Freiburg empfängt Gladbach: Wucht trifft auf Geduld

11. September 2022 | Vorschau | BY Florian Weber

Vorschau | Der SC Freiburg empfängt die ebenfalls gut in die Saison gestarteten Gäste aus Mönchengladbach. Es ist auch das Aufeinandertreffen zweier Philosophien: Auf der einen Seite wuchtiges Umschaltspiel, auf der anderen Seiten geduldiges Kurzpassspiel.

Noch nie ist der SC Freiburg besser in eine Saison gestartet als in die laufende – und erst einmal zuvor war der SC Freiburg vor einem Bundesligaspieltag Tabellenführer: 2000, vor dem zweiten Spieltag. Trainer war damals Volker Finke. Nun empfängt der Sportclub die Gäste aus Mönchengladbach. Gegen die sind die Freiburger seit 14 Bundesliga-Heimspielen ungeschlagen. Der SC Freiburg ist die Mannschaft der Stunde, hat vier der ersten fünf Bundesligaspiele gewonnen. Und die einzige Niederlage, gegen den BVB am zweiten Spieltag, war nur wegen eines Totalaussetzers von Torhüter Mark Flekken eine solche.



Borussia Mönchengladbach reist selbstbewusst nach Freiburg. Trainer Daniel Farke hat dem Klub wieder Hoffnung eingehaucht und der Mannschaft endlich ein passendes taktisches Konzept an die Hand gegeben. Während der kompletten Vorbereitung blieben die Fohlen ungeschlagen, auch an den ersten vier Bundesligaspieltagen konnte kein Team die Farke-Elf besiegen. Auch der FC Bayern München nicht, gegen die Gladbach leidenschaftlich einen Punkt erkämpfte. Am vergangenen Spieltag gab es dann jedoch den ersten Dämpfer. Mit 0:1 verlor Gladbach im Borussia Park gegen Mainz 05. Doch keine negative Stimme aus dem Umfeld – weder vom Trainer, den Spielern oder den Fans. Dass es einen ergebnistechnischen Rückschlag irgendwann geben würde, war klar, Hauptsache die Leistung stimme, hieß es geschlossen.

Gladbach will den Ball – Freiburg sucht stets Tiefe

Seitdem Daniel Farke seit Beginn der Saison bei der Borussia an der Seitenlinie steht, liegt der Hauptfokus nach zwei Jahren mit Marco Rose und einem Jahr mit Adi Hütter wieder auf dem Ballbesitzspiel. Obwohl Gladbach schon gegen Bayern München gespielt und sich in der Allianz Arena 90 Minuten fast rein aufs Verteidigen beschränkt hat, sind die Fohlen das Team mit dem dritthöchsten Ballbesitzwert (54 Prozent) und der zweithöchsten Passquote (84,7 Prozent) aller Bundesligisten. Spielkontrolle stellte die Borussia an den ersten drei Spieltagen gegen wenig mutige Gegner aus Hoffenheim, Gelsenkirchen und Berlin (Hertha) durch einen geduldigen Spielaufbau, Kurzpasskombinationen und Christoph Kramer als Dirigent her. In der vergangenen Woche gegen Mainz war der Plan von Farke ein ähnlicher, doch die Mainzer pressten immer wieder auch schon in hohen Zonen, wodurch die Fohlen vor allem in der ersten Halbzeit kaum seinen Rhythmus fanden. Gegen Freiburg geht es für die Borussia nun darum, früh ebendiesen Rhythmus zu finden, denn die Gladbacher sind in dieser Saison am stärksten, wenn sie den Ball haben.

Mehr Informationen zum deutschen Fußball

Freiburg hingegen wählte in den bisherigen Spielen einen anderen Ansatz, um Spielkontrolle zu erlangen. Das Spiel der Breisgauer ist wuchtiger und deutlich vertikaler als das der Fohlen. Freiburg schaltet nach Ballgewinnen schnell um und scheut anders als Gladbach nicht vor hohen Pässen auf den Zielspieler Michael Gregoritsch zurück, der die Bälle festzumachen und die nachrückenden Teamkollegen einzusetzen versuchen wird. Besonders gefährlich waren die Freiburger bisher, wenn sie über die linke Seiten angegriffen haben. Der unermüdliche Christian Günther beackerte den Flügel, sprintete immer wieder auf und ab, während Vincenzo Grifo in den Halbraum rückte: Christian Streichs gefährlichste Symbiose in den bisherigen spielen der Freiburger. Gegen den Ball verteidigte Freiburg selten extrem hoch aber immer enorm aggressiv. Gegen Gladbach wird spannend zu sehen sein, ob sie ihr Mittelfeldpressing nach Mainzer Vorbild in höhere Zonen verlagern werden, um Gladbach damit bereits in der Spielanlage aus dem Tritt zu bringen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Streich könnte rotieren – Farke muss in der Innenverteidigung improvisieren

