Bella Italia im Champions-League-Viertelfinale: Milan gegen Neapel

12. April 2023 | Vorschau | BY David Schöngarth

Der amtierende italienische Meister AC Milan trifft im Viertelfinale der Champions League auf den voraussichtlich zukünftigen. Neapel greift dieses Jahr nach den Sternen und hat etwas gut zu machen.

Milan gegen Neapel: Italienisches Gipfeltreffen in der Königsklasse

Die Zeiten, in denen Juventus allein die grün-weiß-rote Trikolore in der Champions League hochhielt, sind vorbei. Der einstige Serienmeister aus Turin wurde in den letzten Jahren vom Thron gestoßen: Zunächst wachten die schlafenden Fußball-Riesen aus Mailand aus dem Dornröschenschlaf, in der laufenden Saison ist es die SSC Neapel, die sowohl die heimische Serie A als auch die Champions League aufmischt.



Drei italienische Mannschaften sind im Viertelfinale der Champions League vertreten, neben Milan und Neapel hat auch Inter den Sprung unter die letzten Acht geschafft. Und wie es der Turnierbaum so will, könnte womöglich nach dem Viertelfinale schon feststehen, dass ein italienisches Team den Sprung ins Finale schafft. Der Gewinner zwischen Milan und Neapel wird im Halbfinale auf den Sieger der Paarung Inter gegen Benfica treffen.

Das Duell zwischen Milan und Neapel im Viertelfinale der Champions League ist außerdem ein Aufeinandertreffen des amtierenden italienischen Meisters Milan gegen den voraussichtlich zukünftigen Meister aus Neapel. Die Mannschaft von Luciano Spalletti begeistert in der laufenden Saison mit brillantem Offensivfußball – der Scudetto ist ihnen so gut wie nicht mehr zu nehmen. Zuletzt musste der designierte Meister allerdings eine ungewohnt hohe Niederlage hinnehmen: Neapel verlor mit 4:0. Der Gegner? Ausgerechnet die AC Milan, die die Heldentaten der vergangenen Saison nicht wiederholen konnte und sich aktuell im Rennen um die Champions-League-Plätze befindet.

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AC Milan: Auf der Suche nach der Konstanz

Das letzte Mal, dass die AC Milan in einem Champions-League-Viertelfinale stand, ist über zehn Jahre her. Damals schieden die Rossoneri gegen den FC Barcelona aus, bei dem unter anderem Victor Valdes, Carles Puyol und Xavi in der Startelf standen. Auf Seiten Milans hatte Kevin-Prince Boateng (36) die kreative Verantwortung. So viel sich seitdem bei Milan auch getan hat, eine Sache ist gleich geblieben. Damals wie heute stand Zlatan Ibrahimovic (41) im Kader der Rossoneri. Schon im Achtelfinale gegen Tottenham feierte Milan die Rückkehr in die K.O.-Phase der Königsklasse nach einem knappen Jahrzehnt, mit dem Weiterkommen ins Viertelfinale geht man nun sogar noch einen Schritt weiter. Die Duelle in Mailand und London waren dabei allerdings schwere Kost. Milan sicherte sich mit einem 1:0 nach Hin- und Rückspiel gegen harmlose Spurs das Weiterkommen.

Zlatan Milan

Stand schon beim letzten Champions-League-Viertelfinale von Milan 2012 auf dem Feld: Zlatan Ibrahimovic (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

In der laufenden Saison kämpft der amtierende italienische Meister vor allem mit der Konstanz. Auf eine ordentliche Hinrunde folgte ein Formtief zu Beginn des Jahres: Milan verlor zwei Mal binnen zwei Wochen gegen den Stadtrivalen Inter. Mit dem Hinspiel-Sieg über Tottenham schien man sich aus der Ergebniskrise befreit zu haben, bevor Niederlagen gegen Florenz und Udinese Calcio für einen weiteren Dämpfer sorgten. Gerade rechtzeitig schien Milan wieder in Form gefunden zu haben, als das Team von Stefano Pioli in der Generalprobe für das Viertelfinale kurzen Prozess mit Neapel machte und die Hausherren im eigenen Stadion mit 0:4 abfertigte. Eine Woche später kam Milan allerdings nicht über ein 0:0 gegen den Tabellenvierzehnten Empoli hinaus.

Hinter Milan stehen also jede Menge Fragezeichen. Wozu die Mannschaft fähig ist, hat sie kürzlich gegen Neapel eindrucksvoll bewiesen. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass dieses Spiel ein Gradmesser für den Ausgang des Champions-League-Viertelfinales am Mittwoch sein kann. Immerhin kann Milan-Coach Stefano Pioli nahezu aus dem Vollen schöpfen. Lediglich Innenverteidiger Pierre Kalulu (22) und Zlatan Ibrahimovic sind angeschlagen.

