Bayer 04 Leverkusen gegen Saint-Gilloise: Der erste Schritt von vielen?

13. April 2023 | Vorschau | BY Manuel Behlert

Im Verlauf der Saison 2022/23 hat sich nicht abgezeichnet, dass Bayer 04 Leverkusen noch einmal träumen kann. Und zwar von einem Titel. Unter Xabi Alonso wurden aber erst kleine, dann große Schritte nach vorne gemacht. Vor dem Spiel gegen Royale Union Saint-Gilloise ist die Werkself extrem zuversichtlich. Doch Vorsicht ist geboten. 

Den vermeintlich kleinen Gegner aus der belgischen Liga haben nämlich schon andere Klubs unterschätzt. Der FC Union, selbst dafür bekannt, einen sehr unangenehmen Part als Gegner auf dem Platz einzunehmen, hat sich die Zähne an den Belgiern ausgebissen. Für Bayer Leverkusen sollte das eine Warnung sein. Gleichzeitig müssen die Hausherren auf ihre eigenen Stärken bauen.

Bayer Leverkusen und die hervorragende Entwicklung

Als Xabi Alonso (40) Trainer von Bayer Leverkusen wurde, stellten sich viele eine Mannschaft vor, die binnen weniger Wochen einen technisch sauberen Ballbesitzfußball spielt und für Begeisterung sorgt. Dass der Spanier aber kein Hexer ist, war von Anfang an klar. Der neue Coach versuchte einige Dinge, passte vieles an, nur um dann festzustellen, dass es mit größeren Veränderungen nicht besser wird, sondern nur chaotischer. Der Gedanke, sich dem Pragmatismus herzugeben, reifte bei Alonso schon früh. Und schließlich war dieser auch der Schlüssel zum heutigen Erfolg. Dabei klingt Pragmatismus im Fußball negativer, als er ist. Zumindest in einer solchen Phase der Saison, in der der neue Trainer seine Mannschaft erst kennenlernte.

Eine Dreierkette in der Abwehr, gerne auch mit einem defensiv ausgerichteten Spieler wie Piero Hincapie (21) auf der linken Seite davor, verbesserte die Stabilität der Werkself. Bayer war auch zu Saisonbeginn in der Lage, offensive Wucht und Dynamik zu kreieren, allerdings ging dies mitunter zulasten der eigenen Abwehr. Die Balance fehlte. Alonso implementierte diese Stück für Stück, arbeitete gleichzeitig an Feinheiten, deren Bedeutung für das Spiel zunächst gar nicht auffielen. Das Team lernte, das eigene Risiko kalkuliert einzusetzen, im Mittelfeld gerne auch mal das Tempo zu variieren und wurde so sukzessive besser. Auch die Negativresultate direkt nach dem Re-Start der Bundesliga beeinflussten das Team nicht nachhaltig.

Alonso erntet die Früchte seiner Arbeit

Mittlerweile ist Leverkusen das formstärkste Team der Liga, hat sieben Pflichtspielsiege nacheinander auf dem Konto und nur eines der letzten zehn Spiele überhaupt verloren. Die Automatismen haben sich langsam eingestellt, auch Spieler, die in die Partie kommen oder in das Team rotieren, funktionieren mittlerweile auf Anhieb. Die kleinen Anpassungen Alonsos fügen sich allmählich zu einem großen Ganzen zusammen, das Bayer extrem weiterhilft. Diese Mannschaft kann als Favorit auftreten und auch große Namen wie den FC Bayern aus einer zurückhaltenderen Grundordnung mit einigen Pressingmomenten fordern und schlagen. 

Leverkusen

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)E

Gegen die Belgier wird es vor allem auf die Balance ankommen. Leverkusen muss den Gegner beschäftigen, aber immer für die richtige Absicherung in der Abwehr sorgen. Gelingt das, dann ist die Offensive mit ihrer Mischung aus Kreativität, individueller Klasse und Geschwindigkeit nur schwer zu stoppen. Ein Heimsieg ist angesichts der Vorzeichen für Leverkusen quasi Pflicht, je höher dieser ausfällt, desto eher kann mit dem Halbfinale geplant werden. Florian Wirtz (19) ist dabei natürlich ein Schlüsselspieler, der mit seinen Qualitäten im offensiven Drittel die eigene Mannschaft deutlich stärker macht. Nach seinem Kreuzbandriss befindet er sich aktuell auch wieder auf einem Niveau, das dem hundertprozentigen Leistungsvermögen relativ nahe kommt. 

