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Countdown zur EM 2024: Die größten Spiele der Turniergeschichte

5. Juni 2024 | Spotlight | BY Till Gabriel

64 Jahre EM-Geschichte haben schon das ein oder andere ganz besondere Spiel bereitgehalten. Neun Tage vor dem Start der EM 2024 blicken wir auf drei der größten Spiele zurück.

EM 2024: Weitere Spiele für die Ewigkeit?

Die 17. Europameisterschaft steht vor der Tür. Auch das Turnier in Deutschland dürfte wieder einige Spiele für die Ewigkeit für uns bereithalten. Bevor die EM 2024 in etwas mehr als einer Woche beginnt, werfen wir einen Blick in den Rückspiegel und schauen zurück auf drei legendäre Partien.



Hier erfahrt ihr alles rund um die EM 2024 in Deutschland

EM 1996: Der goldene Bierhoff

„Three Lions“, der Song der Euro 1996 in England, ist zu einem wahren Klassiker geworden. Das gilt auch für das Finale. Im Wembley Stadium standen sich Deutschland und Tschechien gegenüber. Die DFB-Auswahl hatte zuvor den Gastgeber nach Elfmeterschießen aus dem Turnier geworfen, auch die Tschechen mussten über die volle Distanz gehen und bezwangen Frankreich im Nervenduell vom Punkt.

So kam es im Finale bereits zum zweiten Aufeinandertreffen der beiden Nachbarländer. In der Vorrunde hatte Deutschland problemlos 2:0 gewonnen, doch Bundestrainer Berti Vogts musste wegen Verletzungen und Sperren auf mehrere Stammkräfte verzichten. Der Weltmeister von 1974 nominierte sogar noch Jens Todt extra für das Endspiel nach und besorgte Feldspielertrikots für die Ersatztorhüter.

Es wurde das erwartet schwere Spiel. Nach einer ereignisarmen ersten Halbzeit bekamen die Tschechen im zweiten Durchgang einen umstrittenen Elfmeter zugesprochen, den Patrik Berger zur Führung versenkte (59.). Doch Vogts bewies ein glückliches Händchen, als er wenig später Oliver Bierhoff einwechselte, der zum 1:1 einköpfte und die DFB-Elf in die Verlängerung rettete (73.).

Oliver Bierhoff verewigt sich mit seinem Golden Goal in der EM-Historie. (BORIS HORVAT/AFP via Getty Images)

Dann wurde es historisch. In der fünften Minute der Verlängerung kam Bierhoff an der Sechzehnerkante an den Ball und bugsierte das Leder in Richtung Tor. Der nicht sonderlich stramme, aber leicht abgefälschte Schuss rutschte Schlussmann Peter Kouba durch die Finger und trudelte ins Netz. Das erste Golden Goal überhaupt im Herrenfußball sorgte gleich für die Krönung. Deutschland war zum dritten und bisher letzten Mal Europameister.

Vier Jahre später tat es David Trezeguet Bierhoff gleich und sicherte Frankreich per Golden Goal den EM-Titel. Wenig später verschwand die Regel wieder in der Mottenkiste, auch der Nachfolger, das Silver Goal, hielt sich nur bis zur Euro 2004.

EM 2012: Der glanzvolle Schlusspunkt der Spanien-Ära

Selten war die Favoritenrolle vor einer Europameisterschaft so klar verteilt wie vor der EM 2012 in Polen und der Ukraine. Die spanische Nationalmannschaft ging als amtierender Welt- und Europameister ins Turnier und marschierte souverän bis ins Halbfinale. Dort musste das Team von Vicente del Bosque ins Elfmeterschießen, setzte sich aber letztendlich gegen Portugal durch.

Im Finale traf die Selección auf Italien, das im Halbfinale dank eines Balotelli-Doppelpacks Deutschland ausgeschaltet hatte. Bereits in der Gruppenphase standen sich die beiden großen Fußballnationen gegenüber, trennten sich 1:1. Davon war das Endspiel in Kiew weit entfernt. Das 4:0 war eine Machtdemonstration der zu dem Zeitpunkt besten Mannschaft der Welt und ist bis heute der höchste Sieg in einem EM-Finale.

Es war die große Phase des spanischen Fußballs und die große Zeit der „Falschen Neun“. Mit Andrés Iniesta, Xavi, Xabi Alonso, Sergio Busquets, Cesc Fabregas und David Silva bot del Bosque gleich sechs Weltklasse-Mittelfeldspieler auf, die mit ihrem Tiki-Taka jeden Gegner zur Verzweiflung brachten.

