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DFB-Elf vor den Testspielen: Kadercheck und Ausblick auf die WM

19. März 2018 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Am vergangenen Freitag hat Bundestrainer Joachim Löw seinen Kader für die anstehenden Testspiele gegen Spanien und Brasilien nominiert. Mit 26 Spielern wird er in diese beiden Duelle gegen absolute Topnationen gehen. Natürlich wird noch einiges getestet, aber einige Fingerzeige dürfte es trotzdem geben. Welcher der nominierten Spieler gute oder weniger gute Chancen auf einen Platz im WM-Kader hat versuchen wir hier zu beantworten.

Die Situation im Tor – Warten auf Neuer

Nominiert wurden: Bernd Leno (Leverkusen), Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona) und Kevin Trapp (PSG) – Nicht dabei: Manuel Neuer (FC Bayern, verletzt), Ralf Fährmann (FC Schalke 04)

(Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Die Nominierungen von Bernd Leno und Marc-Andre ter Stegen sind folgerichtig und waren auch so absolut zu erwarten. In Abwesenheit von Manuel Neuer ist ter Stegen der Stammtorhüter und wird auch in dem Spiel starten, in dem Bundestrainer Löw die eingespieltere Elf aufstellen wird. Unklar ist, wer im anderen Spiel im Tor stehen wird. Bernd Leno ist ein guter Torhüter  und überzeugt in dieser Saison auch weitgehend, fällt aber immer wieder durch Patzer auf, so wie beim Gegentreffer zum 0:1 am Wochenende gegen den 1. FC Köln , während Kevin Trapp bei PSG kaum zum Einsatz kommt. Trapp stand aber beim Testspiel gegen Frankreich im Kasten, sodass er eine reelle Chance haben wird. Verdient hätte sich eine Nominierung wohl vor allem Ralf Fährmann, der bis auf ganz wenige Patzer eine hervorragende Saison spielt und vor allem Spielpraxis hat, aber Löw hält an dem angestammten Personal fest. Sollte bei Manuel Neuer der weitere Heilungsverlauf wie geplant verlaufen und der Torhüter des FC Bayern wird wie geplant zum WM-Aufgebot gehören, dann dürfte die fehlende Spielpraxis von Kevin Trapp aber ein wichtiger Faktor werden. Stand jetzt dürften Neuer, ter Stegen und Leno zur WM fahren, möglicherweise wird ein 4. Torhüter zum vorläufigen Aufgebot zählen.

Die Situation in der Defensive – Schon das WM-Aufgebot?

Nominiert wurden: Jerome Boateng, Mats Hummels, Niklas Süle, Joshua Kimmich (FC Bayern), Antonio Rüdiger (FC Chelsea), Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach), Jonas Hector (1. FC Köln) und Marvin Plattenhardt (Hertha BSC) – Nicht dabei: Jonathan Tah, Benjamin Henrichs (Bayer Leverkusen), Benedikt Höwedes (angeschlagen, Juventus), Philipp Max (Augsburg)

In der Innenverteidigung sind die Nominierungen von Joachim Löw absolut logisch, Benedikt Höwedes hat überhaupt keinen Spielrhythmus und wird mit der WM-Teilnahme, sollte sich daran nichts ändern, nichts zu tun haben, Shkodran Mustafi spielt beim FC Arsenal keine gute Saison und muss sich entsprechend hinten anstellen, dazu kommt, dass Jonathan Tah als Abwehrchef bei der U21-Nationalmannschaft eine wichtige Rolle spielt. Hummels, Süle, Boateng und Rüdiger könnten die vier Innenverteidiger sein, die mit nach Russland fahren, gerade weil Rüdiger im absoluten Notfall auch auf der Rechtsverteidigerposition spielen könnte. Matthias Ginter spielt in Mönchengladbach eine sehr gute Saison und ist einer der konstantesten Spieler der Borussia, erzielte sogar 5 Saisontore, für ihn sollte es zumindest für den vorläufigen Kader reichen. Ob Jonathan Tah im Sommer eine Rolle spielt bleibt abzuwarten.

