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EM 2024: Die Schlüsselduelle im Endspiel zwischen Spanien und England

14. Juli 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spanien und England absolvieren am Sonntagabend im Berliner Olympiastadion das Endspiel der EM 2024. Die Spanier sind aufgrund ihrer spielerischen Klasse favorisiert, die Three Lions aber keineswegs chancenlos. Denn sie fanden bisher immer eine Antwort, auch in den schwächeren Spielen. 

EM 2024: Die Ausgangslage vor dem Endspiel

Spanien gegen England: So lautet das Endspiel der EM 2024 in Deutschland. Zwei Teams, die von Anfang an zu den Kandidaten auf den Titel zählten, stehen sich also gegenüber. Aber mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Iberer waren spielerisch mit Abstand das beste Team des Turniers. Ballbesitzfußball, schnelle Tempowechsel, eine gute Grundstruktur, das zeichnete die spanische Auswahl aus. Kein Wunder, dass jedes Spiel außer das gegen die DFB-Elf in 90 Minuten entschieden wurde. Das Selbstvertrauen ist groß, die Brust ist breit, die Serie an ungeschlagenen Spielen lang.



Die englische Auswahl mogelte sich hingegen durch das Turnier. Ein Sieg in der Gruppenphase, Verlängerung gegen die Slowakei, sogar das Elfmeterschießen gegen die Schweiz: Überzeugend klingt das alles nicht. Auch gegen die Niederlande im Halbfinale traf man kurz vor dem Ende zum entscheidenden 2:1. Fußballerisch ist Luft nach oben, die Balance stimmt nicht immer. Und doch stehen die Three Lions im Endspiel. Und haben kurz vor diesem ihr bestes Turnierspiel gemacht. Kann daran angeknüpft werden?

In Sachen Ausrichtung und Formation wird es keine Überraschungen geben, das dürfte sicher sein. Spanien spielt schon seit geraumer Zeit mit einer 4-3-3-Struktur, in der Dani Olmo nach der Pedri-Verletzung einen etwas offensiveren Part spielt. Die Grenzen zum 4-2-3-1 sind fließend, Fabian Ruiz agiert aber generell etwas weiter vorne als der Anker im Mittelfeld, Rodri. England hat seine Formation hingegen erst im Turnierverlauf gefunden. Mit der Viererkette lief es nicht so gut, seitdem Kobbie Mainoo aber im Mittelfeld neben Declan Rice spielt und eine flexible Dreierkette mit Kyle Walker, Marc Guehi und John Stones aufgeboten wurde, sieht das Spiel der Southgate-Elf besser aus.

Die Schlüsselduelle im EM-Endspiel

Beide Trainer wissen also, worauf der Gegner Wert legt. Und dennoch ist es bei dieser hohen Qualität schwer, sich vollends darauf einzustellen. Schlüsselduelle auf dem Feld, die maßgeblich über die Spielrichtung entscheiden, wird es aber definitiv geben. Ein elementares ist dabei das von Dani Carvajal oder Marc Cucurella gegen Bukayo Saka. Der Arsenal-Profi wird entweder als linker oder als rechter Wingback auflaufen und ist einer der besten Offensivspieler der Welt, im 1-gegen-1 kaum zu verteidigen. Zusätzlich zu seinen Qualitäten im Dribbling verfügt er auch noch über eine herausragende Übersicht und Technik, kann Angriffe selbst initiieren, aber auch den Abschluss suchen.

Saka England EM 2024

(Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Es geht für die Spanier also darum, Saka einerseits wenig Freiraum zu geben, ihn andererseits aber auch defensiv zu binden. Heißt: Der gegen ihn spielende Außenverteidiger muss sich immer wieder nach vorne orientieren, auch damit Saka in der Defensive Unterstützung benötigt. Spaniens Ausrichtung mit zwei Spielern auf der äußeren Bahn pro Seite kann den Iberern dabei enorm weiterhelfen.

Wichtig wird auch das direkte Duell zwischen Fabian Ruiz und Kobbie Mainoo. Natürlich sind Rodri und Declan Rice die individuellen Schlüsselspieler, aber beide haben einen Spieler vor sich, der als Bindeglied dient. Fabian Ruiz interpretiert das in diesem Turnier mit hervorragenden Laufwegen und Pässen, ist immer anspielbar und schaltet sich in die Offensive mit ein. Kobbie Mainoo ist eher ein Spieler, der über die Dynamik kommt, dabei aber nicht minder wichtig ist. Beide werden versuchen müssen, gegen den Ball dem jeweiligen Gegenüber so gut es geht auf den Füßen zu stehen und sich den Gegner im eigenen Ballbesitz bestmöglich fernzuhalten. Wer mehr Freiheiten erhält, kann dem Spiel der eigenen Mannschaft mehr geben.

Abwehrreihen unter besonderer Beobachtung

Zu guter Letzt wird es auch enorm auf die beiden Abwehrreihen ankommen. Klar, das ist nur bedingt ein „direktes“ Duell, aber die Konstellation ist so spannend, dass es lohnt, sich diese genauer anzusehen. Spanien spielt mit einer Viererkette, das heißt, dass zwei Spieler das Zentrum abdecken. Nun ist die „neue“ Formation der Engländer mit hochstehenden Wingbacks aber so gestaltet, dass Phil Foden und Jude Bellingham sich eher in den Halbräumen bewegen. Heißt: Schieben die Außenverteidiger der Spanier mehr in das Zentrum, öffnen sie Räume für Saka und Trippier. Bleiben sie außen, kann England im Zentrum schnell eine Gleichzahlsituation herstellen und es gibt vermehrt direkte Duelle. Zudem zieht Bellingham gerne in den Strafraum, Foden würde dann im 10er-Raum von Rodri bewacht und der dynamische Mainoo könnte die Offensive zusätzlich unterstützen.

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Hier muss Spanien also extrem wachsam sein, die Übergaben müssen stimmen und es dürfen keine zu großen Räume geöffnet werden. Auf der anderen Seite steht die Abwehrreihe ebenso im Fokus, nur unter anderen Voraussetzungen. England spielt mit einer Dreierkette, Spanien mit zwei Flügelspielern, Nico Williams und Lamine Yamal, die das Spiel breit machen. Die Wingback-Konstellation ist hier besonders spannend, denn wenn diese in der Defensive die Wege mit Nico und Yamal mitgehen, entstehen Räume für die spanischen Außenverteidiger. Konzentrieren sich die englischen Wingbacks eher auf diese, muss die Dreierkette enorm breit stehen, was zu Lücken in den Zwischenräumen führen könnte.

Zumal dann Dani Olmo, der zuletzt überragend war, eine noch größere Rolle spielen könnte, wenn er im Zehnerraum seine Freiheiten bekommt. Auf beiden Seiten wird es nicht die eine Lösung geben, die 90 Minuten (+X) durchgezogen wird. Vieles wird situativ entschieden. Wie ist die Dynamik des Angriffs? Wo entstehen Gefahrenherde? Daran müssen sich beide Defensivreihen orientieren.

Diese Schlüsselduelle werden einen Anteil daran haben, welches Team sein Spiel besser durchziehen kann. Doch selbst wenn sich beide hier weitgehend neutralisieren, spielt noch die Komponente der individuellen Klasse eine Rolle. Und dort haben beide Teams noch einmal ganz besondere Waffen im Kader.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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