Spotlight

Zehn Talente aus der Championship, die die Topligen im Sturm erobern können

10. Januar 2021 | Spotlight | BY Lukas Heigl

Spotlight | Die Championship, also die zweite englische Liga, wurde in den letzten Jahren qualitativ immer stärker und stärker. Inzwischen ist sie wohl eine der zehn stärksten Ligen in Europa. Und auch der Talentepool wird immer größer.

Das bleibt nicht nur den Mannschaften der Premier League nicht verborgen, auch im Ausland streckt man seine Fühler immer mehr nach Talenten aus Englands zweithöchster Spielklasse aus. So verpflichtete Borussia Dortmund im Sommer Jude Bellingham (17) für über 20 Millionen Euro, Danny Loader (19) schloss sich dem FC Porto an. Für den kommenden Sommer steht Omar Richards (22) beim FC Bayern auf dem Zettel, Michael Olise (19) wird unter anderem mit Dortmund in Verbindung gebracht. Zehn weitere Talente, die die Championship zeitnah verlassen und in den besten Ligen Europas für Furore sorgen könnten, wollen wir euch nachfolgend etwas vorstellen:

Jason Knight (19, Zentraler Mittelfeldspieler, Derby County)

Knight ist ein extrem vielseitiger Mittelfeldspieler. Der Ire hat in seinen 22 Einsätzen in der Championship für Derby County bereits jede Position gespielt. Sieben Spiele als offensiver Mittelfeldspieler, sieben im zentral defensiven Mittelfeld, fünf auf der rechten Außenbahn und drei auf der linken Seite. Und auf allen Positionen spielt der Ire stark. Inzwischen ist er auch regelmäßig bei der irischen Nationalmannschaft dabei. Bereits drei Länderspiele durfte der in Dublin geborene Knight bestreiten.

(Photo by George Wood/Getty Images)

Seine beste Position ist wohl die des zentralen Mittelfeldspielers. Die größte Stärke des 2017 nach Derby gewechselten Talents ist es, nach Ballgewinnen schnell umzuschalten. Sowohl als Balltreiber als auch als Anspielstation im freien Raum kann Knight hierbei dienen. Auch das defensive Stellungsspiel ist bereits gut ausgebildet, vor allem im Pressing kann er jedem Team helfen. Schwächen hat Knight vor allem aufgrund seiner geringen Größe im Kopfballspiel. Eigene Torgefahr strahlt der Ire noch zu wenig aus, wobei dies in den letzten Wochen deutlich besser geworden ist. Alleine zwei Tore im Dezember sprechen für sich.

Sam McCallum (20, Linker Verteidiger, Coventry City)

McCallum dürfte für die meisten Mannschaften außerhalb Englands bereits jetzt zu teuer sein. Im Januar 2020 legte Norwich City für den gelernten Linksverteidiger nach einem halben Jahr in der dritten englischen Liga bereits über vier Millionen Euro auf den Tisch. Den Rest der abgelaufenen Saison lieh man ihn zurück nach Coventry. Da der Engländer mit dem Team in die zweite Liga aufstieg, verlängerte man die Leihe um ein Jahr, um McCallum weiter ausreichend Spielzeit zu garantieren.

Diese Spielzeit bekommt er in der aktuellen Spielzeit nicht ausschließlich auf seiner angestammten Position. Durch seine Beidfüßigkeit spielte McCallum bereits sechsmal auf der rechten Außenbahn. Seine Stärken hat er hierbei ganz klar im läuferischen Bereich. Im 3-4-2-1 Coventrys deckt der Engländer die jeweilige Außenbahn komplett alleine ab. Offensiv bringt er dabei schon nahezu alles mit, was ein Außenverteidiger braucht. Defensiv muss McCallum noch zulegen. Durch sein Tempo kann er viele Schwächen kaschieren, doch sollte es in den nächsten Jahren in eine Topliga gehen, wird das nicht mehr ausreichen. Vor allem, sollte der Weg McCallums hin zu einem klassischen Linksverteidiger in einer Viererkette gehen.