SSC Neapel: Die Chance auf den ganz großen Coup

Die SSC Neapel ist eine der Überraschungsmannschaften der laufenden Saison. In der Serie A ist Neapel das Maß aller Dinge, verlor bis Januar 2023 kein einziges Spiel. Der Scudetto ist der Mannschaft von Luciano Spalletti so gut wie nicht mehr zu nehmen. Es wäre Neapels erste Meisterschaft seit 1990. Auch in der Champions League begeisterte Neapel die Kritiker, qualifizierte sich ohne Mühen für die K.O.-Phase und ließ Eintracht Frankfurt im Achtelfinale keine Chance. Als die Auslosung des Viertelfinales und der Turnierbaum bekannt wurde, witterte manch Anhänger vielleicht sogar die Chance auf einen ganz großen Coup. Denn von allen Mannschaften, die sich auf Neapels Seite des Turnierbaums befinden, ist Neapel in dieser Saison am stärksten. Die Blau-Weißen gelten somit als aussichtsreicher Anwärter auf eine Finalteilnahme – und wer weiß, was dann passieren könnte.

Neapel geht also als Favorit in das Duell mit Milan, obwohl das Team zuletzt strauchelte. Nicht nur gewann man äußerst glücklich gegen den Aufsteiger Lecce, die 0:4-Niederlage gegen Milan in der Liga dürfte in der südlichen italienischen Metropole für viel Kopfzerbrechen sorgen. Eine taktische List von Milan-Coach Stefano Pioli stellte Neapel, die in der Generalprobe für das Viertelfinale auf ihren Star-Stürmer Victor Osimhen (24) verzichten mussten, vor Probleme. Im Spiel gegen den Ball agierte Milan mit einer Viererkette, Neapels Mittelfeldspieler erhielten eine Sonderbewachung. Im Spielaufbau stellten die Mailänder dann aber auf eine Dreierkette um, und konterten so Neapels 4-4-2. Linksverteidiger Theo Hernandez (25) zog mehrfach die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf sich, um vertikale Bälle auf Milans Flügel-Star Rafael Leao (23) zu ermöglichen. Der gelernte Flügelspieler Brahim Diaz (23) agierte als Zehner und verstärkte somit Milans Präsenz im Mittelfeld. Ein Sprichwort besagt, dass eine vergeigte Generalprobe in einem erfolgreichen Auftritt resultiert. Neapel wird hoffen, dass sich diese Redensart bewahrheitet. Victor Osimhen wird allerdings aller Voraussicht nach erneut nicht auf der Bühne stehen: Der Stürmer ist verletzt und wird nicht rechtzeitig bis zum Viertelfinale fit.

Osimhen Milan Napoli

Wird Neapel gegen Milan wahrscheinlich fehlen: Victor Osimhen (Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Wie bereits gegen Tottenham bewies Milan, dass sie mit Pragmatik Spiele gewinnen können. Neapel ist also gewarnt. Doch auch die Mannschaft von Luciano Spalletti ist taktisch versiert. Mit Ball bevorzugt der italienische Coach ein 4-3-3, im defensiven Umschalten stellt er – wie gegen Milan – oft auf ein 4-4-2 um und schickt Mittelfeldspieler Piotr Zielinski (28) gemeinsam mit Victor Osimhen (28) zum Pressing nach vorne. Neapel will den Gegner so weit es geht vom eigenen Strafraum fern halten und presst diszipliniert, kann sich in der Innenverteidigung allerdings auch auf Sommer-Neuzugang Kim Min-Jae (26) und Amir Rrahmani (29) verlassen. Das Mittelfeld-Trio aus Piotr Zielinski, Frank Zambo Anguissa (27) und Stanislav Lobotka (28) ist perfekt aufeinander abgestimmt. Vorne wirbelt die georgische Entdeckung Khvicha Kvaratskhelia (22). Neapel ist außerdem bärenstark nach Standardsituationen, insbesondere Eckbällen. Sechszehn Ecken benötigt Napoli im Schnitt lediglich für ein Tor.

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Voraussichtliche Aufstellungen

AC Milan: Maignan, Hernandez, Tomori, Thiaw, Calabria, Tonali, Krunic, Bennacer, Leao, Diaz, Giroud

SSC Neapel: Meret, Rui, Rrahmani, Kim, Di Lorenzo, Lobotka, Anguissa, Zielinski, Kvaratskhelia, Someone, Politano

Prognose

Das Champions-League-Viertelfinale zwischen Milan und Neapel verspricht Spannung pur und dürfte ein Genuss für Freunde des italienischen Fußballs werden. Die Favoritenrollen sind klar verteilt, wenngleich Milans 4:0-Erfolg gegen Neapel vor kurzem für Unruhe bei den Blau-Weißen sorgen dürfte. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Milans taktische List kein zweites Mal funktionieren wird und Neapel-Coach Luciano Spalletti die Lehren aus der Generalprobe gezogen haben wird. Mit den eigenen Fans im Rücken wird Milan sich im Hinspiel trotzdem gut verkaufen. Tipp: 2:2.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

David Schöngarth

Aufgewachsen mit Grafite, Luca Toni und Co. entfachten Gareth Bale und Mauricio Pochettinos Spurs in David eine Leidenschaft für die Premier League. Interessiert sich für alles, was auf der Insel vor sich geht. Seit 2022 bei 90Plus.


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