CL | Liverpool vs. ManCity: Setzen sich die Pep-Bezwinger auch in der Königsklasse durch?

4. April 2018 | Champions League | BY Chris McCarthy

In der Liga musste Manchester City gegen den FC Liverpool die erste und einzige Saisonniederlage hinnehmen. Nun kommt es im Viertelfinale der Champions League erstmals in Europa zu diesem englischen Duell. Die Mannschaft von Jürgen Klopp ist der Außenseiter, doch gerade für Pep Guardiola wohl das unangenehmste Los, das man in der K.O.-Phase hätte ziehen können…

Die Partie an der Anfield Road beginnt am Mittwoch, dem 4. April um 20:45 Uhr. Schiedsrichter der Begegnung ist Dr. Felix Brych. 

Der Weg ins Achtelfinale….

Der FC Liverpool erwischte diese Saison eine vergleichsweise dankbare Gruppe in der Champions League. Gegen NK Maribor und zuhause gegen Moskau zündeten Salah und Co. mit insgesamt 17 von sagenhaften 23 Treffern in der Gruppenphase ein wahres Offensivfeuerwerk. In Russland und in den beiden Partien gegen den FC Sevilla langte es allerdings jeweils nur zu Unentschieden. Der Gegner im Achtelfinale, der FC Porto, erwies sich nach dem 0:5 Auswärtssieg im Hinspiel ebenfalls als vergleichsweise leichtes Los, was die beeindruckende Leistung in Portugal natürlich nicht schmälern soll. Das Rückspiel an der Anfield Road (0:0) war eher als lockere Trainingseinheit zu bewerten.

Bis auf die Ausnahme FA Cup (überraschendes Aus gegen Drittligisten Wigan) marschiert Manchester City ohne Probleme durch jeden Wettbewerb. Beinahe beendete die Mannschaft von Pep Guardiola die Gruppe F ohne Punktverlust. Am letzten Spieltag, den Gruppensieg bereits in der Tasche, schonte der Trainer allerdings den ein oder anderen Stammspieler. Die Partie gegen Shakhtar Donetsk ging folglich mit 1:2 verloren. Nachdem die Gruppenphase mit einer beachtlichen Bilanz von 15 Punkten und einem Torverhältnis von 14:5 beendet wurde, setzten sich die Cityzens im Achtelfinale mühelos gegen den FC Basel durch. Das Rückspiel, ausgerechnet im heimischen Etihad Stadium, ging zwar 1:2 verloren, doch die Vorarbeit wurde dank eines überzeugenden 4:0 in der Schweiz bereits im Hinspiel geleistet.

 

Die Form der letzten Wochen

Die Reds nutzen die Krisen des FC Chelsea und des FC Arsenal derzeit gnadenlos aus und sollten bei nun zehn Punkten Vorsprung auf Platz fünf auch im zweiten Jahr in Folge das Saisonziel „Champions League Qualifikation“, dieses mal sogar etwas komfortabler, erreichen. In den vergangenen Wochen hatte es Liverpool nicht mit den schwersten Gegnern der Liga zu tun. Einzig das Top-Spiel gegen Manchester United, als José Mourinho die gefährliche Reds-Offensive komplett aus dem Spiel nahm, ging verloren.

Wer denken würde, dass in Manchester, trotz eines Vorsprungs von 16 Punkten auf Platz zwei, die Saison gemütlich über die Bühne gebracht wird, liegt daneben. Dazu ist Pep Guardiola bekanntlich zu ehrgeizig und eine konstante Form im Hinblick auf die Königsklasse zu wichtig.  Seit der einzigen Saisonniederlage gegen den FC Liverpool (dazu später mehr), holte ManCity in der Liga 22 von 24 möglichen Punkten und kassierte in diesen acht Spielen lediglich vier Tore. Ganz nebenbei gewann Guardiola mit dem Ligapokal (3:0 gegen Arsenal) den ersten Titel seiner Amtszeit in England. Neben der Niederlage gegen Liverpool, trübt einzig das Aus im FA Cup eine eigentlich makellose Saison.

