Revanche-Gelüste, BVB und Frankfurt im Fokus – 3 Thesen zur Champions League

14. Februar 2023 | Spotlight | BY Michael Bojkov

Die Champions League ist zurück! Im Achtelfinale haben es die deutschen Vertreter mit schweren Gegnern zu tun, außerdem treffen die Vorjahres-Finalisten aufeinander. Drei Thesen zu den Achtelfinal-Hinspielen.

1. Dortmund mit Statement-Sieg gegen blaues Starensemble

Dortmund hat einen Start nach Maß ins neue Kalenderjahr hingelegt. Die ersten sechs Spiele konnten sie siegreich gestalten, sind in der Bundesliga wieder an Bayern dran. Nicht immer waren die Leistungen restlos überzeugend. So gewann man gegen Augsburg (4:3) und Mainz (2:1) durchaus glücklich und auch in Leverkusen (2:0) hätte der Spielverlauf gut und gerne zuungunsten der Schwarz-Gelben ausfallen können. Zuletzt wurden aber auch die Auftritte besser: Gegen Freiburg gab es einen überzeugenden 5:1-Sieg, auch beim jüngsten Gastspiel in Bremen war man auf Strecke die deutlich stärkere Mannschaft und verdiente sich das 2:0. Kurzum: Die Dortmunder strotzen aktuell nur so vor Selbstvertrauen. 

Das lässt sich bei Chelsea nur schwer behaupten. In der Premier League konnten die Blues ihre letzten drei Spiele nicht gewinnen, verweilen weit fernab der Champions-League-Ränge auf Platz neun. Schaut man auf die Namen, ist der Kader der Blues spätestens seit der unvergleichlichen Wintertransferperiode herausragend besetzt. Allerdings muss das Starensemble erst als Mannschaft zusammenfinden, und das funktioniert selbstredend nicht innerhalb weniger Wochen.



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Enzo Fernandez, Mykhaylo Mudryk, Joao Felix – sie alle haben schon ihre Fähigkeiten aufblitzen lassen und gezeigt, was sie der Mannschaft geben können. Allerdings stimmen die Abläufe in und zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen noch nicht wirklich – wie auch, nach nichtmal einer Handvoll gemeinsamer Spiele? Insbesondere im Angriffsdrittel fremdeln die Blues noch gewaltig. Zuletzt fehlte sowohl gegen Fulham (0:0) als auch gegen West Ham (1:1) die Durchschlagskraft im Offensivdrittel, das Prädikat harmlos umschreibt die jüngsten beiden Auftritte der Westlondoner treffend.

Klar ist: Damit werden sie Dortmund nicht wehtun können. Der BVB zeigte sich defensiv durchaus verwundbar in den letzten Wochen, allerdings hauptsächlich bei langen Bällen und Gegnern, gegen die man selbst eine sehr offensive Herangehensweise an den Tag legte. In der Champions League gegen Chelsea wird die Risikoabwägung eine andere, die defensive Absicherung besser sein. Chelsea wird Tempo, Kreativität und Durchschlagskraft brauchen, um Dortmund zu knacken – alles Attribute, die ihnen aktuell abhandenkommen. Mit breitem Kreuz und fast 80.000 Fans im Rücken wird der BVB ein Ausrufezeichen in der Champions League setzen und den Blues in aller Deutlichkeit aufzeigen, dass es an der Stamford Bridge trotz vielfacher Millionen-Investitionen noch allerhand zu tun gibt.

2. Liverpool bezwingt Champions-League-Trauma

Zugegeben, viele Argumente lassen sich auf den ersten Blick nicht finden, warum Liverpool am kommenden Dienstag gegen Real Madrid gewinnen sollte. Die Reds kämpfen sich durch eine Katastrophen-Saison. Während im eigenen Spiel elementare Schrauben nicht mehr sitzen, bereitet ein großes Lazarett Jürgen Klopp zusätzlich Sorgen. Aus den letzten vier Premier-League-Spielen steht nur ein Punkt zu Buche, in der Tabelle muss man mittlerweile aufpassen, den Anschluss an die Europapokal-Plätze nicht komplett zu verlieren.