Bryan Mbeumo (21, Rechter Flügelspieler, Brentford FC)

Der nächste Spieler, der für den Großteil der Erstligisten außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten liegen dürfte ist Mbeumo. Der Franzose kam 2019 für 6,5 Millionen Euro aus der zweiten französischen Liga nach Brentford. Dort schlug er direkt voll ein. 23 Torbeteiligungen in 44 Spielen sprechen für sich. In dieser Saison ist Mbeumo noch nicht auf diesem hohen Niveau, Grund dafür ist vor allem, dass seine beiden kongenialen Partner Ollie Watkins (24) und Said Benrahma (25) für insgesamt knapp 60 Millionen Euro in die Premier League gewechselt sind. An dieser Summe sieht man, wie viel wohl auch bei Mbeumo nötig sein wird, um Brentford von einem Wechsel überzeugen zu können. Vor allem, da der Franzose ja noch deutlich jünger ist als seine beiden Ex-Kollegen.

Spielerisch ist Mbeumo ein klassischer inverser Flügelspieler. Das heißt, er spielt als Linksfuß auf der rechten Außenbahn, zieht ins Zentrum und versucht oft, den eigenen Abschluss zu finden. Technisch und vom Tempo her bringt er alles mit. In seiner Zeit in Frankreich hat Mbeumo auch regelmäßig als Stürmer in einer Doppelspitze gespielt. Doch auf der rechten Seite fühlt er sich deutlich wohler. An seiner Arbeit gegen den Ball muss der Franzose noch arbeiten, im Pressing ist er noch zu oft zu leicht zu überspielen.

Nathan Collins (19, Innenverteidiger, Stoke City)

Der nächste Ire auf der Liste ist Collins. Der Innenverteidiger kam bereits mit 15 Jahren aus seiner Heimat nach Stoke-on-Trent. Nachdem er letzte Saison eher unregelmäßig in die Mannschaft geworfen wurde (und sogar einmal als Kapitän das Team aufs Feld führen durfte), ist Collins in dieser Spielzeit endgültig angekommen in der ersten Mannschaft Stokes. Wäre er nicht zweimal verletzt gewesen, hätte der Ire wohl alle Spiele von Beginn an bestritten.

Collins ist eher ein Spieler alter Bauart. Mit seiner Größe von 1,93 Metern ist eine der größten Stärken des Innenverteidigers das Kopfballspiel. Und nicht nur defensiv, auch offensiv ist die Kopfballgefahr eine echte Waffe. So erzielte Collins bereits zwei Treffer per Kopf. In Sachen Geschwindigkeit und Wendigkeit muss er noch zulegen, auch fußballerisch gehört er nicht zu den besten Innenverteidigern der Liga. Die Anlagen sind jedoch auch hier sehr vielversprechend.

Ben Cabango (20, Innenverteidiger, Swansea City)

Ein weiteres Talent, das bereits Nationalspieler seines Landes ist, ist Cabango. Der Innenverteidiger, der seine komplette Karriere bei Swansea City verbrachte, debütierte im September vergangenen Jahres für die walisische Auswahl. Bei Swansea ist er seit über einem Jahr kaum noch aus der Mannschaft wegzudenken. 40 der letzten 51 Spiele bestritten die Waliser mit Cabango in der Mannschaft.

In den 18 Spielen in dieser Saison, in denen er auf dem Feld stand, kassierten die Swans lediglich neun Treffer. Das zeigt, wo die Stärken Cabangos liegen. Defensiv gibt es wenig, was er noch nicht auf relativ hohem Niveau kann. Dazu ist Cabango durchaus torgefährlich, in dem einen Jahr, das er nun auf Championship-Niveau spielt, erzielte er bereits drei Treffer. Schwächen hat er hingegen vor allem in der Spieleröffnung, gerade der linke Fuß des Rechtsfüßers ist quasi nicht zu gebrauchen.

