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Bayer Leverkusen trifft auf West Ham United: Das deutsche Kryptonit?

11. April 2024 | Spotlight | BY Philipp Overhoff

Auf der Jagd nach dem Triple trifft Bayer Leverkusen im Viertelfinale der Europa League auf den englischen Vertreter West Ham United. Gelingt es den Hammers, der Werkself die erste Pleite in dieser Saison zuzufügen?

Wisst ihr, welche Mannschaft die erste war, die in dieser Saison die geballte Ladung Leverkusener Spielfreude am eigenen Leib zu spüren bekam? Nein, es war nicht RB Leipzig am ersten Bundesliga-Spieltag. Es war auch nicht der bemitleidenswerte Hamburger Amateur-Klub Teutonia 05 Ottensen, der in der ersten Runde des DFB-Pokals eine saftige 0:8-Rutsche von der Werkself bekam. Es war der aktuelle Europa-League-Viertelfinal-Gegner West Ham United, der am 5. August letzten Jahres von Bayer seine Grenzen aufgezeigt bekam.



Im Rahmen der Saisoneröffnungsfeier empfing der Bundesligasechste des Vorjahres denn frisch gebackenen Conference-League-Sieger aus London in der heimischen Bay Arena. Nur einen Tag zuvor hatte Xabi Alonso seinen Vertrag bis 2026 verlängert, die hochgehandelten Sommer-Neuzugänge wie Granit Xhaka, Jonas Hofmann und Victor Boniface standen allesamt auf dem Platz. Entsprechend gut war die Stimmung in Leverkusen und entsprechend spektakulär verlief auch die Partie. Bayer dominierte West Ham auf allen Ebenen und gewann hochverdient mit 4:0. Ein Ergebnis, mit dem die Hammers sogar noch gut bedient waren.

Ob dieses Testspiel ein tatsächliches Spiegelbild der Qualität beider Teams war, oder doch nur ein zu vernachlässigender Kick von vor acht Monaten, werden die kommenden zwei Wochen zeigen. Gemeinsam mit David Blackmore vom West-Ham-Outlet Blowing Bubbles blicken wir auf das anstehende Viertelfinal-Duell zwischen Bayer Leverkusen und den Hammers.

West Ham zeigt Freiburg die Grenzen auf

Geht es nach Mittelfeldmotor Granit Xhaka, so hat der deutliche Testspiel-Sieg für das Viertelfinale dabei keinerlei Relevanz mehr. „Es wird nicht das West Ham aus der Vorbereitung. Die Aufgabe wird brutal speziell“, sagte der Schweizer auf der gestrigen Abschluss-Pressekonferenz.

(Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Und tatsächlich: Das West Ham United aus dem April 2024 hat mit dem West Ham United aus dem August 2023 nicht mehr allzu viel gemein. Der Klub aus Ost-London machte unter anderem im Europa-League-Achtelfinale von sich reden, als er den SC Freiburg nach einer 0:1-Niederlage im Hinspiel mit 5:0 demontierte und eindrucksvoll in die Runde der besten acht Mannschaften einzog.

„Ich denke, es hilft, dass wir im Laufe der Saison schon insgesamt viermal gegen deutsche Mannschaften gespielt haben, denn so können unsere Spieler besser verstehen, was eine Bundesligamannschaft ausmacht, wie ihre Spieler im Allgemeinen sind und wie hoch die Intensität sein kann“, ordnet David Blackmore den Achtelfinal-Erfolg über die Breisgauer ein. Der West-Ham-Experte ergänzte aber auch, dass Leverkusen „ein ganz anderes Kaliber“ als Freiburg sei.

Eine erfolgreiche Saison – mit Einschränkungen

Nachdem die Hammers in der vergangenen Saison mit Tabellenplatz 14 auf ganzer Linie enttäuschten und sich nur durch den Triumph in der Conference League überhaupt für die Europa League qualifizierten, zeigt der Traditionsverein aus Stratford in dieser Spielzeit ein anderes Gesicht. Trotz des Abgangs von Schlüsselspieler Declan Rice liegt West Ham nach 32 Premier-League-Spieltagen auf dem siebten Tabellenplatz und befindet sich im Hinblick auf eine erneute Europapokal-Qualifikation in einer aussichtsreichen Position.

Blackmore möchte die Saison seines Vereins allerdings nicht zu hoch loben: „Unsere Form ist seit Jahresbeginn durchwachsen, und wir sind sehr unbeständig, was Ergebnisse und Leistungen angeht.“ Der Journalist ergänzte jedoch, dass West Ham in den vergangenen Wochen immer wieder auch mit zweifelhaften VAR-Entscheidungen zu kämpfen hatte, welche den Klub schon sechs Punkte gekostet hätten. Mit etwas mehr Spielglück könnten „The Irons“ also noch höher platziert sein.