Was im Hinblick auf das Achtelfinale in der Champions League aktuell vielleicht am meisten für die Reds spricht, ist die Tatsache, dass sich der Gegner auch nicht in seiner besten Verfassung befindet. Bei der Klub-WM konnte Real zwar zwei deutliche Siege einfahren, die waren in ihrer Art und Weise jedoch auch nicht vollends überzeugend und dazu gegen Gegner, für die es ein einmaliges Erlebnis war, gegen Karim Benzema und Co. antreten zu dürfen.

Champions League

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Die Auftritte in La Liga sind da schon ein besserer Gradmesser, aber auch hier ließen sowohl Leistungen als auch Resultate zuletzt durchaus zu wünschen übrig. Ein weiterer Faktor, der Liverpool in die Karten spielen könnte, sind Reals Reisestrapazen, gepaart mit einem sehr engen Terminkalender. Nach dem mehrtätigen Marokko-Trip folgen am Mittwoch und Samstag wichtige Ligaspiele, die man gewinnen muss, ehe sich das Tross am darauffolgenden Montag auf die Reise nach Liverpool begibt.

Die Reds dagegen haben in Hinblick auf den kommenden Dienstag nur drei Partien in 18 Tagen absolviert und dürften damit zumindest einen Tick ausgeruhter sein als die Königlichen. Die Spieler werden darüber hinaus die letzten Resultate gegen Real Madrid noch ganz genau im Hinterkopf haben. In der Champions League zogen die Reds gegen die Blancos zuletzt dreimal in Folge den Kürzeren, besonders präsent: die Finalniederlagen 2018 und 2022. Ein dreifacher Schrei nach Revanche, der durch Anfield hallt und die Spieler bis in die Haarspitzen motivieren wird. These: Entgegen vieler Erwartungen wird Liverpool das Hinspiel gegen Real gewinnen und damit einen Showdown im Bernabeu erzwingen.

3. Neapel zeigt Frankfurt die Grenzen auf

Spätestens mit dem letztjährigen Sieg in der Europa League etablierte sich der Glaube, dass die Eintracht in Europa so etwas wie ein unbezwingbares Metier ist. In der Champions League wurden der SGE aber die Grenzen aufgezeigt, schon beim Debüt musste man sich vor heimischer Kulisse einem brutal abgezockten Sporting CP 0:3 geschlagen geben. Dass die Heimspiele weiterhin zu magischen Nächten verhelfen können und die Mannschaft das Siegergen in Europa nicht verloren hat, bewiesen sie mit dem Einzug in die K.o-Runde.

Gleichwohl wurde deutlich, dass die Einstacht nicht unbezwingbar ist. Gegen die ganz großen Mannschaften kennt auch die Frankfurter Europapokal-Magie ihre Grenzen – und zu den ganz großen Mannschaften zählt in dieser Saison auch die SSC Neapel. Die Italiener zelebrieren einen Offensivfußball, bei dem jedes einzelne Rädchen perfekt ineinandergreift. Schwerwiegende – so dachte man jedenfalls – Abgänge wurden schnell vergessen gemacht, weil die Neuzugänge auf Anhieb performten und innerhalb weniger Wochen zu Leistungsträgern wurden. Andere Spieler machten den nächsten Schritt und schrieben sich auf die Zettel großer europäischer Topklubs.

Bei den Partenopei stimmt auf wie neben dem Platz aktuell alles. Einen Schlüssel, wie diese Mannschaft zu knacken ist, hat bislang noch keiner so richtig gefunden. In der Serie A grüßt man mit 13 Punkten Vorsprung vom Thron und auch in der Champions League hat man seinen Gegnern schon einige Abende zum Vergessen bereitet; erinnert sei an das 4:1 gegen Liverpool oder den 6:1-Triumph in Amsterdam vor einigen Monaten.

Ob ausgerechnet Frankfurt die Neapolitaner stoppen kann? Die gute Nachricht: Bis auf die jüngste 0:3-Pleite in Köln steht es aktuell auch um die Eintracht ziemlich gut. Die Mannschaft hat Oliver Glasers Prinzipien längst verinnerlicht und mit Randal Kolo Muani die lang ersehnte Waffe in der Sturmspitze. Dennoch dürften die Italiener in ihrer aktuellen Verfassung eine Nummer zu groß sein für die SGE. These: Die Azzurri gewinnen in Frankfurt und schaffen sich damit eine optimale Ausgangslage für das Rückspiel im Stadio Diego Armando Maradona.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Thesen von Michael Bojkov

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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