Vorsicht, Leverkusen: Die Belgier können Fußball spielen

Die Gäste aus Belgien werden zumindest ein wenig darauf hoffen, dass die Werkself ganz weit hinten im Hinterkopf daran denkt, wer denn der nächste Gegner vor dem Einzug in das Endspiel sein könnte. Allerdings scheint es unwahrscheinlich zu sein, dass ein Trainer wie Xabi Alonso mit all seiner Erfahrung als aktiver Spieler zulässt, dass eine Mannschaft, die immerhin das Viertelfinale erreicht hat, unterschätzt wird. Der Weg von Royale Union Saint-Gilloise in eben jenes Viertelfinale war indes geprägt von engen Partien, in denen es am Ende auf Nuancen ankam. Das zeigt auch die Widerstandsfähigkeit dieses Teams, das in sieben der bisherigen acht Spiele in diesem Wettbewerb mindestens einen Treffer erzielen konnte.

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Trainiert wird die Mannschaft, die auch in der belgischen Liga eine gute Rolle spielt, von Karel Geraerts (41). Er ist der Architekt des Erfolges, hat ein System mit einer Dreierreihe in der Verteidigung implementiert und lässt vorne mit zwei Stürmern spielen. In gewisser Weise ist diese Systematik der der Werkself nicht unähnlich, allerdings sind die Prinzipien völlig anders. Das Mittelfeld wird gerne auch einmal mit hohen Bällen überbrückt, die in der Offensive festgemacht und weiterverarbeitet werden. Noch dazu spielen ruhende Bälle eine wichtige Rolle. Aber mitunter zeigen sich auch fußballerische Qualitäten, vor allem im Umschaltverhalten, wenn die Belgier Platz haben. 

Saint-Gilloise setzt auf die typischen Tugenden

Saint-Gilloise wird im Spiel gegen Bayer Leverkusen aller Voraussicht nach nicht viel anders machen als in der bisherigen Saison in der Europa League. Die typischen Tugenden sollten also auf das Feld gebracht werden, dabei handelt es sich um Kompaktheit in der Defensive, sehr aufmerksames Verhalten, wenn der Gegner den Ball hat und das Kreieren von Stressmomenten. Das kann durch eine kurze Druckphase, plötzlich höheres Pressing oder viele zweite Bälle, die gewonnen werden, geschehen. 

Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die beiden Angreifer, Simon Adingra (21) und Victor Boniface (22). Beide harmonieren sehr gut miteinander und können mit ihren Qualitäten auch sehr guten Abwehrreihen ein Bein stellen. Sie werden immer wieder versuchen, in die Tiefe zu gehen und sich in die Lücken zwischen der Abwehrreihe schicken zu lassen. Beide suchen sehr schnell den entscheidenden Pass oder eben den Abschluss, der dann für einen Eckball oder einen Abpraller sorgen kann. Die Belgier trauen sich in jedem Fall einiges zu, denn das Selbstvertrauen ist vorhanden und die Mannschaft ging ihren Weg bis dato unbeirrt durch die gesamte Saison. 

Mögliche Aufstellungen

Bayer Leverkusen: Hradecky – Tah, Kossounou, Tapsoba – Frimpong, Andrich, Palacios, Hincapie – Wirtz, Diaby – Adli

Saint-Gilloise: Moris – Kandouss, Burgess, van der Heyden – Nieuwkoop, Teuma, Amani, Lynn, Lapoussin – Boniface, Adingra

Prognose

Bayer Leverkusen ist der Favorit in diesem Spiel. Xabi Alonso hat eine sehr gute Mannschaft geformt, die jederzeit weiß, was sie zu tun hat. Royale Union Saint-Gilloise hat aber die Qualitäten, das Leistungsmaximum der Werkself auf die Probe zu stellen. Bayer muss permanent wachsam sein, klug verteidigen und vorausschauend angreifen. Dann besteht die Chance auf einen Heimsieg, der auch komfortabel ausfallen kann. 

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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