Wem wird Streich nach dem ersten Europokalspiel der Saison sein Vertrauen schenken? Erstmals wird eine umfassendere Rotation erwartet, die Streich bereits vage ankündigte. Wichtig sei für ihn, zu schauen, in welcher körperlichen Verfassung seine Spieler sind, sagte er vor dem Spiel. Keine Option wird Lucas Höler sein, der sich nach einem Mittelfußbruch erst wieder auf sein altes Fitnesslevel kämpft. Und auch der Einsatz von Manuel Gulde, der gegen Qarabak aufgrund einer Sprunggelenksverletzung passen musste, ist fraglich.

Daniel Farke hingegen muss mit größeren personellen Herausforderungen zurechtkommen. Mit Ko Itakura (Rotsperre) und Nico Elvedi (Außenbanddehnung im Sprunggelenk) steht die angestammte Innenverteidigung nicht zur Verfügung. „In der Innenverteidigung sind die Optionen für das Spiel reduziert. Ich glaube aber nicht, dass wir hinsichtlich der Geschwindigkeit anfällig sind. Marvin Friedrich hat eine Top-Qualität und gute Chancen, von Beginn an zu spielen“, sagte Farke auf der Pressekonferenz. Für die Position neben Friedrich gibt es mehrere Optionen. Kramer rückte gegen Mainz ins Abwehrzentrum, Julian Weigl spielte in Dortmund ebenfalls schon in dieser Rolle. Als am wahrscheinlichsten gilt aber die Variante, dass Ramy Bensebaini in die Innenverteidigung rücken und Luca Netz die linke Seite verteidigen wird.

In der Offensive fällt der bisher formstarke Alassane Plea (Muskelfaserriss im Adduktorenbereich) aus, der im bisherigen Saisonverlauf immer wieder kreative Impulse im letzten Drittel setzte. Lars Stindl wird den Franzosen voraussichtlich ersetzen. „Wir sind froh, dass Lars Stindl uns wieder zur Verfügung steht. Er ist derzeit in seiner sehr guten Verfassung. In Unterzahl gegen Mainz hat er eine außergewöhnlich gute Leistung gebracht und viele gefährliche Situationen kreiert“, sagte Farke auf der Pressekonferenz.

Das sagen die Trainer

Christian Steich: „Gladbach ist sehr variabel, sehr offensiv, ein Gegner, der vieles fußballerisch lösen will. Die haben Bock, und sind gut reingekommen. Aber wir haben Selbstvertrauen, müssen aber auch schauen, dass wir die Power auf den Platz bringen, sonst schaffst du es nicht.“

Daniel Farke: „Freiburg ist eine große Herausforderung. Der Verein hat zuletzt immer auf einem Top-Level gespielt und jetzt auch einen herausragenden Start hingelegt. Da wartet ein dicker Brocken auf uns. Wir wollen aber eine gute Leistung zeigen und mit Punkten zurückkehren. (…) Freiburg ist enorm gut bei Standards, daher war das natürlich in der Vorbereitung auf das Spiel einer der Trainingsschwerpunkte. Wir werden versuchen, in Freiburg so wenig Standardsituationen wie möglich zuzulassen.“

Voraussichtliche Aufstellung

SC Freiburg: Flekken – Sildillia, Ginter, Lienhart, Günter – Eggestein, Höfler – Doan, Jeong, Grifo – Gregoritsch

Borussia Mönchengladbach: Sommer – Scally, Friedrich, Bensebaini, Netz – Kramer, Kone – Hofmann, Neuhaus, Stindl – Thuram

 

Das Spiel wird um 16:30 Uhr im Europa-Park Stadion stattfinden, auf Sky übertragen und von Schiedsrichter Tobias Stieler geleitet werden.


Ähnliche Artikel