Leipzig furios beim Club Brugge.

Beierlorzer soll die Mannschaft, das teilte Mintzlaff gegenüber Sport1 im Doppelpass mit, bis zur Winterpause betreuen. Dann folgt ein neuer Trainer für die Rückrunde.  Das Programm ist jedenfalls sehr eng getaktet. Nach dem Spiel am Dienstag gegen Manchester City wartet am Samstag Borussia Mönchengladbach. Es folgt eine englische Woche, in der Leipzig am Mittwoch in Augsburg zu Gast ist und am Samstag dann Arminia Bielefeld im letzten Spiel vor der kurzen Winterpause empfängt.

Welche Kandidaten für die Marsch-Nachfolge könnte RB Leipzig im Blick haben?

Eine wichtige Frage ist die nach einem Nachfolger. Generell dürfte es auch für RB Leipzig nicht leicht sein, einen Trainer aus einem laufenden Vertrag zu lotsen, mitten in der Saison. Die aktuelle Situation ist also alles andere als ideal, zunächst sollte der Blick also auf derzeit vereinslose Trainer gerichtet werden. Domenico Tedesco (36) ist da ein naheliegender Kandidat, dessen Name in Verbindung mit RB auch schon gefallen sein soll. Der Ex-Trainer von Schalke 04 war bis Mai bei Spartak Moskau im Amt, wartet derzeit auf eine ideale Position.

Ebenfalls interessant könnte Andre Villas-Boas (44) werden. Der Portugiese hat Erfahrungen auf höchstem Niveau, gilt als absoluter Fachmann und beherrscht gleich mehrere Sprachen. Auch er ist aktuell ohne Anstellung und ein Kandidat sein. Lucien Favre (64) ist ebenfalls derzeit ohne Job, dass er in den Fokus rückt, ist aber unwahrscheinlich. Edin Terzic (39), letzte Saison beim BVB erfolgreich, hat bei den Schwarzgelben derzeit eine Aufgabe und dürfte nur schwer loszueisen sein, ganz davon abgesehen, dass anzuzweifeln ist, dass er seinen Posten in Dortmund überhaupt verlassen würde.

 

 (Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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