Ben Wilmot (21, Innenverteidiger, Watford FC)

Ein Spieler, für den nach nur zehn Spielen in der vierten Liga bereits 1,7 Millionen Euro Ablöse fließen, muss ein ganz besonderes Talent sein. Ein solches ist Wilmot. 2018 verpflichtete ihn Watford aus Stevenage. Nach einem halben Jahr im Verein wurde er nach Italien verliehen. Bei Udinese Calcio stand er in der Serie A in jedem Spiel im Kader, für einen damals 19-Jährigen eine beachtliche Leistung. Nach einer Saison bei Swansea City ist Wilmot nun bei Watford angekommen. Er spielt regelmäßig, was bei der erstligaerfahrenen Konkurrenz ein Qualitätsmerkmal ist.

Seine Stärken hat Wilmot ganz klar mit dem Ball. Er besitzt eine hervorragende Spielintelligenz und ein gutes Passspiel. Seine größte Schwäche ist wohl sein Kopfballspiel, doch das sollte er mit der Zeit ausmerzen können. Sollte Watford nicht aufsteigen, dürfte er bereits in diesem Sommer für viele Erstligisten interessant sein. Ein Aufstieg würde seiner Entwicklung wohl noch besser tun, die ersten Schritte in der Premier League in gewohntem Umfeld zu machen kann nie verkehrt sein.

Callum Styles (20, Zentraler Mittelfeldspieler, Barnsley FC)

Wer bei der jüngsten Mannschaft der Championship auf einer nicht gelernten Position herausragt, der muss ein ganz besonderes Talent sein. Genau das tut Styles. Der Engländer ist gelernter Mittelfeldspieler, ist jedoch vielseitig einsetzbar und spielt aktuell als linker Schienenspieler im 3-4-3 von Trainer Valerien Ismael (45). Unter dem Franzosen hat sich Barnsley zu einem Aufstiegsaspiranten entwickelt, und Styles ist ein wichtiger Baustein der Mannschaft. In Sachen Tacklings führt er die Liga an, auch die sonstigen Statistiken lesen sich mehr als ordentlich.

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Sollte der aus der Jugend des Burnley FC stammende Styles in Zukunft wieder im zentralen Mittelfeld auflaufen dürfen, wird er leistungstechnisch nochmals einen deutlichen Sprung machen. Bereits im letzten Sommer hatte der ein oder andere Erstligist seine Fühler ausgestreckt, doch Styles verlängerte seinen Vertrag bis 2023 mit Option auf ein weiteres Jahr. Er selbst sieht seine Zukunft noch mindestens bis 2022 in Barnsley, dann könnte er für nahezu alle Vereine der Topligen Europas interessant sein.

Thomas Holmes (20, Rechtsverteidiger, Reading FC)

Der Reading FC hat aktuell eine der besten Talentschmieden des Landes. Fast die Hälfte der Spieler im Kader kommen aus dem eigenen Nachwuchs. Holmes ist einer davon. Nach den bereits genannten Olise und Richards ist er wohl der talentierteste. Letzte Saison in die dritte belgische Liga verliehen, bekommt der gelernte Innenverteidiger diese Saison vermehrt Spielzeit. Doch nicht auf seiner angestammten Position, sondern als Rechtsverteidiger. Bekommen hat der Engländer die Chance vor allem durch die Verletzungen der beiden etatmäßigen Rechtsverteidiger Andy Yiadom (29). und Felipe Araruna (24).

Geschenkt wurde dem gebürtigen Londoner der Platz allerdings nicht. Kurz vor Ende der Transferphase lieh Reading in Tomas Esteves (18) eines der weltweit größten Talente auf der Rechtsverteidigerposition aus Portugal aus. Doch Holmes hat sich durchgesetzt. Vor allem physisch ist der 1,85 Meter große Holmes eine echte Ausnahmeerscheinung auf der Außenbahn. Da er auch tempomäßig mit den meisten Flügelspielern mithalten kann, lässt Holmes defensiv kaum Wünsche übrig. Offensiv hingegen muss er noch stark an sich arbeiten. Wenn die größte Waffe eines Außenverteidigers seine langen Einwürfe sind, sagt das viel über die Offensivstärke aus.

