Spotlight

Rückblick auf Offensivspektakel, Drama und Corona: Wie lief die letzte Fußball-EM?

28. Mai 2024 | Spotlight | BY Jonas Krause

Der Countdown läuft! In nur etwas mehr als zwei Wochen beginnt die mit Spannung erwartete Fußball-EM 2024. Höchste Zeit also, um auf die letzte Europameisterschaft von 2021 zurückzublicken.

UEFA EM 2020: Fußball trotz Corona-Pandemie

Der Name UEFA EURO 2020 ist eigentlich ein wenig irreführend. Denn aufgrund der Corona-Pandemie wurde das Turnier entgegen der eigentlichen Ansetzung ein Jahr später, also 2021 ausgetragen. So war es durchaus etwas Besonderes, als am 11. Juni die EM mit dem Spiel Italien gegen die Türkei im römischen Olympiastadion eröffnet wurde.



Aufgrund des 60-jährigen Bestehens des europäischen Wettbewerbs wurde die EURO 2020 statt in einem oder zwei Ländern europaweit ausgetragen. Insgesamt gab es elf Spielorte, unter anderem die Allianz Arena in München oder das Wembley-Stadion in London. Wegen der unterschiedlichen Pandemieregelungen kam es deshalb zu verschiedenen Zuschauerauslastungen in den Stadien. Während beispielsweise die Allianz Arena nur 14.000 Zuschauer reinlassen durfte, konnten sich die Fans in der Puskas Arena in Budapest über eine 100-prozentige Auslastung freuen. Ein durchaus kurioses Bild also, das sich damals auf den Rängen bot – und nicht ganz ohne Kritik blieb. Viele bemängelten den fahrlässigen Umgang der UEFA mit der Pandemie, andere freuten sich wiederum über die Rückkehr der Fans in die Stadien und ein Stück weit Normalität. So oder so: Die Pandemie gehörte zum Fußballturnier dazu und hatte Anteil daran, dass die EM 2021 als eines der denkwürdigsten Turnieren in die Fußballgeschichtsbücher einging.

Italienische Fans bei der EM 2021

(Photo by MIKE HEWITT/AFP via Getty Images)

Das Turnier des Offensivfußballs

Doch fangen wir von vorne an. Bereits im ersten Spiel der EM 2021 zwischen Italien und der Türkei deutete sich an, dass das Turnier ein sehr offensiv geprägtes werden würde. Beim höchsten Sieg in einem EM-Eröffnungsspiel zeigten sich die Azzurri spielfreudig und läuteten mit einem 3:0 ein italienisches Fußballfest ein. Und es sollten weitere wilde Spiele folgen. Bereits am ersten Spieltag lieferten sich die Niederlande und die Ukraine ein spannendes Duell (3:2), außerdem brachte Bundesliga-Stürmer Patrik Schick seine Tschechen mit einem Traumtor aus 45 Metern gegen Schottland auf die Siegerstraße (2:0).

Auch am zweiten und dritten Spieltag fielen einige Tore, alleine in der Gruppe E mit den Partien Spanien gegen die Slowakei (5:0) und Schweden gegen Polen (3:2) je fünf in einem Spiel. Schlussendlich gab es nach Abschluss der Gruppenphase 94 Tore in den 36 gespielten Partien. Nur zum Vergleich: Bei der EM 2016 waren es nur 69. Mit 2,6 Toren pro Spiel lieferte die Vorrunde der EURO 2020 also ein offensives Spektakel, zu welchem auch die deutsche Nationalmannschaft beitrug.

Alle aktuellen News und Stories zur Nationalelf hier

Nachdem das Team von Joachim Löw sein erstes Gruppenspiel gegen die Franzosen verloren hatte (0:1), folgte ein wildes 4:2 gegen Portugal. Besonders ein Mann überragte in den Reihen der Deutschen: Robin Gosens. Der Außenverteidiger, damals noch bei Atalanta unter Vertrag, konnte an dem Tag gegen Cristiano Ronaldo & Co. ein Tor schießen und zwei weitere vorlegen. Am letzten Spieltag war es dann ein intensives 2:2 gegen Ungarn, was der deutschen Nationalelf das Weiterkommen bescherte. Der eingewechselte Leon Goretzka erlöste Deutschland spät mit dem Ausgleich, im Achtelfinale sollte nun England im Wembley-Stadion warten.

