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EM 2024 | Portugal gegen Frankreich: Kommen die Maschinen ins Rollen?

5. Juli 2024 | Spotlight | BY Till Gabriel

Im zweiten Viertelfinale der EM 2024 treffen am Freitag mit Portugal und Frankreich zwei Titelfavoriten aufeinander, die ihren Rhythmus noch nicht gefunden haben. Bisher reichte beiden ihre individuelle Klasse.

EM 2024: Frankreichs Trumpf ist die Defensive

Wenn sich im Viertelfinale der EM 2024 Frankreich und Portugal gegenüberstehen, treffen nominell zwei Titelkandidaten aufeinander. Kylian Mbappé, Antoine Griezmann und Theo Hernandez auf der einen, Cristiano Ronaldo, Bernardo Silva und Ruben Dias auf der anderen Seite. Doch bisher stockt bei beiden Starensembles der Motor.



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Gerade einmal drei Tore erzielten “Les Bleus” im bisherigen Turnierverlauf, wobei “erzielt” dabei nur bedingt zutrifft. Die Erfolgserlebnisse der Franzosen verteilen sich bisher auf zwei Eigentore und einen verwandelten Elfmeter. Es fehlt im letzten Drittel zu häufig an kreativen Lösungen – und das mit einer Offensive, die neben Mbappé und Griezmann in der Regel aus Inter-Stürmer Marcus Thuram und PSG-Flügelflitzer Ousmane Dembélé besteht.

Doch das Team von Didier Deschamps macht viel zu wenig aus seinen schier unendlichen Möglichkeiten. Im Angriff fehlt ein klares Konzept, wie schon bei den vergangenen Turnieren soll es die individuelle Klasse schon richten. Das tut sie bisher allerdings nicht, auch weil die Chancenverwertung nahezu desaströs ist.

Auch Mbappé ist noch nicht so recht im Turnier angekommen. Ein Tor per Elfmeter, eine gebrochene Nase lautet die ausbaufähige Bilanz des Superstars, der seit dem 1. Juli offiziell bei Real Madrid unter Vertrag steht. Dort, wo einst sein großes Idol Cristiano Ronaldo seine besten Jahre erlebte. “Er ist die Gegenwart und die Zukunft des Weltfußballs”, sagte CR7 über seinen Nachfolger bei den Blancos. Die Gegenwart der EM 2024 ist Mbappé bisher nicht.

Prunkstück Defensive: Dayot Upamecano, Mike Maignan und William Saliba. (Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Dass es die die Équipe Tricolore dennoch bis ins Viertelfinale geschafft hat, liegt vor allem an der gut organisieren Defensive. Keeper Mike Maignan ist ein sicherer Rückhalt und musste mit dem umstrittenen Lewandowksi-Elfmeter nur ein Gegentor hinnehmen. Theo Hernandez war als Linksverteidiger gegen Belgien einer der Besten, zudem schafft es Innenverteidiger William Saliba erstmals, seine Leistungen bei Arsenal ins Nationaldress mitzunehmen. “Wir tun alles, was wir können, um kein Tor zu kassieren”, bestätigte Trainer Deschamps, dass die Hintermannschaft derzeit das Prunkstück des Weltmeisters von 2018 ist.

Im Mittelfeld erlebt derweil N’Golo Kanté seinen zweiten Frühling. Nach Verletzungen, Formschwäche und dem Wechsel ins fußballerische Nirwana Saudi-Arabien war der 33-Jährige eigentlich schon von der Bildfläche verschwunden, ehe ihn Deschamps zur EM 2024 wieder ins Aufgebot holte. Ein Kniff, der sich bisher voll auszahlt.

Portugal: Inkonstanz und die Ronaldo-Frage

Auf alternde Stars baut auch Gegner Portugal. Doch anders als bei Kanté werfen Pepe (41) und Cristiano Ronaldo (39) Fragen auf, ob sie dem Team in ihrer aktuellen Verfassung als Stammspieler überhaupt weiterhelfen. Im Achtelfinale gegen Slowenien wirkten beide indisponiert. Ronaldo scheiterte in der Verlängerung vom Punkt und vergab mehrere Chancen, während Pepe mit einem haarsträubenden Fehlpass in die Füße von Benjamin Sesko beinahe für das vorzeitige Aus gesorgt hätte.

Die Routiniers sollen es richten: Pepe und Ronaldo sind weiter gesetzt. (Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Doch auch Portugal verfügt über einen Kader, der auf jeder Position Weltklasse vorweisen kann. Allen voran das Premier-League-Trio aus Ruben Dias, Bernardo Silva und Bruno Fernandes ist im Spiel unter Trainer Roberto Martinez von zentraler Bedeutung. Dazu kommen mit Vitinha und Rafael Leao zwei junge Spieler, die sich mittlerweile fest in der ersten Elf etabliert haben.

Im Turnierverlauf fehlte es der Selecao bisher vor allem an der Konstanz. Einem mäßigen Auftritt beim verdienten Sieg gegen Tschechien folgte eine Klasseleistung beim 3:0 gegen die Türkei, ehe man sich gegen Georgien blamierte. In der Runde der letzten 16 wurde Torhüter Diogo Costa mit drei gehaltenen Elfmetern zum Helden.

Auch wenn bei beiden Nationen bisher vieles nur Stückwerk ist, zählen sie weiterhin zu den Titelfavoriten. Frankreich geht leicht favorisiert in die Partie, da Deschamps gerade in der Breite über den stärkeren Kader als sein Gegenüber Martinez verfügt. Kommt die Offensivabteilung des Weltmeisters von 2018 in Fahrt, dürfte die nicht immer sattelfeste Hintermannschaft der Portugiesen große Probleme bekommen.

Schafft es der Europameister von 2016 dagegen, sich von der Fixierung auf Ronaldo zu lösen und offensiv variabler zu agieren, können die Iberer jeden Gegner schlagen. In einem organischen, nicht zwanghaft auf ihn ausgerichteten System dürfte auch der Altstar besser zur Entfaltung kommen – und seinem designierten Nachfolger vielleicht nochmal ein Schnippchen schlagen.

(Photo by OZAN KOSE/INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)


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