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EM 2024 | DFB-Team im K.O.-Modus: Deutschland beweist Geduld und Nervenstärke

30. Juni 2024 | Spotlight | BY Till Gabriel

Deutschland steht im Viertelfinale der EM 2024. Beim wilden 2:0 gegen Dänemark bewies die DFB-Elf wichtige Qualitäten für die K.O.-Phase.

EM 2024: DFB-Elf mit dem nötigen Matchglück

Die deutsche Nationalmannschaft steht nach dem 2:0 über Dänemark im Viertelfinale der EM 2024. Der Sieg im Dortmunder Westfalenstadion war der erste in einem K.O.-Spiel seit acht Jahren. Damals setzte sich die DFB-Elf im Viertelfinale der Europameisterschaft 2016 nach Elfmeterschießen gegen Italien durch.



Die Partie gegen wackere Dänen wurde im Vorfeld von einigen Fragezeichen begleitet. Kann Nico Schlotterbeck Jonathan Tah ersetzen? Bleibt Kai Havertz in der ersten Elf oder startet Niclas Füllkrug? Vor allem aber warf sich die Frage auf, wie das DFB-Team in einem K.O.-Spiel agieren wird, indem der Druck ein ganz anderer ist, als in der Gruppenphase.

Die personellen Kniffe gingen größtenteils auf. Nico Schlotterbeck zeigte neben dem rechtzeitig fit gewordenen Antonio Rüdiger eine ganz starke Leistung und hatte Pech, dass sein frühes Führungstor keine Anerkennung fand. Auch Kai Havertz wusste zu gefallen, einzig die Chancenverwertung in der Schlussphase trübte die umtriebige Vorstellung des Arsenal-Stürmers.

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Auch wenn spielerisch nicht immer alles glückte, bewies die Nationalelf zwei Qualitäten, die in der entscheidenden Phase eines Turniers von enormer Bedeutung sind: Geduld und Nervenstärke. Nach dem verdienten, aber nicht immer brillanten Sieg lässt sich festhalten: Deutschland ist im K.O-Modus – und kann auf Unannehmlichkeiten reagieren.

Nach ganz starken ersten 20 Minuten, die Bundestrainer Julian Nagelsmann als „die besten im Turnier bezeichnete“, kam Dänemark besser ins Spiel, vor den Toren passierte insgesamt jedoch weniger als in der Anfangsphase. „Man merkt der Mannschaft an, dass sie manchmal Dinge erzwingen will. Wir legen uns den Gegner nicht lange genug zurecht“, erklärte Nagelsmann die kleine Schwächephase.

Der Pechvogel des Abends: Dänemarks Joachim Andersen. (Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Nach einer knapp zwanzigminütigen Unwetter-Unterbrechung war zu befürchten, dass dem ballbesitzorientierten deutschen Spiel die Pause eher den Stecker hätte ziehen können, als dem kämpferischen Ansatz der Skandinavier. Doch nach Wiederbeginn bekam Deutschland den Fuß wieder aufs Gaspedal und riss das Spiel an sich. Dabei musste man sich jedoch in Geduld üben, da die Effektivität vor dem Tor fehlte und aussichtsreiche Situationen nicht immer mit der letzten Konsequenz ausgespielt wurden.

Doch die Nationalelf ließ sich nicht beirren und zog ihr Spiel, das mit dem bemühten, aber oft glücklosen Leroy Sané ein anderes war als zuvor mit Florian Wirtz, konsequent durch. „So ein Spiel mit Widerständen zu gewinnen, als Favorit, das macht mich stolz“, kommentierte der Bundestrainer.

Das brustlösende 1:0 stand sinnbildlich für einen Fußballabend, an dem die Nagelsmann-Elf widrigen Bedingungen trotzen musste, diese knifflige Aufgabe aber – auch mit dem nötigen Matchglück – meisterte. Zunächst lag der Ball im deutschen Tor, doch unmittelbar vor dem Treffer von Joachim Andersen hatte ein Däne im Abseits gestanden.

Deckel drauf: Jamal Musiala feiert sein 2:0. (Photo by KENZO TRIBOUILLARD/AFP via Getty Images)

Eine ganz knappe Entscheidung. Hätte der frühere Dortmunder Thomas Delanay in seinem alten Wohnzimmer eine Schuhgröße kleiner ausgewählt, wären seine Farben wohl in Führung gegangen. Wenige Sekunden nachdem der Treffer annulliert wurde, hatte Deutschland auf der anderen Seite Glück, dass Pechvogel Andersen der Ball an die Hand flog. Havertz, der Nagelsmanns Entscheidung, ihn von Beginn an zu bringen, über weite Strecken rechtfertigte, verwandelte den fälligen Strafstoß souverän.

Als Jamal Musiala wenig später das zweite Tor nachlegte, war der Widerstand von „Danish Dynamite“ größtenteils gebrochen. Zwar kam das Team von Kasper Hjulmand noch zu der ein oder anderen gefährlichen Aktion, doch auch das DFB-Team hatte zahlreiche Gelegenheiten, das Ergebnis deutlicher zu gestalten. Das vermeintliche 3:0 des eingewechselten Leverkuseners Wirtz fand keine Anerkennung.

Deutschland bei der EM 2024: Viel Gutes, doch eine Frage bleibt

Nach vier Spielen bei der EM 2024 ist klar zu erkennen, dass die Mannschaft immer weiter zusammenwächst und sich neben den nie infrage gestellten spielerischen Qualitäten auch mental schnell weiterentwickelt. Allerdings steht der Lackmustest gegen einen ganz großen Gegner weiterhin aus. Bisher ist die deutsche Auswahl in jedes Spiel als klarer Favorit gegangen.

Gelingt Georgien am Sonntag gegen Spanien nicht die große Sensation, dürfte sich das am Freitag in der Runde der letzten Acht ändern. Die Iberer sind bisher die stärkste Mannschaft des Turniers und würden selbst gegen die mittlerweile gefestigt wirkende DFB-Elf als Favorit ins Spiel gehen.

Es wird spannend zu sehen, wie sich die Mannschaft gegen ein Weltklasseteam wie Spanien schlagen wird. Dass man bereits bewiesen hat, Widrigkeiten überstehen zu können, ist vor diesem Hintergrund ein echtes Faustpfand, auch für den Kopf. „Ich hoffe, dass wir die alte Festplatte gelöscht kriegen und verstehen, wie gut wir sind“, fasste Nagelsmann zusammen.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)


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