Drama um Christian Eriksen: Als die Fußballwelt den Atem anhielt

Doch neben furiosen Offensivschlachten gab es vor allem ein Spiel in der Gruppenphase, welches die ganze Fußballwelt schockte: Am 1. Spieltag der Gruppe B trafen in Kopenhagen Finnland und Dänemark aufeinander. Ab der 43. Minute wurde an diesem Tag der Fußball zur Nebensache. Christian Eriksen, damals Spieler bei Inter und Hoffnungsträger der Dänen, brach noch kurz vor der Halbzeit zusammen. Er erlitt einen Herzstillstand, musste mehrfach reanimiert werden – die Fußballwelt hielt den Atem an. Nach minutenlanger Stille dann die gute Nachricht: Eriksen war wieder bei Bewusstsein. Nach einer zweistündigen Unterbrechung wurde das Spiel fortgesetzt, Finnland gewann schlussendlich mit 1:0. Die dänische Zeitung Ekstra Bladet schrieb später: „Dänemark hat verloren – das Leben hat gewonnen.“

Dänemark bangt bei der EM 2021 um Christian Eriken, der einen Herzstillstand erlitt

(Photo by Friedemann Vogel – Pool/Getty Images)

K.o.-Runde: „Football is not coming home“, großes Drama und Überraschungen

Das Achtelfinale begann genauso wie die Gruppenphase geendet hatte: Mit offensivem Spektakel. So kickte die Schweiz nach einem phänomenalen Comeback den großen Favoriten und amtierenden Weltmeister Frankreich im Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb. Ausgerechnet Kylian Mbappe, damals noch 22 Jahre jung, verschoss den entscheidenden Elfmeter – die Sensation war perfekt.

Auch im Achtelfinale wurde Kopenhagen zu einem dramatischen Schauplatz. Diesmal aber, weil sich Kroatien ein spannendes Duell mit den Spaniern lieferte. Nach kuriosem Eigentor, einer Aufholjagd und Verlängerung gewann die Seleccion mit 5:3. Die deutsche Nationalmannschaft schied derweil gegen England aus, das enttäuschende 0:2 war zeitgleich auch das letzte Spiel der Ära Löw, nachdem dieser 15 Jahre lang als deutscher Bundestrainer an der Seitenlinie gestanden hatte.

Unseren WhatsApp-Channel abonniert ihr bequem hier

Auf packende Viertelfinalspiele, unter anderem das 2:1 Italiens gegen Mit-Favorit Belgien, folgten ebenso packende Halbfinalspiele. Dort setzten sich zunächst die Azzurri in einem mitreißenden Spiel gegen Spanien durch – 4:2 stand es letztendlich nach Elfmeterschießen. Ins Finale folgten die Engländer, die ihren Fluch beendeten und nach 55 Jahren wieder bei einem großen Turnier im Endspiel standen. Das spannende Spiel gegen Dänemark wurde erst in der Verlängerung durch einen umstrittenen Strafstoß für die Three Lions, den Harry Kane verwandelte, entschieden. Trotz des Ausscheidens war schon jetzt klar: Die Dänen waren aufgrund ihrer Geschichte rund um Eriksen und des anschließenden sensationellen Aufbäumens bis ins Halbfinale einer der stillen Gewinner der EURO 2020.

Am 11. Juli 2021 dann also Crunch-Time: Finale zwischen England und Italien. Alles war angerichtet für das Team von Gareth Southgate, welches nach jahrelanger Abstinenz wieder in einem Finale stand – und dann auch noch in Wembley, quasi vor heimischer Kulisse. Doch es kam anders: Zwar brachte ein frühes Tor in der zweiten Minute die Three Lions auf Siegerkurs, doch in der zweiten Halbzeit egalisierte die Squadra Azzurra durch Leonardo Bonucci die englische Führung: 1:1. Nach torlosen Extraminuten in der Verlängerung sollte sich der Sieger der Europameisterschaft 2021 im Elfmeterschießen entscheiden. Nach drei Fehlschüssen der Engländer dann die Gewissheit: „Football is not coming home“, stattdessen wurde Italien nach 1968 zum zweiten Mal Europameister.

Ein dramatisches Ende also für eine EM, die durch emotionale Höhen und Tiefen, besonders aber durch ihre zahlreichen Tore geprägt wurde. Die UEFA EURO 2020 – in vielerlei Hinsicht ein denkwürdiges Turnier.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)


Ähnliche Artikel