Champions League | Dortmund gegen Chelsea: Stresstest für beide Teams

15. Februar 2023 | Vorschau | BY Manuel Behlert

Borussia Dortmund bekommt es in der UEFA Champions League mit dem FC Chelsea zu tun. Zwei große Namen im europäischen Fußball stehen sich gegenüber, aber die aktuellen Entwicklungen beider Mannschaften sind durchaus verschieden. Vor dem Duell scheint klar: Ein Stresstest wird es für beide. 

In der ersten Hälfte der Saison ließ sich über Borussia Dortmund guten Gewissens sagen, dass sich trotz Veränderungen im Kader nicht allzu viel verändert hat. Der viel zitierte Schlendrian zeigte sich in einigen Begegnungen deutlich. Direkt nach dem Re-Start stimmten auf einmal deutlich mehr Elemente. Chelsea hingegen erlebte in der gesamten Phase vor der WM-Pause Turbulenzen, die noch immer nicht überstanden sind. Dafür wurde der Kader deutlich verändert, die Blues waren der Transferkrösus im Winter.



Borussia Dortmund: Die Formkurve zeigt nach oben

Bis zur WM-Pause war bei Borussia Dortmund vieles von den alten Problemen erkennbar. Schwarzgelb spielte phasenweise einen erfrischenden Fußball, nur um dann in der nächsten Minute wieder Fehler um Fehler zu produzieren und Gegner einzuladen. Gegen Bremen verspielte die Mannschaft ein 2:0 in der Schlussphase, auch andere Gegner gingen ohne Furcht in die Spiele gegen den BVB. Ausfälle von Schlüsselspielern wie Sebastien Haller, der nach seiner Krebserkrankung mittlerweile aber wieder auf dem Feld steht, verschlimmerten die Situation noch weiter. Mittlerweile aber haben sich einige Dinge zum Positiven verändert. Die Terzic-Elf gewann alle Spiele nach der Winterpause und hat in der Bundesliga nur noch drei Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern München.

Terzic BVB Dortmund

(Photo by SASCHA SCHUERMANN/AFP via Getty Images)

Zwar spielt Borussia Dortmund noch keinen berauschenden Fußball, das ist aber auch keine Pflicht, solange die Ergebnisse stimmen. Die Formkurve einzelner Spieler zeigt zudem ebenfalls nach oben, was ein Zeichen dafür ist, dass die Dinge in die richtige Richtung gelenkt wurden. Das Engagement im Spiel gegen den Ball ist hoch, jeder kämpft für seinen Mitspieler und auch im Signal Iduna Park hinterlässt das Eindruck. Gewonnene Zweikämpfe werden gefeiert und angestachelt davon vergisst die Mannschaft nicht, ihre technischen Finessen zu präsentieren. 

Die Euphorie in Dortmund war vielleicht schon einmal größer, aber jeder Verantwortliche des BVB fiebert auf die Duelle mit Chelsea hin. „Wir brauchen mindestens einen Sieg aus den beiden Partien, um in die nächste Runde einzuziehen. Zuhause ist das sicherlich etwas einfacher mit der Euphorie von 80.000 Fans. Ich spüre die Vorfreude bei allen Beteiligten“, teilte Edin Terzic in der Pressekonferenz mit. Das Gefühl, die Blues ausschalten zu können, ist auf jeden Fall vorhanden.

Dortmund: Brandt und Can könnten die Schlüssel sein

Im Fokus steht bei Borussia Dortmund natürlich Jude Bellingham (19), der mittlerweile mit beeindruckender Konstanz auf hohem Niveau agiert. Seine Qualitäten sind unumstritten, aber es sind zwei andere Akteure, die eine essenzielle Rolle spielen können, wenn es darum geht, Chelsea aus dem Wettbewerb zu befördern. Da wäre vor allem Julian Brandt (26) zu nennen, dessen steiler Aufstieg in den letzten 1 1/2 Jahren außerhalb von Dortmund zu selten gewürdigt wird. Er ist mittlerweile einer der konstantesten Spieler und mit seinen Ideen sowie Entscheidungsfindung unter Druck ein Spieler, der den Unterschied machen kann und zurzeit auch häufig macht. 

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Natürlich wird es auch auf die Defensive im Kollektiv ankommen, aber eine besondere Rolle kommt auch auf Emre Can (29) zu. Er könnte essenziell für die Balance im Spiel des BVB sein und findet gerade zum richtigen Zeitpunkt heraus aus seinen Schwankungen. In den letzten Wochen spielte er ruhiger, abgeklärter, machte weniger Fehler und setzte entscheidende Akzente im Spiel nach vorne. Das Mittelfeld könnte für den Ausgang dieses Spiels enorm wichtig sein – und so ist es auch Emre Can.

Chelsea FC: Neuzugänge ja, aber nur wenige Fortschritte

Denis Zakaria (25), Kalidou Koulibaly (31), Wesley Fofana (21), Raheem Sterling (27), Marc Cucurella (24), Carney Cukwuemeka (18), Pierre-Emerick Aubameyang (33), Gabriel Slonina (18), Joao Felix (23), David Datro Fofana (20), Andrey Santos (18), Malo Gusto (19), Noni Madueke (20), Benoit Badiashile (21), Enzo Fernandez (22), Mykhaylo Mudryk (22): Das ist die Listę der Spieler, die seit dem Sommer zum FC Chelsea wechselten. Das Starensemble des Transferkrösus mischt aber nicht die Premier League auf, sondern steckt im tristen Mittelfeld fest. Vereinzelte Ansätze nach dem Winter waren vorhanden, mehr aber auch nicht. Dem Team von Graham Potter (47) fehlt es an den Fortschritten im spielerischen Bereich, zudem wirkt die Defensive trotz Verbesserungen noch immer nicht konstant sattelfest.