(Photo by OZAN KOSE/AFP/Getty Images)

Die Situation auf den Außenverteidigerpositionen ist etwas komplizierter. Joshua Kimmich ist auf der rechten Seite natürlich gesetzt, sollte er ausfallen wären mit Rüdiger und/oder Emre Can zwei Optionen vorhanden. Auf der linken Seite wurden Marvin Plattenhardt und Jonas Hector nominiert, obwohl Philipp Max in dieser Saison der mit Abstand beste deutsche Linksverteidiger ist und zahlreiche Tore vorlegen konnte. Hector, der aus einer langen Verletzung kommt und Plattenhardt, der bisher nicht häufig nominiert wurde, haben auch nicht das Argument der Eingespieltheit auf ihrer Seite, sodass zumindest Max für den zuletzt ohnehin etwas unkonstanten Plattenhardt ein logischer Gedankengang gewesen wäre. Da Max aber nun bei den letzten Testspielen vor Saisonende nicht nominiert wurde, wäre es eine Überraschung, wenn er im Endeffekt im vorläufigen oder gar endgültigen Kader auftauchen würde. Gleiches gilt für Benjamin Henrichs, der aber im Gegensatz zu Max kein Stammspieler in Leverkusen ist.

Die Situation im Mittelfeld und in Angriff – Konkurrenzkampf en masse

Nominiert wurden: Sami Khedira (Juventus), Emre Can (Liverpool), Ilkay Gündogan, Leroy Sane (Manchester City), Toni Kroos (Real Madrid), Lars Stindl (Bor. Mönchengladbach), Julian Draxler (PSG), Leon Goretzka (Schalke 04), Julian Brandt (Bayer Leverkusen), Mesut Özil (Arsenal), Mario Gomez (VfB Stuttgart), Timo Werner (RB Leipzig), Sandro Wagner, Thomas Müller, Sebastian Rudy (FC Bayern) – Nicht dabei: Mario Götze, Andre Schürrle, Marco Reus (Bor. Dortmund), Kevin Volland (Bayer Leverkusen)

Im Mittelfeld und in der Offensive ist die deutsche Nationalmannschaft hervorragend besetzt. Marco Reus nicht mitzunehmen war eine nachvollziehbare Entscheidung, denn der BVB-Offensivspieler fehlte gegen Hannover mit einer leichten Blessur, hat ohnehin erst eine längere Ausfallzeit hinter sich. Für ihn wird es darauf ankommen in den verbleibenden Spielen in der Bundesliga seine Form noch einmal zu verbessern und vor allem fit durch den Saisonendspurt zu gehen. Ob Andre Schürrle eine WM-Chance hat darf aufgrund der Konkurrenz angezweifelt werden, Mario Götze könnte ebenso ein Härtefall werden. Lars Stindl ist für die beiden anstehenden Testspiele wohl vor allem deswegen eine Option, weil Bundestrainer Löw einen 26-Mann-Kader nominiert hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass neben Werner für das Sturmzentrum noch drei weitere Spieler mitgenommen werden, sondern eher einer oder zwei.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Sandro Wagner trifft beim FC Bayern regelmäßig, wenn er zum Einsatz kommt und Mario Gomez bringt Turniererfahrung mit und hat seine Form in den letzten Wochen wieder gefunden, blüht beim VfB Stuttgart auf. Sollte es zu einer Entscheidung zwischen diesen beiden Stürmern kommen, dann liegen sicherlich Argumente für beide vor. Ein weiterer Wackelkandidat könnte Sebastian Rudy sein, der beim FC Bayern nicht mehr häufig zum Zug kommt und sich auch nicht in einer guten Form präsentierte, wenn er spielte. Für Emre Can dürfte vor allem die enorme Flexibilität sprechen, Sané, Draxler, Werner, Özil, Müller, Kroos, Gündogan und wahrscheinlich auch Goretzka haben ihr Ticket ohnehin sicher.

Die Geister scheiden sich ein wenig an Sami Khedira. Bei Juventus hat er teilweise sehr gute Auftritte, teilweise überzeugt er aber nicht vollends. Goretzka, Kroos, Can und Gündogan wären ebenfalls eine sehr gute Besetzung im Mittelfeld, gerade wenn Löw dominant auftreten will ist gerade eine Kombination aus Kroos und Gündogan denkbar. Khedira verfügt über Dynamik, stößt gerne mal in die Offensive vor und hat ein hohes Standing in der Mannschaft und bei Löw. Seine Leistungen in den letzten Wochen der Saison dürften genauer unter die Lupe genommen werden, derzeit scheint es aber wahrscheinlich zu sein, dass Khedira noch einen letzten Auftritt bei einem großen Turnier bekommen wird, womöglich aber nicht als Stammspieler. Im Endeffekt ist es schwer sich auf 23 Spieler festzulegen und eine sportliche und menschlich gute Mischung zu finden, Härtefälle wird es auch diesmal wieder geben.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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