(Photo by Julian Finney/Getty Images)

Grund dafür, dass West Ham eine in Liga und Europa League insgesamt erfolgreiche Saison spielt, ist in erster Linie die Offensiv-Abteilung. „Unser Trio aus Lucas Paqueta, Mohammed Kudus und Jarrod Bowen ist sensationell. Seit ich West Ham supporte, wollten wir einen 20-Tore-Stürmer und Bowen ist kurz davor, das zu erreichen. Kudus kann unberechenbar sein, wenn er den Ball in aussichtsreichen Positionen hat und auf die Verteidiger zuläuft und Paqueta ist der perfekte Spielmacher für uns“, erklärt Blackmore die Stärken der englischen Schlüsselspieler. Bowen wird im Hinspiel jedoch nicht zur Verfügung stehen, das bestätigte der Klub am Mittwoch.

Mit Blick auf die Defensive der Hammers hat der Vereins-Kenner aber einige Sorgenfalten auf der Stirn. „Ich befürchte, dass Leverkusen es auf Vladimir Coufal und Kurt Zouma abgesehen hat, die zwar beide gute Verteidiger sind, denen es aber an Tempo mangelt. Sie verfügen in der Offensive nämlich über einen beeindruckenden Speed.

Bayer zwischen Bundesliga und Europa League

Für Bayer Leverkusen hingegen brechen gerade so ein wenig die Wochen der Wahrheit an. Schon am bevorstehenden Sonntag kann die Werkself die erste deutsche Meisterschaft der Klubgeschichte perfekt machen. Doch in den Köpfen der Mannschaft scheint diese einmalige Chance noch keine Rolle zu spielen. „Wir haben nicht über Freitag, Samstag, Sonntag gesprochen. Es geht nur um West Ham, danach haben wir genug Zeit für die Bundesliga“, stellte Xabi Alonso klar.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Mit einem erfolgreichen Hinspiel-Ergebnis würden die Leverkusener die Chance auf das Triple wahren, entsprechend fokussiert bereiten sich die Spieler auf das Duell gegen West Ham vor. Auch in England ist die beeindruckende Bayer-Saison derweil ein regelmäßiges Thema. „Leverkusens Performance ist in dieser Saison eine der herausragenden Momente im europäischen Fußball. Dass die Mannschaft so lange vor Bayern geblieben ist und ihren Vorsprung weiter ausbauen konnten, hat auch die Aufmerksamkeit vieler englischer Fans erregt“, führt Blackmore aus.

Dabei konnte er jedoch nicht verschweigen, dass die gestiegene Aufmerksamkeit auch mit einer Menge Spott zu tun hat: „Zweifellos hat Leverkusens Titel-Run in England mehr Aufmerksamkeit bekommen, weil Harry Kane beim FCB spielt. Er hat die Spurs verlassen, weil er Titel gewinnen wollte. Daher ist es besonders lustig zu sehen, wie schwer sich ein ehemaliger Spieler der Spurs und Rivale von West Ham mit seiner Mannschaft tut.“

West Ham in der Außenseiter-Rolle

Geht es nach Blackmore, so ist sein Team in den beiden Partien mit Bayer Leverkusen klarer Außenseiter.  Dabei erwartet er vor allem im Hinspiel eine eher defensive Herangehensweise des Premier-League-Siebten: „Der Trainer wird sich freuen, wenn seine Mannschaft tief steht und es Leverkusen schwer macht, Chancen zu kreieren. Über Umschaltsituationen können wir Bayer wehtun, darin waren wir zuletzt extrem stark.“

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Der West-Ham-Fan hofft dabei auf ein knappes Ergebnis im Hinspiel und auf eine „magische Nacht“ in London, in welcher sein Team den Einzug in das Halbfinale perfekt macht. Doch der Respekt vor der Werkself scheint enorm zu sein, denn wirklich an ein Weiterkommen glauben tut Blackmore nicht.

„Mein Kopf sagt, dass wir im Hinspiel eine Niederlage einstecken müssen und zu Hause trotz aller Bemühungen nicht in der Lage sein werden, das Blatt zu wenden. Ich glaube, dass Leverkusen eine Klasse besser ist als West Ham und dass alle elf Spieler ihr Bestes geben müssen“, prognostiziert der Hammers-Fan.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

 


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