Premier League | Liverpool glänzt im Kollektiv, nur Sancho überzeugt für United – Liverpools Kantersieg in der Einzelkritik
20. April 2022 | Trending | BY Victor Catalina
News | 4:0 gewann Liverpool das Nachholspiel des 30. Premier League-Spieltags gegen Manchester United. Die Akteure in der Einzelkritik.
United erneut chancenlos, neuer Rekord für Klopp
Das Spitzenspiel in Anfield geriet von Beginn an zur Einbahnstraße. Nach nicht einmal fünf Minuten schloss Luiz Díaz einen sehenswerten Liverpool-Konter ab, bevor Sadio Mané mit dem Rücken zum Tor herausragend Mohamed Salah bediente. Nach der Pause kam United durch die Einwechslung von Jadon Sancho besser ins Spiel, jedoch waren es erneut die Gastgeber, die durch Mané und abermals Salah das Ergebnis weiter in die Höhe schraubten. Während Jürgen Klopp damit erstmals in seiner Liverpooler Amtszeit beide Spiele gegen Manchester United gewinnen konnte, kassierte der englische Rekordmeister ebenfalls zum ersten Mal in der Premier League neun Gegentore über beide Begegnungen von ein und derselben Mannschaft. Die Einzelkritik zum Spiel.
Liverpool FC: Viermal die 1 vorm Komma für einen rundum gelungenen Auftritt
Alisson: Extrem abgeklärt im Spiel mit der Kugel. Auch seine Abstöße und langen Bälle wirkten durchdacht und fanden stets den Mitspieler. War bei einem gefährlichen Ball vorausschauend zur Stelle (45.+1), verhinderte den Anschlusstreffer gegen Sancho und Elanga (64.). Note: 2,0
Trent Alexander-Arnold: Seine Pässe und Flanken waren hier und da etwas unsauber, manchmal wirkte er überhastet. Defensiv ließ „TAA“ allerdings nichts anbrennen, war immer zu Stelle, wenn er gebraucht wurde. Note: 3,0
Joël Matip: Beteiligte sich aktiv am Spielaufbau. Dribbelte gerne auch selbst an, war so entscheidend an der Torentstehung zum 2:0 beteiligt. Ließ nach dem Seitenwechsel allerdings nach. War er vorher defensiv praktisch nicht gefordert, schlichen sich nun einige Wackler ein. Er war auch mitverantwortlich dafür, dass ManUnited durch Sancho und Elanga beinahe den Anschluss erzielt hätte (64.). Note: 3,5
Virgil van Dijk: Der gewohnt sichere Fels in der Brandung, wobei dazu gesagt sei, dass „VVD“ heute kaum vor Herausforderungen gestellt wurde. Beteiligte sich auch offensiv immer wieder, überzeugte zudem in der Spieleröffnung. Note: 2,5
Andrew Robertson: War zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Blieb auf dem Weg nach vorne manchmal hängen, verrannte sich hier und da. Glänzte dafür mit Balleroberung und einem starken Lauf vor dem 3:0, leitete durch gelungenes Gegenpressing das 4:0 ein. Note: 2,5
Jordan Henderson: Leistete gewohnt viel Laufarbeit, war das Bindeglied im Spiel nach vorne und bot sich immer wieder klug im rechten Halbraum an. War auch im Pressing stark, provozierte einige gegnerische Ballverluste. Note: 2,5
Fabinho (bis 80′): Kontrollierte mit gewohnter Ruhe am Ball das Spielgeschehen, entlastete so auch Thiago, der in höhere Zonen vorstoßen konnte. Tankte sich einmal stark bis in den Strafraum und legte das vermeintliche 3:0 auf, das wegen Abseits allerdings zurückgenommen wurde (35.). Kleiner Makel: Seine langen Bälle waren nicht immer präzise. Note: 3,0
Thiago (bis 80′): Glänzte mit klugen Bällen zwischen die Linien, Finten in Form seines Trademark-Moves und einer unglaublichen Ballkontrolle. Auch im Pressing stark, in den Zweikämpfen giftig. Thiago entfaltete seine Genialität einmal mehr in voller Pracht. Note: 1,5
Mohamed Salah: Startete zum richtigen Zeitpunkt in die Tiefe und legte das 1:0 auf (5.), zeigte sich beim 2:0 selbst eiskalt vor dem Tor (22.). Den Abend krönte er mit einem Lupfer zum 4:0 (85.), dem ein schöner Lauf vorausgegangen war. An diesem Abend zeigte Salah es seinen Kritikern, die zuletzt ein kleines Leistungsloch moniert hatten. Note: 1,0
