Kommentar | Grotesker Rubiales-Auftritt: Es ist eine Schande

Kommentar | Luis Rubiales hat den wohl peinlichsten Auftritt des Jahres hingelegt. Sein Verhalten und der Umgang mit der gesamten Situation sind eine Schande.
Rubiales tritt nicht zurück
Was sich in den letzten Tagen seit dem WM-Triumph der Spanierinnen abspielte, ist ein unfassbar beschämender Vorgang. Dabei hätte alles so einfach sein können. Verbandspräsident Luis Rubiales küsste die Weltmeisterin Jennifer Hermoso während der Siegerehrung auf den Mund. Ein sehr klarer Fall von sexualisierter Gewalt, da die Spielerin offensichtlich nicht mit dem Vorgehen einverstanden war. Auf gleich mehreren Ebenen wurden hier vorherrschende Machtverhältnisse auf niederste Art und Weise ausgenutzt. Doch anstatt eines zügigen Rücktritts oder – noch besser – eines Rauswurfs, nahm die erbärmliche Show des 46-Jährigen erst gerade so richtig an Fahrt auf.
Personen, die ihn für diese klar übergriffige Tat kritisierten, nannte er Idioten. Dass Hermoso selbst schon in einem Livestream unmittelbar nach der Situation das Verhalten deutlich ablehnte, spielte für den Präsidenten – natürlich – keine Rolle. Zwischenzeitlich gab es dann noch ein vom spanischen Verband verbreitetes Statement, das Zitate von Hermoso beinhaltete, die den Vorfall runterspielten. Das spanische Medium relevo will allerdings erfahren haben, dass die 33-jährige Weltmeisterin niemals solche Aussagen getätigt haben soll. In Anbetracht des ganzen Ablaufs der Geschehnisse ist ein solch verwerfliches Vorgehen definitiv nicht auszuschließen.
Rubiales relativiert die Tat
Dann wäre da noch die widerliche Bagatellisierung der Tat, die der 46-Jährige betreibt. Die Tat sei „ohne kranke Intention in einem Moment maximaler Überschwänglichkeit passiert“. Das ist keine Entschuldigung. Das ist eine Relativierung. Der Funktionär weiß um seine Macht und legte am Freitag einen historischen sowie extrem peinlichen Auftritt hin. „Ich werde nicht zurücktreten“, rief Rubiales gleich fünfmal nacheinander bei der außerordentlichen Generalversammlung des Verbandes in Madrid zum Publikum. Was für all diejenigen, die auch nur einen Funken Anstand besitzen, eine groteske Darbietung eines fehlgeleiteten Mannes darstellte, der sich übergriffig und uneinsichtig verhielt, war für die üblichen Funktionäre ein Auftritt, der mit Applaus bedacht wurde.
Mehr News und Storys rund um den internationalen FußballEs zeigt mal wieder, wie weit wir davon entfernt sind, wirkliche Gleichberechtigung zu haben. Ein Vorgesetzter verhält sich auf der größtmöglichen Bühne, der Siegerehrung einer WM, übergriffig gegenüber einer Angestellten, klaut ihr dadurch das Spotlight im wohl beruflich wichtigsten Moment ihrer Karriere und fühlt sich dann auch noch unrechtmäßig angegriffen, wenn man dies kritisiert. Nochmal: Er hat in aller Öffentlichkeit ganz klar eine Straftat begangen und ist felsenfest davon überzeugt, damit durchzukommen. Umso bitterer ist es, dass seine Überzeugung vollkommen begründet ist.
Es findet keine „soziale Hinrichtung“ statt
Guckt euch die ganzen Herren da an, die sich an Zeiten klammern, in denen solch ein Verhalten und leider noch schlimmere Vorgehensweisen gesellschaftlich akzeptiert waren. Dass sich Frauen mittlerweile gegen genau solche Aktionen wehren können, ist ihnen ein Dorn im Auge. „Hier geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine soziale Hinrichtung“, betonte Rubiales am Freitag. Dieser Mann und all diejenigen, die ihn verteidigen, leben in ihrer eigenen Realität. Der Täter ist plötzlich das Opfer. Es ist absurd. Es gibt keine „soziale Hinrichtung“. Es soll nur endlich mal Konsequenzen geben. Die werden zumindest mit jedem Satz, den Rubiales öffentlich äußert, wahrscheinlicher. Der 46-Jährige schaufelt sich spätestens seit der Siegerehrung sein eigenes Grab. Mit der Schaufel in der Hand schwadroniert er aber von einer Hinrichtung. Ein groteskes Verhalten.
Es ist eine Schande. Eine Schande, weil es passiert ist. Eine Schande, weil die Strukturen für solche Übergriffe nach wie vor bestehen und nur sehr langsam und lückenhaft abgebaut werden. Eine Schande, weil es die denkbar geringsten Konsequenzen erst nach weltweitem Aufruhr geben wird. Eine Schande, weil im Moment des sportlichen Triumphes der Frauen ein Mann genau jenen mit sexualisierter Gewalt aus dem Fokus verdrängte. Eine Schande, weil diesen Kommentar Leute lesen werden, die Rubiales weiter verteidigen werden.
(Photo by OSCAR DEL POZO/AFP via Getty Images)
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