Blick über den Tellerrand | Celtic bestätigt Führung in Glasgow, Ex-Paulianer Schultz im Totalumbruch von Basel

5. September 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen.  In Schottland stand der stets brisante Old Firm zwischen den Rangers und Celtic auf dem Programm, während sich in der österreichischen Bundesliga zwei Spitzenmannschaften herauskristallisieren und Timo Schultz beim FC Basel einen sehr komplizierten Start erlebte.

Premiership: Celtic jubelt erneut im Old Firm, Motherwell mischt oben mit

Ange Postecoglu ist aktuell einer der gefragtesten Männer der Premier League. Im Juli übernahm er die Tottenham Hotspur, befreite sie vom quälenden abwartenden Stil der vergangenen Jahre und formte eine spielstarke Einheit, die trotz des Abgangs von Harry Kane schon elf Tore in vier Ligapartien produzierte und dabei zehn Punkte einsammelte. In den vergangenen zwei Spielzeiten arbeitete jener Postecoglu für Celtic, gewann nicht nur fünf nationale Titel, sondern ließ einen für schottische Verhältnisse außergewöhnlich ansehnlichen Offensivfußball spielen.

 

Umso herber war sein – wenn auch absehbarer – Verlust. Die Verantwortlichen präsentierten mit Brendan Rodgers einen prominenten Nachfolger, der bereits zwischen 2016 und 2019 die Bhoys coachte. Sein Start verlief durchwachsen. Im eher unbedeutenden League Cup, den sich Celtic zuletzt zweimal in Folge sicherte, setzte es bereits das Aus aufgrund einer 0:1-Niederlage beim FC Kilmarnock. Darauf folgte im eigenen Stadion ein torloses Remis gegen das noch sieglose St. Johnstone.

Am Sonntag stand die erste Feuerprobe auf dem Programm: Der Old Firm bei den Rangers. Hier gerieten die traditionell in grün-weiß gekleideten Gäste vor allem im ersten Abschnitt in große Bedrängnis, profitierten dabei auch von einer umstrittenen VAR-Entscheidung, die das 1:0 durch Kemar Roofe verhinderte. Auf der Gegenseite war nahezu aus dem Nichts wieder einmal Unterschiedsspieler Kyogo Fururashi zur Stelle, dessen eiskalter Abschluss aus 20 Metern das 0:1 brachte. Diesen Vorsprung transportierte Celtic mit Glück sowie Geschick ins Ziel und siegte damit zum dritten Mal während der vergangenen vier Auftritte im Ibrox Stadium.

Kyogo Fururashi erzielte das Siegtor für Celtic im Old Firm.

(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Die Rangers zeigten zwar eine ansprechende Leistung, mussten aber die bereits zweite Ligapleite einstecken. Sie krönte eine ernüchternd verlaufende Woche. im entscheidenden Qualifikationsspiel zur Champions League gingen The Gers nämlich mit 1:5 in Eindhoven unter. Noch vor einem Jahr konnte dieser Gegner an selbiger Stelle im Wettbewerb niedergerungen werden. Aktuell stehen die Rangers, deren Entwicklung in den vergangenen Monaten längst nicht so schlecht war wie es die jüngsten Resultate andeuten, auf Rang vier.

Vor ihnen liegt unter anderem der zuletzt dreimal hintereinander siegreiche FC Motherwell. Das Überraschungsteam bezwang mit Hibernian (2:1) und den Hearts of Midlothian (1:0) auch zwei schottische Europapokalstarter, die sich jedoch schon beide aus der Conference League verabschieden. Dennoch sind diese Siege keineswegs selbstverständlich für den auf eine stabile Defensive bauenden MFC. Der Kader besitzt nämlich den zweitgeringsten Marktwert der Scottish Premiership. Ob dieser Trend länger anhält, dürften schon die ersten Wochen nach der Länderspielpause zeigen. Dann trifft Motherwell nämlich nacheinander auf das ebenfalls sehr gut aufgelegte St. Mirren, die Rangers und Celtic.

Bundesliga: Erneuter Zweikampf zwischen Salzburg und Graz, internationale Enttäuschungen

Am 28. Juli – und damit einen Tag vor Ligastart – trennte sich RB Salzburg von Trainer Matthias Jaissle. Dieser strebte nämlich einen Wechsel nach Saudi-Arabien, den er wenige Tage später auch vollzog, an. Co-Trainer Florens Koch übernahm interimsweise für das Gastspiel in Altach, gewann mit 2:0 und trat kurz darauf wieder in die zweite Reihe. Der österreichische Dauermeister präsentierte nämlich umgehend einen neuen Chefcoach. Der Begriff erfolgte dabei wieder ins RB-Imperium. Gerhard Struber, zuvor fast drei Jahre bei den New York Red Bulls aktiv, bekam den durchaus begehrten Posten.

Allzu lange Anpassungszeit benötigte der neue Mann nicht. Seine ersten Wochen verliefen nahezu ideal. Sämtliche Partien wurden gewonnen, die meisten davon überzeugend, sodass Salzburg mit der Maximalpunktzahl von 18 von der Spitze grüßt. Dahinter lauert erneut Sturm Graz, das den Vorteil besitzt im Gegensatz zum wesentlich finanzstärkeren Konkurrenten kaum einen Leistungsträger abgegeben zu haben. Zudem fügten sich neue Schlüsselspieler wie der aus Brighton geliehene Torhüter Kjell Scherben – erst zwei Gegentore im Ligabetrieb – und der schon viermal einnetzende Angreifer Szymon Wlodarczyk hervorragend ein.