Loic Mbe Soh (19, Innenverteidiger, Nottingham Forest)

Vor der Saison zahlte Nottingham für den jungen Franzosen fünf Millionen Euro. Gekommen war er aus der Jugendakademie von Paris St. Germain, einer der besten der ganzen Welt. In der ersten Mannschaft kam Mbe Soh insgesamt dreimal zum Einsatz. Viel häufiger ist es bisher bei den Tricky Trees auch noch nicht. Zu roh ist sein Spiel noch, um im Abstiegskampf voll auf ihn setzen zu können. Neben seiner Unerfahrenheit ist es auch die Spielweise des Franzosen, die nicht wirklich zu einem Abstiegskandidaten passt.

Mbe Soh hat seine Stärken ganz klar im Spiel mit dem Ball. Seine Spieleröffnung würden sich die meisten Erstligisten von ihren eigenen Innenverteidigern wünschen. Dass es dennoch nicht für viel Spielzeit reicht zeigt bereits, wie fehlerbehaftet Mbe Son im Defensivspiel sein muss. Körperlich ist er noch lange nicht fertig. Die nötige Größe hat der U-19-Nationalspieler Frankreichs mit 1,87 Metern zwar, doch er lässt sich zu oft von den Stürmern herumschubsen. Dazu kommt ein ungenügendes Stellungsspiel und regelmäßige geistige Aussetzer. Bekommt er dies in den Griff, erwartet Mbe Soh eine große Zukunft.

Adam Idah (19, Stürmer, Norwich City)

Der letzte Spieler auf der Liste ist auch zugleich der dritte Ire. Idah kam vor vier Jahren aus seiner Heimat und machte sich schnell einen Namen als großes Talent. In der letzten Saison durfte er sogar zwölfmal Premier-League-Luft schnuppern. In dieser Saison bremste sich Idah zunächst selbst aus. Am siebten Spieltag holte er sich einen Platzverweis ab. Als er die Strafe abgesessen hatte, bremste ihn eine hartnäckige Knieverletzung aus, die bis jetzt andauert. Somit kommt der Ire erst auf sieben Einsätze. In der Nationalmannschaft läuft es bedeutend besser, bereits fünf Einsätze sammelte der Stürmer seit September.

Die Stärken Idahs liegen vor dem gegnerischen Tor. Dort bleibt er zumeist eiskalt. Trotz seiner Größe von 1,90 Metern zählt das Kopfballspiel (noch) nicht zu den größten Stärken des Iren. Dafür ist er – ebenfalls ungewöhnlich für seine Größe – äußerst beweglich, lässt sich gerne fallen und nimmt viel am Spiel teil. Noch fehlt Idah die richtige Balance, zu oft ist das Sturmzentrum verwaist, doch mit mehr Spielzeit wird er die richtige Mischung schnell finden.

Honorable Mentions:

Da von Erstligisten geliehene Spieler nicht vorgestellt wurden, hier noch einige dieser Spieler, die in den nächsten Jahren sicherlich ebenfalls für Aufsehen sorgen werden:

Marc Guehi (20, Chelsea FC), Oliver Skipp (20, Tottenham Hotspur), Tomas Esteves (18, FC Porto), Harvey Elliott (17, Liverpool FC), Troy Parrott (18, Tottenham Hotspur), James Garner (19, Manchester United), Rodrigo Riquelme (20, Atletico Madrid), Steve Sessegnon (20, Fulham FC), Sheyi Ojo (23, Liverpool FC), Leo Östigard (21, Brighton & Hove Albion), Ryan Giles (20, Wolverhampton Wanderers)

(Photo by Jacques Feeney/Getty Images)

Lukas Heigl

Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert


Ähnliche Artikel