Borussia Dortmund hat am Dienstagabend ein Fußballspiel bei Real Madrid verloren. Soweit ist das erst einmal nicht schlimm. Über die Art und Weise wird aber zu reden sein. Teilweise aufgrund der Mannschaft und wie diese verteidigt hat, vor allem aber auch aufgrund Trainer Nuri Sahin.
Dieser sendete nämlich falsche Signale und beging Fehler, die man im Bernabeu nicht machen darf. Hinzu kam, dass er nach dem Spiel im Interview auch noch die falschen Schlüsse zog. Es war ein lehrreicher Abend für den neuen BVB-Coach, der nun selbst darauf angewiesen ist, dass der Lerneffekt schnell einsetzt.
Nuri Sahin: Der Ursprungsplan ging auf
Was muss ein Team machen, um bei Real Madrid zu bestehen, neben der Tatsache, ein wenig Spielglück zu haben? Richtig, mutig sein. In der Regel kann man in Madrid nicht gewinnen, wenn man mauert. Stuttgart zeigte in Ansätzen, wie es geht, hatte aber keine gute Chancenverwertung. Beim BVB sah das in der ersten Halbzeit ein wenig anders aus. Ohne Aurelien Tchouameni auf dem Platz und ohne den im Sommer zurückgetretenen Toni Kroos fehlte im Spiel der Königlichen ein wenig der Rhythmus. Auch, weil es Dortmund alles andere als schlecht machte. Nuri Sahin wollte, dass sein Team zielstrebig nach vorne spielt, Real immer wieder vor Aufgaben stellt.
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Die Konsequenz: Es gab Chancen. Donyell Malen und Jamie Gittens nutzten jeweils eine davon, brachten den BVB mit 2:0 in Führung. Real wirkte behäbig, schaffte es nicht, den Übergang zwischen Abwehr und Angriff herzustellen. Weil Dortmund klug die Räume besetzte, offensiv immer wieder genug Personal hatte, um gut zu pressen. Wenn die Königlichen mal den Ball hatten, verpufften die Angriffe nicht selten ob der Tiefenläufe, denen die Struktur fehlte. Kurzum: Dortmund spielte es gut, Real nicht – und die BVB-Strategie passte gut zu den Problemen der Gastgeber.
Sahin-Wechsel leitet Desaster ein
Auch die Minuten kurz nach der Pause waren alles andere als schlecht. Doch dann beging der Trainer der Dortmunder einen entscheidenden Fehler: Er sicherte ab. Gittens raus, Waldemar Anton rein. 5-4-1. Sich zurückziehen im Bernabeu? Ein Anfängerfehler. Man muss gegen Teams, die eine solche Dominanz ausstrahlen können und so eine hohe individuelle Klasse haben, Entlastung schaffen. Durch eigenen Ballbesitz, durch Tempo in vorderster Front und durch Nadelstiche. Während sich die neu formierte Defensivreihe noch abstimmte, köpfte Antonio Rüdiger zum 1:2 ein. Und das Drama nahm seinen Lauf.

Durch das neue System hatte die Verteidigung von Real plötzlich keinen Druck mehr, konnte die Angriffe in Ruhe aufbauen. Davon profitierte auch das Mittelfeld. Der BVB stand tiefer, wurde aber trotzdem oft in 1-vs.-1-Situationen gedrängt, die man einfach nicht häufig gewinnen konnte. Aus 0:2 wurde 5:2, Sahin hat sich klassisch vercoacht. Der Höhepunkt: Emre Can als Wingback gegen Vinicius Jr, was von Beginn an zum Scheitern verurteilt war und noch schlimmer endete als befürchtet.
Klar, man kann auch sagen, dass die Spieler einen Teil dazu beigetragen haben. Denn schließlich kann man auch anders verteidigen als derart körperlos, wie es Dortmund in vielen Momenten er zweiten Halbzeit getan hat. Und dass Can als Kapitän, gerne einmal fünf Minuten auf dem Platz stehend, beim Vinicius-Tor nur 25 Meter hinter diesem hersprintet und danach in den gelangweilten Trab schaltet, ist auch eine Frechheit, aber den Ausgangsfehler machte der Trainer.
Sahin erkennt seinen Fehler nicht einmal
Interessant war dann natürlich das Interview nach dem Spiel. Christoph Kramer, Experte bei Prime Video, teilte vorher bereits mit, dass man so nicht spielen könne, wenn eine Naturgewalt auf der anderen Seite darauf wartet, in irgendeiner Form entfesselt zu werden. „Der Schlüssel in Partien gegen große Gegner mit einer 2:0-Führung ist nicht, sich hinten reinzustellen. Der Schlüssel ist der Ballbesitz. Damit ziehst du einer Top-Mannschaft den Zahn. Der Schlüssel in solchen Spielen ist immer das Spiel mit Ball. Das war nach der Umstellung nicht mehr gut“, analysierte dieser.
Das Problem: Sahin sah das anders. Man habe schlecht verteidigt, es gegen den Ball nicht mehr gut gemacht. „Wir hatten schon vorher besprochen, die Außenbahnen zuzubekommen. Notfalls auch mit einer Umstellung. Wenn man Tore kassiert, dann hat diese Umstellung nicht ideal funktioniert. Ich denke aber nicht, dass das am Systemwechsel lag, sondern daran, dass wir keinen Zugriff bekommen haben“, so der Trainer.
Erinnern wir uns kurz zurück, warum der Zugriff fehlte: Richtig, weil die Abwehr der Königlichen im Aufbau nach der Systemumstellung durch die neue Ordnung keinen Druck mehr bekam. Hier muss eigentlich nur eine simple Rechnung erfolgen, um der Lösung auf der Spur zu sein. Ob ohne die Umstellung ein Sieg oder ein Punkt mitgenommen worden wäre, ist reine Spekulation. Bis zum 1:2 machte Real aber den Eindruck, schlagbar zu sein, das dritte Gegentor für die Königlichen wäre möglich gewesen. Es ist eine verpasste Chance für den BVB und im Umkehrschluss auch ein Problem für Sahin, der jetzt liefern muss. Augsburg und Wolfsburg, beide auswärts, sind die nächsten Gegner.
(Photo by David Ramos/Getty Images)


