Nach der Auftaktparty gegen Schottland bekommt es die DFB-Elf am heutigen Abend mit Ungarn zu tun. Der Gegner ist ein altbekannter, enttäuschte in der ersten Partie allerdings auf ganzer Linie. Unsere Vorschau zum zweiten Gruppenspiel der deutschen Mannschaft.
Ungarn: DFB-Angstgegner unter Druck
Nach dem mehr als geglückten EM-Start gegen Schottland steht der deutschen Fußball-Nationalmannschaft heute Abend ihre zweite Bewährungsprobe bevor. Gegner Ungarn steht nach der enttäuschenden 1:3-Auftaktpleite gegen die Schweiz bereits unter großem Druck, mauserte sich in den vergangenen Jahren allerdings zu einem waschechten Angstgegner für die DFB-Elf.
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Seit drei Spielen wartet Deutschland auf einen Sieg über die Magyaren, die das letzte Aufeinandertreffen in der Nations League sogar mit 1:0 gewannen. Doch die Vorzeichen vor der aktuellen Begegnung sind grundlegend andere. Schafft es die Mannschaft von Julian Nagelsmann also die Sieglosserie gegen „Nemzeti Tizenegy“ zu beenden?
Deutschland auf Schlüsselsuche für das ungarische Schloss
Angefangen hat der deutsche „Ungarn-Fluch“ bei der Corona-Europameisterschaft 2021. Im letzten Gruppenspiel brauchte die DFB-Elf einen Punkt, um den Einzug ins Achtelfinale perfekt zu machen. Mit viel Mühe und noch mehr Not sicherte ein später Ausgleichstreffer von Leon Goretzka der Löw-Elf eben jenen Punkt.
Ziemlich genau ein Jahr später kam es in der Nations League zur nächsten Begegnung. Wieder kam der viermalige Weltmeister nicht über eine Punkteteilung hinaus. Knapp drei Monate später folgte dann der negative Höhepunkt der Ungarn-Trilogie. Vor heimischer Kulisse in Leipzig unterlag die mittlerweile von Hansi Flick trainierte Mannschaft mit 0:1.

Die Pleite war absolut verdient, die anschließenden Reaktionen dementsprechend drastisch. Jonas Hofmann bezeichnete die erste Halbzeit als „richtig scheiße“, Joshua Kimmich haderte über das „viel zu langsame“ Passspiel. Flick monierte nach der Partie vor allem, dass „die Räume nicht gut genug besetzt waren“.
Die Ungarn waren in den vergangenen Duellen genau das, was der deutschen Nationalmannschaft in den letzten Jahren mal so überhaupt nicht gelegen hat: Ein kompakter, tiefstehender Gegner, der sein offensives Heil in gelegentlichen Umschaltsituationen sucht. Die drei sieglosen Spiele sind daher alles andere als ein Zufall, sondern folgen einem klar erkennbaren Muster. Ein Muster, das die DFB-Elf unter Julian Nagelsmann durchbrechen konnte?
Ungarn mit lobenden Worten für die DFB-Elf
Aus der Mannschaft, die im September 2022 gegen „Magyarok“ unterlag, sind mit Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan nur noch drei Spieler übrig. Nagelsmann hat den dreimaligen Europameister seit seinem Amtsantritt einmal auf links gedreht und zahlreiche neue Akteure in die Stammformation beordert. Mit Toni Kroos feierte außerdem ein Spieler sein Comeback, der prädestiniert dazu ist, tiefstehende Abwehrketten in aller Seelenruhe auseinander zu spielen.
Tat sich die deutsche Mannschaft in den Testspielen gegen die „kleineren“ Gegner Ukraine und Griechenland noch schwerer, platzte im Eröffnungsspiel gegen Schottland der Knoten. Gegen den Defensivblock der „Bravehearts“ fand die Nagelsmann-Elf kreative Lösungen und riss durch eine gelungene Raumaufteilung und clever getimte Tiefenläufe immer wieder Lücken in den gegnerischen Abwehrverbund. Der Bundestrainer hat seinen Schützlingen neue taktische Abläufe an die Hand gegeben und scheint genau die Akteure gefunden zu haben, die gut zu seiner Spielidee und vor allem gut zueinander passen.

Auch der heutige Gegner hat nur positive Worte für die deutsche Mannschaft und vor allem deren Trainer Julian Nagelsmann übrig. „Julian ist ein hochintelligenter Mensch und Trainer. Die Kadernominierung zeigt seinen klaren Plan. Taktisch hat er viel drauf und er hat schnell die richtigen Schlüsse gezogen. Seit März sieht man, wie gut Julian alles mit seinem Trainerteam analysiert hat“, sagte Willi Orban dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Auch Torwart Peter Gulacsi bringt dem DFB-Team eine Menge Respekt entgegen. „Julian hat eine sehr gute Mannschaft beisammen. Ich sage immer, wenn man die individuelle Qualität der Deutschen anschaut und dann noch mit einem Top-Trainer an der Spitze, dann sind sie absoluter Titelfavorit“, erklärte Gulacsi gegenüber der Magdeburger Volksstimme.
Der Respekt ist groß
Die ungarische Mannschaft befindet sich nach der Auftaktniederlage gegen die Schweiz bereits unter Druck und ist gegen den Gastgeber fast schon zum Punkten verdammt. Gegen die Eidgenossen ließen die Magyaren eben jene Fähigkeiten vermissen, die sie in den letzten Jahren so unangenehm gemacht hatten. Vor allem in der ersten Halbzeit agierte die Defensive alles andere als Kompakt und ließ den Schweizer Offensivakteuren deutlich zu viel Raum. Im zweiten Durchgang steigerte sich die Truppe des italienischen Trainers Marco Rossi, doch die Pleite war letztlich völlig verdient.
Das Schweiz-Spiel hat den Glauben an die eigenen Stärken jedoch keineswegs erschüttert. „Wir glauben an unsere Stärke. Wir können ganz gut verteidigen, wir haben Teamgeist, sind taktisch sehr diszipliniert und haben jetzt auch individuelle Qualität. Also ja, Underdogs sind wir keine“, machte Gulacsi klar. Innenverteidiger Orban ergänzte: „Dank der letzten Ergebnisse gehen wir mit breiter Brust ins Spiel. Wenn wir ans Leistungsmaximum kommen, haben wir eine große Chance. Wir haben häufiger Favoriten geärgert, gegen die Deutschen gelang es uns tatsächlich besonders gut“, so der Leipziger.
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Nagelsmann blickt der bevorstehenden Aufgabe mit großem Respekt entgegen. „Das ist ein sehr eingespielter Haufen, der es sehr gut und geschlossen macht. Ich habe einige Spieler aus Ungarn trainiert, ich weiß, was die können“, erklärte der Bundestrainer auf der abschließenden Pressekonferenz. Mittelfeldmotor Toni Kroos betonte zudem, dass nun „ein deutlich schwereres Spiel vor unserer Brust ist.“
Die Ungarn sind, auch angesichts der letzten Resultate, keineswegs zu unterschätzen. Die Osteuropäer fuhren in den vergangenen Jahren konstant gute Ergebnisse ein und gehören zu den unangenehmsten Gegnern auf dem europäischen Kontinent. Die deutsche Mannschaft ist also gewarnt. Um den „Ungarn-Fluch“ endlich brechen zu können, bedarf es mindestens mal einer ähnlich konzentrierten Leistung wie gegen Schottland.
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)