EL Vorschau | Atlético – Arsenal: Wengers letzte Hoffnung in Madrid….

3. Mai 2018 | Champions League | BY Chris McCarthy

Während es für Atlético Madrid im Halbfinal-Rückspiel der Europa League um den ersten Titel seit 2014 geht, neigt sich beim FC Arsenal nach 22 Jahren eine Ära dem Ende. Arsene Wenger soll mit dem ersten europäischen Titel seiner Amtszeit angemessen verabschiedet werden und ganz nebenbei doch noch die Qualifikation zur Königsklasse erreichen. In der Festung Wanda Metropolitano erwartet die Gunners allerdings weitaus mehr, als nur ein Abwehrbollwerk….

 

Hinspiel

Während sich Atlético auswärts zweifelsohne auf die starke Defensive verlassen wird, wird die Mannschaft von Arsene Wenger ihr Glück weiterhin in der überaus potenten Offensive suchen. Die Gäste sind allerdings enorm konterstark, schalten blitzschnell um und haben in Antoine Griezmann natürlich einen Weltklasse-Stürmer in den Reihen, der nur wenige Chancen benötigt. Auch wenn sich die Gunners an der außergewöhnlichen Defensive die Zähne ausbeißen sollten, wären sie gut beraten, die Vernunft siegen zu lassen und nicht auf Biegen und Brechen ein Tor zu erzwingen. Die Abwehrreihe ist, insbesondere bei schnellen Gegenangriffen, nämlich äußerst anfällig und ein Auswärtstor könnte für Atletico tatsächlich den Unterschied machen…

Hinspiel-Tipp: 1:1 [90PLUS-Prognose vom 25.04.2018]

Da lagen wir mit unsere Prognose zum Hinspiel goldrichtig!

Der FC Arsenal begann wie erwartet sehr offensiv und wurde nach der frühen Gelb-Roten-Karte für Sime Vrsaljko in seinem Vorhaben nur bekräftigt. Trotz Unterzahl und der deutlichen Dominanz der Gunners hielt das Abwehrbollwerk der Gäste lange dicht. Erst in der 62. Minute sorgte Alexandre Lacazette für die hoch verdiente Führung. Zu diesem Zeitpunkt hatte so ziemlich jeder im Emirates Stadium das Gefühl, als würde es in der letzten halben Stunde der Partie nur noch um die Höhe des Sieges gehen. Atlético glaubte dennoch weiter an sich, mauerte und hoffte auf diese eine Kontergelegenheit.

Sie kam! Arsenal biss sich trotz teilweise herrlichem Kombinationsfußball an der spanischen Hintermannschaft um Weltklasse-Keeper Jan Oblak die Zähne aus. Letztendlich ließen sich die Engländer tatsächlich dazu hinreißen, vergeblich auf das zweite Tor zu pochen und die defensive Absicherung zu vernachlässigen. Der Preis dafür war hoch, denn in der 82. Minute startete Atlético einen Gegenangriff, den Antoine Griezmann eiskalt mit dem Ausgleichstreffer zum 1:1 Endstand abschloss.

Das von Arsenal so befürchtete Auswärtstor war gefallen: Die während der Partie so rosigen Aussichten, Wenger mit einem letzten großen Finale und womöglich einem Titel zu verabschieden, wurden leichtfertig und erheblich getrübt…

(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)

 

Mit dem sechsten Sinn ins Finale?

Mit einer disziplinierten Defensiv-Leistung, einem Jan Oblak in Weltklasseform, eiskalter Effizienz und nicht zuletzt einer Priese Glück sicherte sich Atlético, trotz 80 Minuten Unterzahl, im Halbfinal-Hinspiel der Europa League beim FC Arsenal ein Unentschieden.

Viel wichtiger als das Remis war jedoch das Auswärtstor. Mit diesem Vorsprung legte Atlético den Grundstein für das Weiterkommen, denn in der Festung Wanda Metropolitano Stadion gehören Auswärtstore zur absoluten Seltenheit. Seit dem 20. Januar hat Atlético hier kein einziges Gegentor kassiert. Das sind elf Pflichtspiele in Serie, in denen der überragende Defensivverbund die „Null“ hielt!