Im Endspiel traf David Silva schon nach 14 Minuten für „La Furia Roja“, Linksverteidiger Jordi Alba erhöhte kurz vor der Pause. In der Schlussphase legten die eingewechselten Fernando Torres und Juan Mata – solche Spieler waren damals in Spanien nur zweite Wahl – das dritte und vierte Tor nach.

Spanien wurde durch das Spektakel in Kiew zur ersten Nation, die es schaffte, den Henri-Delaunay-Pokal zweimal in Folge zu gewinnen. Bei der EM 2024 werden sich die Italiener an der Titelverteidigung versuchen, ihnen werden jedoch höchstens Außenseiterchance zugerechnet. Die spanische Dominanz endete nach der EM jäh, 2014 war die Weltmeisterschaft in Brasilien schon nach der Vorrunde beendet.

Spanien verteidigt 2012 als erstes Land den EM-Titel. (Photo by Martin Rose/Getty Images)

EM 1960: Das torreichste Spiel der EM-Historie war das erste

Was wäre eine Aufzählung der größten EM-Spiele ohne das torreichste? Beim ersten Kontinentalturnier überhaupt, der EM 1960 standen sich Jugoslawien und Frankreich im Halbfinale gegenüber. Wobei zur Einordnung erwähnt sei, dass die erste Endrunde der Europameisterschaft ein Mini-Turnier war. Bis zum Viertelfinale lief die Qualifikation, nur die vier Halbfinalisten trafen sich in Frankreich zur Endrunde.

Auch an der Qualifikation hatten nur 17 Länder teilgenommen, große Verbände wie der DFB lehnten ab. Bundestrainer Sepp Herberger wollte die Zeit zwischen Weltmeisterschaften „nicht verschenken“. Heute undenkbar, damals Realität und so war das erste Spiel der Turniergeschichte gleich ein Halbfinale – und sollte gleich das torreichste EM-Duell aller Zeiten werden.

Die Franzosen gingen als Gastgeber und Favorit ins Spiel, das erste Tor der EM-Geschichte erzielte jedoch Jugoslawiens Milan Galic nach elf Minuten. Die Hausherren antworteten prompt durch Jean Vincent und drehten den frühen Rückstand dank weiterer Treffer von François Heutte und Maryan Wisnieski in einen vermeintlich komfortablen Vorsprung um.

Doch die Gäste aus dem Balkan gaben sich nicht so leicht geschlagen. Ante Zanetics Anschlusstreffer konterte Frankreich-Stürmer Heutte zwar postwendend mit dem 4:2, doch dann kamen die großen drei Minuten der Jugoslawen. Tomislav Knez brachte seine Farben mit dem 3:4 wieder ran, ehe Drazan Jerkovic nur 120 Sekunden später ausglich. In der 78. Spielminute schwang sich Jerkovic endgültig zum Helden auf und schoss Jugoslawien ins erste EM-Finale.

Dort unterlag man jedoch der Sowjetunion, die sich, angeführt von Torhüter-Legende Lev Yashin, den Pott sicherte. Zum Endspiel fanden gerade einmal 18.000 Zuschauer den Weg in den Pariser Prinzenpark, zu groß war die Enttäuschung unter den Franzosen nach dem spektakulären Halbfinalaus.

Drei Spiele reichen nicht aus: Welche Geschichten hält die EM 2024 bereit?

Natürlich sind mit drei Partien nicht annähernd alle legendären Europameisterschaftsspiele abgearbeitet. Dafür hat dieser Wettbewerb schon zu viele Geschichten geschrieben. Man denke nur an Griechenlands sensationellen Triumph in Portugal 2004 oder den spektakulären Turnierverlauf der Türkei in Österreich und der Schweiz, als erst Philipp Lahm die Mannschaft von Fatih Terim stoppte.

Auch aus deutscher Sicht gab es unzählige Sternstunden und Tiefpunkte. 1976 rettete Debütant Dieter Müller mit einem Dreierpack den Finaleinzug, im Endspiel schoss Uli Hoeneß den Ball in den Belgrader Nachthimmel. Unvergessen außerdem der Sensationstitel der Dänen, die 1992 eigentlich gar nicht qualifiziert waren und als Nachrücker für Jugoslawien plötzlich Europameister wurden. Wir dürfen gespannt sein, welche Geschichten die EM 2024 für uns bereithält.

(Photo by Henri Szwarc/Bongarts/Getty Images)


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