(Photo FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

 

Liverpool: Kollektiv als Stärke

Lauscht man den Worten von Jürgen Klopp, so fällt auf, dass er nur kurz ein offenes Ohr für das Lob an einem Individuum hat. Immer wieder versucht der deutsche Trainer hervorzuheben, dass die hervorragenden Leistungen, beispielsweise eines Mohamed Salah, ohne die tatkräftige Unterstützung seiner Mannschaftskameraden unmöglich wäre. Für Klopp zählt das Team, das Kollektiv.

Darauf konnte sich der FC Liverpool 2017/2018 auch stets verlassen. Neben dem zweifelsohne alles überragenden Mohamed Salah, der nach seinem Wechsel von der AS Roma in 41 Pflichtspielen für die Reds sensationelle 37 Tore und 12 Assists beisteuerte, ist es schwer, einen einzigen Charakter hervorzuheben. Das ist keine Kritik an den Spielern, sondern vielmehr ein Lob an das Kollektiv. Es ist das von Jürgen Klopp anvisierte Rezept zum Erfolg und womöglich auch ein Grund, wieso er Philippe Coutinho mitten in der Saison ohne adäquaten Ersatz ziehen ließ. Seine Idee, ein System zu etablieren, das nicht von Individuen abhängig ist, trägt Früchte.

Ein Platz in den „Top-Four“ ist nur noch Formsache. Der Meistertitel war nie eine ernsthafte Möglichkeit und nach dem peinlichen Aus im FA Cup gegen West Bromwich Albion, ist die Königsklasse somit der einzig verbleibende Wettbewerb, in dem es um etwas Zählbares geht. Ein Weiterkommen gegen den Ligaprimus wäre trotzdem eher als Bonus statt als Pflicht zu bewerten.

Ein Bonus, der nicht unrealistisch ist, denn Liverpool hat neben dem ägyptischen Messi noch den Pep-Bezwinger in der Hinterhand…

(Photo MIGUEL RIOPA/AFP/Getty Images)

 

X-Faktor: Pep-Bezwinger Klopp

Am 23. Spieltag geriet das Team von Pep Guardiola zu Beginn der zweiten Halbzeit (HZ 1:1) gegen den FC Liverpool regelrecht unter die Räder. Manchester City wurde vom aggressiven Auftreten der Reds überwältigt und kassierte innerhalb von acht Minuten drei Gegentreffer. Durch die müden Beine und sinkende Konzentration der Gastgeber gelangen den Cityzens in den letzten Minuten noch zwei Tore, doch der Schaden war bereits angerichtet. Der Ligaprimus der Premier League ging in der Saison 2017/2018 erstmals als Verlierer vom Platz (3:4).

Jürgen Klopp konnte damit das zwölfte direkte Trainerduell gegen Pep Guardiola bereits zum sechsten Mal für sich entscheiden. Gegen keinen Kollegen verlor der Spanier häufiger. Der Grund dafür ist klar: Der deutsche Motivationskünstler weiß nicht nur wie er den Fußballphilosphen Guardiola ärgern kann, er traut sich auch, es zu versuchen.

Nach dem Spiel gegen Manchester City am 15. Januar sagte Klopp:

“Du hast keine Alternative, wenn du City schlagen willst. Du könntest tief an deinem Sechzehner warten und hoffen, dass nichts passiert, aber wir sind Liverpool und wir sollten versuchen, auf diese Weise zu gewinnen. Die Art und Weise, wie wir in der zweiten Halbzeit den Ball passten war überragend, von einem anderen Planeten.” [Guardian]

Diese forsche Herangehensweise und die unglaubliche Intensität, mit der die Reds damals zu Werke gingen, könnten auch im Champions League Viertelfinale den Unterschied machen. Dieses Mal muss die Klopp-Elf allerdings nicht nur 70 Minuten, sondern mindestens 180 Minuten Vollgas geben, denn Guardiola wird seine Lehren aus dem Ligaduell gezogen haben.

(Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Manchester City: Verspätete Ernte

Die Kritik an Pep Guardiola war nach seinem ersten Jahr in Manchester nicht zu überhören. Immerhin hatte man in England von dem spanischen Übertrainer einiges erwartet. Letztendlich blieb er jedoch erstmals in seiner Trainerkarriere ohne einen einzigen Titel und trotzdem konnte man erkennen: Hier wächst etwas zusammen.

Die Lorbeeren werden in Jahr zwei geerntet, denn mit der Hilfe von einigen kostspieligen Transfers krempelte Guardiola seine Defensive um und gab dem Team somit mehr Stabilität. Ederson gehört mittlerweile zu den besten Torhütern Europas und die Innenverteidigung wirkt stabil. Selbst der ein oder andere Ausrutscher in den frühen Wintermonaten, der bei den dominanten Ballbesitz-Werten ohnehin nur selten vorkam, gehört durch die Rückkehr von Stabilisator Vincent Kompany und der ansteigenden Formkurve von Nicolas Otamendi aktuell der Vergangenheit an.

Neben den Außenverteidigern, die im Sommer durch die Verpflichtungen von Benjamin Mendy, Danilo und Kyle Walker, quasi komplett ausgetauscht wurden, ist vor allem auch Fernadinho hervorzuheben. Der Brasilianer ist wohl in der Form seines Lebens und hält der magischen Offensiv-Maschinerie den Rücken frei.

Manchester City hat mit 84 Punkten nicht nur die mit Abstand meisten Zähler auf dem Konto, sondern auch die beste Defensive (21 Gegentore) und wie erwartet auch die beste Offensive vorzuweisen (88 Tore). Der Meistertitel kann bereits am 32. Spieltag und ausgerechnet gegen Stadtrivale Manchester United perfekt gemacht werden. Sollte Pep Guardiola nun auch das Halbfinale der Königsklasse erreichen, werden die Startschwierigkeiten in Jahr eins plötzlich keinen mehr interessieren…

(Photo by Gareth Copley/Getty Images)

 

Manchester City: Über die geniale Zentrale zum europäischen Ruhm?

Damit dies gelingt, wird Pep Guardiola vor allem auf weitere Geniestreiche seiner überragenden Mittelfeldzentrale hoffen. Über die Absicherung Fernadinho haben wir bereits gesprochen. Doch die zwei Akteure vor ihm, Routinier David Silva und Spieler-der-Saison-Favorit Kevin De Bruyne sind das absolute Herzstück der Skyblues.

Es sind nicht die insgesamt 51 Tore, an denen De Bruyne (11 Tore & 19 Assists) und Silva (9/12) wettbewerbsübergreifend direkt beteiligt waren, oder wie sie die 2017/2018 so überragenden Leroy Sané und Raheem Sterling immer wieder als Angriffs-Initiatoren in Szene setzen. Nein, es ist die Art und Weise wie der Belgier und der Spanier Woche für Woche auf konstant hohem Level dem Spiel der Cityzens ihren genialen Stempel aufsetzen und die Philosophie ihres Trainers verkörpern, wie einst Iniesta/Xavi beim FC Barcelona oder Xabi Alonso und Thiago bei den Bayern.

De Bruyne und Silva sind dafür ausschlaggebend, dass Manchester City sowohl in der Premier League (66,6%) als auch in der Königsklasse (62,7%) den meisten Ballbesitz vorzuweisen hat. Ihr unglaublich sicheres und dabei trotzdem noch risikobereites Passspiel führt nicht nur zu einer ungemein hohen Torausbeute, sondern trägt auch zu einer massiven Entlastung der Defensive bei. Der Gegner läuft den Großteil der Partie dem Spielgerät lediglich hinterher, anstatt einen Rhythmus zu etablieren und selbst Akzente nach vorne zu setzen.