Selbst wenn den Gästen aus London im Rückspiel ein oder gar zwei Treffer gelingen sollten, kann sich die Mannschaft immer noch auf den sechsten Sinn von Trainer Diego Simeone verlassen. Die Souveränität, mit der Atlético den Platzverweis nach gerade einmal zehn Minuten verarbeitete, ließ bereits vermuten, dass man vorbereitet war! Nach dem Spiel enthüllte Mittfeldspieler Thomas:

„Simeones Instinkte sind immer richtig. Vor dem Spiel trainierten wir 10 gegen 11 und er sagte uns immer wieder, dass wir eventuell in Unterzahl geraten könnten und es passierte sogar früher als erwartet“ [Indepenedent]

Solche Beispiele und die Tatsache, dass Diego Simeone aus dem kleinsten Kader der fünf europäischen Top-Ligen das absolute Maximum herausholt, macht Atlético zu einem der unangenehmsten Gegner in ganz Europa. Arsenal hat es im Rückspiel nicht nur mit einer außergewöhnlichen Defensive, einem taktisch beeindruckendem Mittelfeld und einem Weltklasse-Stürmer, sondern auch mit einem einzigartigen Trainer zu tun.

Im Vergleich zum Hinspiel wird neben den weiterhin verletzten Juanfran und Felipe Luis auch noch der gesperrte Sime Vrsaljko fehlen. Diego Costa kehrte nach seiner Zwangspause am Wochenende gegen Deportivo Alavés in die Startelf zurück und ist auch gegen Arsenal eine Option. Mit dem Spanier hatten die Gunners schon zu seiner Zeit bei Chelsea stets große Probleme.

(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)

 

Wengers letzte Hoffnung

Arsene Wengers letzter Dienst für den FC Arsenal entpuppt sich als Mammutaufgabe. So stark seine Mannschaft im Hinspiel nach vorne spielte und einen deutlichen Sieg verdient hätte, so sehr erinnerten die Unkonzentriertheiten im letzten Drittel und die Naivität im Rückwärtsgang an die Leistungen der letzten Jahre. Die Konsequenz: Man droht sich, wie so oft, um den verdienten Lohn zu bringen.

Damit das französische Trainerurgestein doch noch angemessen mit einem heiß ersehnten europäischen Titel verabschiedet werden kann, müssen die Gunners in Madrid ihr absolutes Maximum abrufen. Obwohl Atlético, gerade zuhause, defensiv eine Macht ist, deutete die Offensive im Hinspiel an, prinzipiell genügend Chancen herausspielen zu können, um die notwendigen Auswärtstore zu erzielen.

Zusätzliche Unterstützung kann sich Wenger dabei von Henrikh Mkhitaryan erhoffen. Der Armenier wirkt seit seinem Wechsel von Manchester United im Winter wie ausgetauscht und spielt befreit auf. Am Wochenende kehrte er nach überstandener Knieverletzung ausgerechnet gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber zurück und bot dabei ein äußerst ansehnliches Comeback. Mkhitaryan musste zwar nach einem kleinen Rückschlag ausgewechselt werden, dürfte aber, wenn alles gut läuft, für Welbeck in die Startelf rücken. Zusammen mit Taktgeber Mesut Özil, dem formstarken Aaron Ramsey und dem treffsicheren Alexandre Lacazette verfügen die Gunners um genügend Offensiv-Power, um das Abwehrbollwerk der Hausherren erneut auf die Probe zu stellen.

Das ist die große Hoffnung für die Fans, die ein letztes Mal, aktuell wohl zum ersten Mal seit langer Zeit, geschlossen hinter der mittlerweile so umstrittenen Trainerlegende stehen. Die Offensive ist auch die große Hoffnung für Wenger, im letzten Anlauf doch noch einen europäischen Titel zu gewinnen und ganz nebenbei eine verkorkste Saison mit der Qualifikation zur Champions League zu retten.

Verzichten muss Arsenal in Madrid weiterhin auf den langzeitverletzten Santi Cazorla und den nicht spielberechtigten Pierre-Emerick Aubameyang. Mit dabei sein dürften dagegen die angeschlagenen Alex Iwobi, Sead Kolasinc und Pokal-Keeper David Ospina.

(Photo MARCO BERTORELLO/AFP/Getty Images)

 

 

Prognose

Es spricht vieles für ein Weiterkommen der Rojiblancos, doch der offensive Auftritt der Gunners vergangenen Donnerstag sollte den Gästen Mut gemacht haben. Arsenal dürfte zweifelsohne in der Lage sein, selbst gegen die tief stehenden, spanischen Abwehrexperten eine Vielzahl von Chancen herauszuspielen. Gehen die Engländer konsequent mit ihren Möglichkeiten um, könnte der Nachteil in der Fremde aufgrund der Auswärtstor-Regel womöglich sogar zum Vorteil werden. Doch Simeone und Atlético sind gerade zuhause bestens gerüstet.

Tipp: 2:2

 

Mögliche Aufstellung

Atletico: Oblak – Thomas, Godin, Gimenez, Hernandez – Koke, Gabi, Saul Niguez, Vitolo- Costa, Griezmann

Arsenal: Ospina – Bellerin, Mustafi, Koscielny, Monreal – Xhaka, Wilshere, Ramsey – Özil, Mkhitaryan – Lacazette 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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