Das Kernproblem derzeit erläutert Aaron Catterson-Reid, der für Football.London auch ein Auge auf Chelsea wirft: „Chelsea hat im Moment mit vielen Problemen zu kämpfen. Ihr Hauptproblem ist es, den Ball ins Netz zu bringen. Mit einer Quote von 1,41, 1,84, 2,13 und 2,4 xG (erwartete Tore) in den letzten vier Spielen (via Understat) hat Chelsea eine gute Basis gelegt. Allerdings haben sie in dieser Zeit auch nur zwei Tore erzielt. Der Kader ist zu stark mit zweiten Stürmern, Spielmachertypen und Flügelspielern bestückt, und Spieler wie Kai Havertz (23), Mason Mount (24) und Raheem Sterling haben in dieser Saison allesamt Probleme mit ihrem Abschluss.“

Damit noch nicht genug, auch weitere Personalien bereiten den Blues derzeit Kopfzerbrechen: „Auch Marc Cucurella (24) als linker Außenverteidiger ist eine große Schwachstelle im Defensivbereich. Der Spanier neigt dazu, sich zu weit nach vorne zu bewegen und hinter sich riesige Lücken zu hinterlassen, die im Umschaltspiel ausgenutzt werden können. Die Entscheidung der Blues, Jorginho (31) im Januar-Transferfenster abzugeben, könnte ebenfalls ein Problem darstellen. Der Italiener hat sich in den europäischen Wettbewerben als sehr effektiv erwiesen, indem er das Spiel verlangsamte und den Ton angab, bevor er dazu beitrug, den Ball vertikal zwischen den Linien zu bewegen. “

Kommt das Dortmund-Spiel für Chelsea zu früh?

Am Wochenende gegen West Ham zeigte der FC Chelsea, was in diesem Kader stecken könnte. Neuzugang Fernandez chippte einen perfekt temperierten Ball auf Neuzugang Joao Felix, der nur noch einschieben musste. Szenen wie diese gab es aber zu selten. Dem Mittelfeld fehlte es zuletzt an Nachdruck, sodass der Gegner in nahezu jeder Partie seine Chancen oder zumindest mehr Ballbesitz in einigen Phasen erhielt. Ein Gegentor gegen West Ham sorgte außerdem dafür, dass die Potter-Elf wieder verunsichert wirkte und ihren Plan nicht durchzog. Die Gefahr, dass das Spiel gegen Dortmund noch viel zu früh kommt, ist durchaus gegeben.

Chelsea vor Dortmund

(Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Das sieht auch Experte Aaron Catterson-Reid so: „Für Chelsea besteht die große Gefahr, dass dieses Spiel für sie zu früh kommt. Sie haben ihren Kader in so kurzer Zeit um eine große Anzahl von Spielern erweitert und haben zudem einen jungen Trainer, der noch versucht, seinen Weg bei einem großen Verein zu finden. Es wird zweifelsohne schwierig sein, seine Art von Fußball zu spielen, da er so viele neue Stars in eine Mannschaft einbinden muss. Es gibt gefühlt 18 bis 20 Spieler, die für Chelsea auflaufen könnten. Wie Arsenal in dieser Saison gezeigt hat, ist es wichtig, eine feste Startelf zu haben.“

Auch der Ausfall von Badiashile, der nicht für die Königsklasse nominiert ist, kann zu einem Faktor werden: „Seine seltene Kombination aus intelligenter Spielübersicht, starker Physis und progressivem Passspiel macht ihn meiner Meinung nach zum zweitbesten Innenverteidiger hinter Thiago Silva (38).“ Dass Chelsea individuell sehr gut besetzt ist und auch gegen Teams wie Dortmund ein Geistesblitz für ein Tor reichen kann, gehört aber auch zur Wahrheit. Die Ausgangslage könnte trotzdem besser sein.

Mögliche Aufstellungen für das Hinspiel

Borussia Dortmund: Kobel – Ryerson, Süle, Schlotterbeck, Guerreiro – Can, Bellingham, Brandt, Reus, Adeyemi – Haller

Chelsea FC: Kepa – James, Thiago Silva, Koulibaly, Cucurella – Loftus-Cheek (Gallagher), Fernandez, Mudryk, Joao Felix, Mount – Havertz

Prognose

Derzeit scheinen bei Borussia Dortmund die Automatismen auf dem Feld deutlich besser zu greifen als bei Chelsea. Die Blues müssen einen Weg finden, die vielen Probleme zu kaschieren, ohne komplett den eigenen Stil zu verlassen. Das wird keine leichte Aufgabe, denn der Eingewöhnungsprozess der Neuzugänge ist noch in vollem Gange. Ein Heimsieg des BVB ist folglich alles andere als unrealistisch, was für eine gute Ausgangslage für das Rückspiel an der Stamford Bridge sorgen würde.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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