Sadio Mané: Leitete das Führungstor stark ein, legte Salah das 2:0 traumhaft vor die Füße, stand beim eigenen Treffer zum 3:0 (68.) goldrichtig und erwischte den Ball, wie man ihn nicht besser hätte erwischen können. Muss man mehr sagen? Ich denke nicht. Note: 1,0
Luis Díaz (bis 70′): Stand in der Mitte goldrichtig und erzielte das frühe 1:0, behielt den Kopf oben und bediente Mané, der das 3:0 machte. Bot sich gut an und beteiligte sich an Kombinationen, wobei er in den richtigen Momenten auch immer wieder anzog und das Risiko suchte. War so für den Gegner kaum zu greifen. Note: 1,5
Einwechslungen von Liverpool
Diogo Jota (ab 70′): Wurde nach seiner Einwechslung auf die für ihn etwas ungewohnte linke Seite beordert. Dafür, dass er ob der fortgeschrittenen Spieldauer nicht mehr allzu viele Ballaktionen bekam, lieferte er einen mehr als ordentlichen Arbeitsnachweis. Legte Salah das 4:0 auf, wäre wenige Sekunden vor Schluss beinahe nach einer Ecke gefährlich geworden. Auch im Gegenpressing der gewohnte Aktivposten. Note: 2,5
Naby Keïta (ab 80′): keine Bewertung
James Milner (ab 86′): keine Bewertung
Jürgen Klopp: Seine Jungs wussten von vornherein, wie viel auf dem Spiel steht – und das zeigten sie auf dem Platz. Wenngleich es auch am Gegner lag, dass Liverpool leichtes Spiel hatte, ging die Mannschaft von Minute eins an aufs Gaspedal, blieb auch infolge der komfortablen Zwei-Tore-Führung am Drücker und kontrollierte Ball und Gegner auf eine beeindruckende Art und Weise. Dass die „Reds“ nach der Pause ein, zwei Gänge herunterschalteten, war ob des Spielstandes und des eng getakteten Terminkalenders nur logisch. Da es ohne einen einzigen Kritikpunkt langweilig wäre: Klopp hätte spätestens nach dem 3:0 (68.) ruhig etwas forscher wechseln dürfen, um Kräfte zu sparen. Note: 2,0
Mehr News und Stories rund um die Premier League
Manchester United: Sancho als einziger Lichtblick
David De Gea: Bei den Gegentreffern machtlos. In der Spieleröffnung zumeist limitiert. Hätte mit einem hanebüchenen Zuspiel direkt auf Trent Alexander-Arnold beinahe selbst ein Gegentor mitverschuldet, rettete dafür spektakulär gegen Sadio Mané (32′). Note: 4,5.
Victor Lindelöf: In Anfield als rechter Part einer Dreierkette gefordert. Vor der Pause hatte er Liverpools Druck wenig entgegenzusetzen – und danach noch weniger. Note: 4,5.
Phil Jones: Vor der Pause genauso überfordert, wie der Rest der Dreierkette. Ließ vor dem 1:0 Gegenspieler Luis Díaz in seinem Rücken starten. Zur Pause für Ex-Dortmunder Jadon Sancho ausgewechselt. Note: 5,0.
Harry Maguire (bis 46′): Stand beim Zuspiel von Sadio Mané auf Mohamed Salah in Minute 5 im absoluten Niemandsland. Trug ansonsten als Kapitän nur wenig zur Stabilität seiner Mannschaft bei. Zudem bei eigenen Standards, wenn sie denn mal einigermaßen brauchbar kamen, nicht so gefährlich, wie man es aus der Nationalmannschaft kennt. Note: 5,0
Aaron Wan-Bissaka: Defensiv überfordert. Offensiv kaum sichtbar. Ein gebrauchter Tag für Uniteds Rechtsverteidiger. Note: 5,0.
Paul Pogba: Keine zehn Minuten dauerte sein Arbeitstag, dann musste Pogba den Platz verletzt verlassen. Ohne ihn hatte United Liverpool im Mittelfeld nichts mehr entgegenzusetzen. Note: ohne Bewertung.
Nemanja Matić: War mit der Ballsicherheit und dem Tempo, das Thiago, Fabinho und Jordan Henderson an den Tag legten überfordert, sodass er seine Rolle als Zerstörer vor der Abwehr eigentlich zu keinem Zeitpunkt wahrnehmen konnte. Note: 5,0.
