Ein Unikat im Porträt: Was Nick Woltemade so besonders macht
16. März 2025 | Spotlight | BY Jakob Peinemann

Nick Woltemade ist einer der Shootingstars der aktuellen Saison. Mit zehn Scorerpunkten in der Bundesliga ist der 23-Jährige aus der Offensive des VfB Stuttgart nicht mehr wegzudenken. Was macht ihn so besonders? Und ist er die Zukunft im Sturm der Nationalmannschaft?
Umweg Dritte Liga: Woltemades holpriger Karrierestart
Bereits im Alter von acht Jahren wechselte der gebürtige Bremer in die Jugendabteilung der Werderaner. Dort durchlief er alle Jahrgänge und feierte in der Saison 2019/2020 sein Bundesligadebüt für Werder Bremen. Sein Karriereweg ging jedoch nicht steil nach oben: In den folgenden Jahren konnte sich Woltemade nicht durchsetzen und war immer wieder von Verletzungen geplagt – eine Operation am Fuß setzte den Stürmer monatelang außer Gefecht. Nach eher enttäuschenden Jahren wechselte Woltemade zu Beginn der Saison 2022/2023 auf Leihbasis zum Drittliga-Aufsteiger SV Elversberg. Im Podcast „Copa-TS“ bezeichnete er den Wechsel als „beste Entscheidung seiner Karriere“, obwohl er im Vorfeld nicht gerade begeistert war, von der ersten in die dritte Liga zu wechseln. Nach eigener Aussage hat ihn diese Zeit aber „auf den Boden zurückgeholt und geerdet“. Mit Trainer Horst Steffen pflegt er nach wie vor ein gutes Verhältnis.
Nicht nur persönlich hatte sich der Wechsel nach Elversberg gelohnt: In 31 Spielen steuerte Woltemade zehn Tore und neun Vorlagen zum Aufstieg der Saarländer bei und spielte seine sportlich beste Saison und wurde zudem als „Spieler der Saison“ ausgezeichnet. Und das Wichtigste: Woltemade blieb endlich verletzungsfrei.

Woltemade mit der Trophäe „Spieler der Saison“ nach dem letzten Saisonspiel in Ingolstadt (Photo by Jasmin Walter/Getty Images for DFB)
In der Champions League auf der Tribüne, in der Bundesliga in der Startelf
Obwohl Woltemade, nach der Leihstation in Elversberg, bei Werder Bremen immer mehr Spielzeit bekam, entschied er sich zu Beginn der laufenden Saison für einen Wechsel zum VfB Stuttgart. Und das, obwohl er hinter Deniz Undav und den anderen Neuzugängen Ermedin Demirovic und El Bilal Touré nur Stürmer Nummer vier war. Zudem wurde er von Trainer Sebastian Hoeneß nicht in den Champions-League-Kader der Schwaben berufen, was ihn nach eigener Aussage „sehr enttäuschte“.
Seinen Durchbruch schaffte Woltemade am 13. Spieltag gegen Union Berlin: Nach einer schwachen ersten Halbzeit und einem 0:1-Rückstand wechselte Hoeneß den Stürmer zur zweiten Halbzeit ein. Die Gäste aus Berlin erzielten sogar den zweiten Treffer, ehe Woltemade aufdrehte und mit seinem ersten Doppelpack für den VfB ausglich. Am Ende siegte Stuttgart mit 3:2 und Woltemade war endgültig in der Bundesliga angekommen. Seitdem stand er in zehn von zwölf Bundesligaspielen in der Startelf, erzielte fünf Tore und bereitete zwei weitere vor.