Lässt die geniale Schaltzentrale sich auch gegen den FC Liverpool nicht aus der Ruhe bringen, dürfte Manchester City große Chancen haben, zum zweiten Mal überhaupt das Halbfinale der Champions League zu erreichen…und sogar mehr…

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Prognose

Verfügt der FC Liverpool im Kollektiv oder – bis auf Salah – auf eine der zehn weiteren Positionen über mehr Qualität als Manchester City? Nein, aber aufgrund der von Jürgen Klopp vorgegebenen, aggressiven Spielausrichtung, nämlich mutig zu agieren und die einzige „Schwachstelle“ der Cityzens zu attackieren, sind die Reds für Pep Guardiola zwar nicht der qualitativ beste, aber der wohl unangenehmste Gegner in ganz Europa.

Gerade an der Anfield Road könnte ein energisch auftretendes Liverpool einen Sieg einfahren. Da aber auch bei den Reds die Defensive die große Schwachstelle ist, ist der unglaublich potenten Offensive der Gäste mindestens ein Auswärtstreffer zuzutrauen. Über zwei Spiele, durch die erheblichen Vorteile im zentralen Mittelfeld und durch die Möglichkeit, das Hinspielergebnis im heimischen Etihad korrigieren zu können, sollte Manchester City das Halbfinale erreichen. Dort wiesen die Cityzens Liverpool in der Liga mit 5:0 deutlich in die Schranken. 

 

Personelle Lage, mögliche Aufstellungen

Liverpool

Jürgen Klopp hat gegen Manchester City ausgerechnet ein Problem in der ohnehin suspekten Verteidigung. Joel Matip und Ragnar Klavan fallen definitiv aus. Joe Gomez ist angeschlagen. Neben Virgil van Dijk dürfte also der weniger souveräne Dejan Lovren verteidigen. Weiter vorne werden die Sorgenfalten nicht kleiner, denn neben Adam Lallana, der wohl länger ausfallen wird, droht auch Emre Can nicht rechtzeitig fit zu werden.

Hinten links könnte der erfahrene James Milner den Vorzug gegenüber dem stark aufspielenden Newcomer Andrew Robertson erhalten. Torwart Loris Karius und Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold könnten sich als Schwachstellen erweisen. Sollte Klopp gerade zuhause Energie und Laufpensum sicherem Passspiel und taktischem Verständnis vorziehen, könnte Alex Oxlade-Chamberlain den Vorzug gegenüber Wijnaldum erhalten. Bei einem Ausfall Cans erübrigt sich das Gedankenspiel. .

Jordan Henderson, Alberto Moreno und Joe Gomez wären bei einer weiteren Gelben Karte für das Rückspiel gesperrt.

 

Manchester City

Die Mannschaft von Pep Guardiola scheint zum richtigen Zeitpunkt der Saison wieder fit zu werden. Sergio Agüero wird das Hinspiel zwar noch verpassen, dürfte aber für das Rückspiel am 10.4. wieder zur Verfügung stehen. In Gabriel Jesus steht ein jüngerer, allerdings mehr als kompetenter Ersatz bereit.

Ansonsten sind bis auf Benjamin Mendy, der noch seinen Kreuzbandriss auskuriert, alle Akteure einsatzbereit. Den Franzosen wird wohl der im Vergleich zu Oleksandr Zinchenko (21) deutlich erfahrenere Danilo (26) ersetzen.

Die vorbelasteten Danilo und Fernandinho (je 2 Gelbe Karten) müssen vorsichtig zu Werke gehen, ihnen droht eine Sperre im Rückspiel.

 

UPDATE: Die offiziellen Aufstellungen

Liverpool muss tatsächlich auf Can verzichten, für ihn rückt allerdings Milner in das zentrale Mittelfeld.

Etwas überraschend bei den Gästen: Aymeric Laporte rückt in die Startelf. Gündogan rutscht für Sterling in die Startelf und soll für mehr Stabilität im Mittelfeld sorgen. Vieles deutet auf eine Dreierkette…

FC Liverpool: Karius – Alexander-Arnold, Lovren, Van Dijk – Robertson – Milner, Henderson, Chamberlain – Salah, Firmino, Mané

Manchester City: Ederson – Otamendi, Kompany, Laporte – Walker, De Bruyne, Fernandinho, Silva, Gündogan, Sané – Gabriel Jesus

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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