Sturm Graz schied gegen die PSV Eindhoven in der Champions-League-Qualifikation aus.

(Photo by ERWIN SCHERIAU/APA/AFP via Getty Images)

Daher gewann Sturm fünf seiner sechs Ligaspiele zumeist souverän. Das 2:1 in der Nachspielzeit bei Altach am vergangenen Samstag stellte eine Ausnahme dar. Mit 16 Punkten auf dem Konto gehen die Grazer bestens gerüstet ins Spitzenspiel gegen Salzburg, das nach der Länderspielpause am 16. September im eigenen Stadion steigt.

Dass die starken Leistungen auf nationaler Ebene noch längst nicht auf europäischer Bühne ausreichen erfuhr der amtierende österreichische Vizemeister schmerzhaft in der Champions-League-Qualifikation, wo es das klare Aus gegen die PSV Eindhoven (1:4, 1:3) gab. Zumindest darf Sturm, das in der vergangenen Saison den ÖFB-Cup gewann, in der Europa League antreten. Dort warten mit Sporting, Atalanta und dem polnischen Meister Raków Czestochowa komplizierte Aufgaben. Neben Graz tritt auch der LASK – unter anderem in einer Gruppe mit dem FC Liverpool – in der Europa League an. Die beiden Wiener Klubs verabschiedeten sich dagegen – bezeichnend für ihren Start in die Ligaspielzeit – bereits aus der Conference League. Austria verspielte im eigenen Stadion einen Vorsprung gegen Legia Warschau, während Rapid mit einem 1:0-Sieg über die Fiorentina für einen Lichtblick sorgte, im Rückspiel beim 0:2 aber chancenlos war.

Super League: Schultz mit Fehlstart bei chaotischen FC Basel

17 Jahre verbrachte Timo Schultz beim FC St. Pauli, von 2005-2011 als Spieler, ehe der Einstieg in die Trainerschiene folgte. 2020 erhielt er das Vertrauen, die Geschicke der Profimannschaft zu leiten. Dies gelang Schultz mehr als ansprechend, doch im Anschluss an die Herbstmeisterschaft 2021/22 geriet der Klub in eine tiefe Krise, auf die der Coach keine Antwort mehr fand, weshalb er Ende des Jahres 2022 seinen Posten räumen musste. Nach halbjähriger Pause meldete sich das Sankt-Pauli-Urgestein zurück. Erstmal zog es ihn ins Ausland, und zwar zum FC Basel.

„Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe, den Club und seine Fans. Die Gespräche mit allen Verantwortlichen waren von Beginn an sehr positiv und konstruktiv. Wir haben ehrgeizige Ziele und ich verspüre eine grosse Vorfreude, diese ab kommender Saison in Angriff zu nehmen“, so Schultz bei seiner Vorstellung. Sein Start verlief jedoch miserabel. Der FC Basel, im Vorjahr noch unglücklich im Halbfinale der Conference League an der Fiorentina gescheitert, unterlag diesmal in der Qualifikation dem kasachischen Vertreter Tobyl Qostanai. Die 1:3-Pleite aus dem Hinspiel, verbunden mit zwei Platzverweisen, konnte im Rückspiel nicht mehr ausgemerzt werden.

Timo Schultz ist nun beim FC Basel tätig.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)

In den Ligaspielen folgten weitere Niederlagen. Der FCB verlor drei seiner ersten vier Spiele, auch zuhause gegen das aktuelle Schlusslicht Lausanne-Sport (1:2). Dafür gibt es allerdings Erklärungen. Denn im Sommer verließen einige Leistungsträger den Klub. Zeki Amdouni, der beste Offensivakteur und mittlerweile in der Schweizer Nationalmannschaft etabliert, wechselte für über 18 Millionen Euro zum FC Burnley, den zentralen Mittelfeldspieler Andy Diouf zog es zum RC Lens (14 Millionen Euro), Flügelspieler Dan Ndoye unterschrieb beim FC Bologna (Neun Millionen Euro). Kurz vor Schließung des Transferfensters gingen auch noch Wouter Burger (Stoke City/Fünf Millionen Euro) und Riccardo Calafiori (FC Bologna/Vier Millionen Euro).

Insgesamt nahm der FC Basel über 50 Millionen Euro an Ablösen ein. Eine schlagkräftige Mannschaft stand jedoch erst nach Beendigung der Transferperiode. So stießen sechs Neuzugänge erst in den letzten zwei Wochen zur Mannschaft. Am Sonntag standen im Klassiker gegen den FC Zürich sage und schreibe zehn Neuzugänge (!) in der Startelf. Lediglich Routinier Fabian Frei gehörte in der vergangenen Spielzeit bereits dem Kader an. Die alles andere als eingespielte FCB-Auswahl legte nach 0:2-Rückstand eine begeisternde Aufholjagd hin. Der von Sporting gekommene Renato Veiga ließ sein Talent durch einen sehenswerten Freistoß ins Torwarteck aufblitzen. In der Nachspielzeit gelang dem eingewechselten erst 18-jährigen Gabriel Sigua der 2:2-Ausgleich. Ein Remis, das sich wie ein Sieg anfühlte – und womöglich die Trendwende für Schultz, der angesichts der anstehenden Länderspiele zwei Wochen Zeit bekommt, seine Spielidee dem Kader näher zu bringen.

Die Tabellen der anderen Ligen:

Portugal: Primeira Liga

Niederlande: Eredivisie 

Belgien: Jupiler Pro League

(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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