Woltemade bejubelt den 2:2 Ausgleich gegen Union Berlin (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Eleganz auf fast zwei Meter: Was macht Woltemade so besonders?
„Es spielt eigentlich niemand so wie ich.“ So beschreibt Woltemade selbst seinen Spielstil – und der ist in der Tat einzigartig. Große Stürmer stehen in der Regel für hohe Strafraumpräsenz ohne Ball, das Binden von Gegenspielern und Kopfballstärke. Nicht so bei Woltemade: Die Strafraumpräsenz bringt er vor allem mit Ball mit, kein Spieler in den Top-5-Ligen hat im Schnitt mehr Strafraumaktionen pro 90 Minuten als der 1,98 Meter große Hüne. Anders sieht es bei seinen Kopfballqualitäten aus: Nicht ein einziges seiner Saisontore erzielte er per Kopf. Woltemade besticht vielmehr durch seine enorm starke Technik, sein Passspiel und sein Stellungsspiel. „Zwei-Meter-Messi“ ist nur einer von vielen Spitznamen, die Woltemades Art Fußball zu spielen beschreiben. Bezeichnend war sein Solo-Tor gegen den VfL Wolfsburg, als er in Messi-Manier gleich mehrere Verteidiger austanzte und traf.
Woltemade ist ein spielstarker und moderner Mittelstürmer, der sich gerne ins Mittelfeld fallen lässt, um mitzuspielen, Bälle zu erobern und zu verteilen. Dabei hilft ihm natürlich auch seine enorme Physis. Die angesprochenen Qualitäten im Spielaufbau und Kombinationsspiel brachte in der vergangenen Saison Serhou Guirassy mit. In dieser Hinsicht ist er dem nach Dortmund abgewanderten Torjäger vom Profil her sehr ähnlich.
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DFB-Elf: (Noch) keiner für Nagelsmann?
In der Nationalmannschaft ist Woltemade fester Bestandteil des U-21-Kaders. In insgesamt elf Spielen erzielte er vier Tore, für Trainer Antonio Di Salvo ist er von großer Bedeutung für das Team: „Er gibt mit seiner Ballsicherheit ein gutes Gefühl, ist eine Verbindung zwischen Abwehr und Sturm.“ Im DFB-Dress spielt Woltemade oft etwas tiefer, eher als Verbindungsspieler, als Zehner oder auch als Achter. Die Frage nach seiner eigentlichen Position ist auch für den Offensivspieler schwer zu beantworten: „So genau kann ich das gar nicht sagen, Hauptsache irgendwo in der Mitte.“
Als Nationaltrainer Julian Nagelsmann am vergangenen Donnerstag seinen Kader bekannt gab, hatte der eine oder andere sicherlich auch mit Woltemade gerechnet. Zumal mit Florian Wirtz und Kai Havertz zwei Offensivspieler verletzungsbedingt ausfallen. Letzteren bezeichnet Woltemade selbst als „mein absolutes Vorbild“, auch weil sich die beiden vom Profil her ähneln. Auch aus diesem Grund wäre eine Nominierung Woltemades ein denkbares Szenario gewesen, um den Spielertyp Havertz zu ersetzen.
Doch der 23-Jährige wurde erneut „nur“ für die U21 nominiert, mit der er im Sommer auch an der Europameisterschaft teilnehmen soll. Der Schritt in die A-Nationalmannschaft kommt in diesem Lehrgang wohl noch etwas zu früh – angesichts seiner Entwicklung und seiner hohen fußballerischen Veranlagung wird Nagelsmann in Zukunft aber kaum um eine Nominierung herumkommen.
Gewinnt Woltemade dieses Jahr einen Titel?
Woltemade lebt gerade seinen Traum. Für den VfB Stuttgart zu spielen, ist für ihn etwas ganz Besonderes, denn sein Vater ist ein großer Fan des Vereins. Sportlich stehen die Stuttgarter nur im Mittelfeld der Tabelle, die Champions-League-Plätze sind fünf Punkte entfernt. Zudem wartet am Sonntagabend mit Bayer Leverkusen ein echter Härtetest auf den VfB. Dort wird Woltemade wohl wieder in der Startelf stehen und an seine gute Form anknüpfen wollen. Im DFB-Pokal, in dem Woltemade bereits drei Treffer erzielte, stehen die Schwaben im Halbfinale und treffen dort auf RB Leipzig. Und im Sommer wartet die Europameisterschaft mit der U21-Nationalmannschaft. Ein Titelgewinn mit dem VfB Stuttgart oder der DFB-Elf würde Woltemades Breakout-Saison krönen.
(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)