Diogo Dalot: Musste auf der ungewohnten linken Seite ran und hatte dort die undankbare Aufgabe, Mohamed Salah zu verteidigen. Zwei Tore und ein Assist gelangen Liverpools Toptorjäger, was auch einiges über seinen Auftritt aussagt. Note: 5,0.
Bruno Fernandes: Sprach nach der Partie Klartext, als er meinte, Liverpool spiele um die Meisterschaft, United habe nichts mehr, um das sie spielen müssten und rief seine Mannschaft auf, für das Wappen zu kämpfen. Wenn sein Auftritt während des Spiels genauso mitreißend gewesen wäre, hätte das seinem Team definitiv nicht geschadet. Liverpool ließ ihn allerdings nur selten an den Ball kommen und selbst dann hätte er aus diesen Momenten mehr herausholen können. Note: 5,5.
Anthony Elanga: Vor der Pause praktisch unsichtbar. Nach der Hereinnahme von Jadon Sancho bekam vergab er frei vor Alisson den Anschlusstreffer. Vier Minuten später machte Sadio Mané mit dem 3:0 alles klar. Ein undankbarer Arbeitstag für den jungen Schweden. Note: 4,5.
Marcus Rashford: Ohne Cristiano Ronaldo, der die Offensive regelmäßig antreibt, blieb auch er größtenteils blass. Bis auf den vergebenen Rebound nach der Gelegenheit für Elanga ist sein Rashfords Chancenzettel leer. Note: 5,0.
Einwechslungen von Manchester United
Jesse Lingard (ab 10′): Ersetzte den verletzten Paul Pogba und konnte dem Tempo und der Spielstärke von Liverpools Mittelfeld nur wenig entgegensetzen. Note: 5,0.
Jadon Sancho (ab 46′): Kam zu Beginn der zweiten Hälfte für Phil Jones, sodass Ralf Rangnick auf Viererkette umstellen konnte und war eigentlich der Einzige im weiß-blau-roten Trikot, der immer wieder anlief, immer wieder etwas versuchte und das Offensivspiel einigermaßen ankurbelte. Verzeichnete den ersten Torschuss seiner Mannschaft und leitete auch die Topchance durch Elanga und Rashford ein. Note: 3,0.
Hannibal Mejbri (ab 84′): Bekam von Ralf Rangnick ebenfalls noch insgesamt neun Spielminuten und holte sich in Minute 88 Gelb ab. Ein wenig mehr von dieser Aggressivität hätte seinen Teamkollegen definitiv nicht geschadet. Note: 3,5.
Ralf Rangnick: Warum er sich für die defensive Variante mit einer Fünferkette entschieden hat, weiß nur er selbst. Die Hereinnahme von Jadon Sancho hat Uniteds Spiel grundlegend verändert. Liverpool hatte im Anschluss wesentlich mehr Schwierigkeiten, sich Chancen herauszuarbeiten, konnte auch das Mittelfeld nicht mehr so dominieren, wie noch vor der Pause. Zu Zweitligazeiten mit Hannover gegen Mainz und auch später in der Bundesliga mit Schalke und Hoffenheim behielt Rangnick regelmäßig die Oberhand gegen Klopp. Seine erst dritte Niederlage bei fünf Unentschieden und sechs eigenen Siegen war aber eine hochverdiente. Note: 5,0.
Martin Atkinson: Eine grundsätzlich einfach zu leitende Partie für den 51-Jährigen. Über weite Teile der Partie war Liverpool zu überlegen, als dass es zu strittigen Szenen hätte kommen können. In Minute 89 sprang Bruno Fernandes Trent Alexander-Arnold ans Knie. Eine Szene, bei der man durchaus auch eine andere Karte, als die gelbe hätte zeigen können. Note: 2,5.
Spielnote: Spitzenspiel stand drauf, allerdings nur eine Spitzenmannschaft auf dem Platz. Hätte es im Stadion keine Anzeigetafel gegeben, man hätte meinen können, Liverpool spiele nicht gegen seinen größten Rivalen, sondern eine Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel. 72 Prozent Ballbesitz, 14:2 Torschüsse, 1,87:0,11 xG. Liverpools Kombinationen waren teilweise aus dem obersten Regal. Es wäre schön gewesen, wenn sich United daran öfter als nur einmal beteiligt hätte. Note: 3,0.
Photo by Clive Brunskill/Getty Images
Victor Catalina
Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.