Skandinavische Fans wehren sich gegen VAR – mit Erfolg!

8. Oktober 2023 | Global News | BY Yannick Lassmann

Während die Nutzung des VAR im europäischen Spitzenfußball mittlerweile als selbstverständlich angesehen wird, ist dieser in Skandinavien noch nicht etabliert. Schweden verzichtete bislang komplett auf den Einsatz, während in Norwegen die Abschaffung durchaus im Raum steht.

Skandinavien: Mitgliedergeführte Vereine machen gegen VAR mobil

Der VAR ist fest etabliert in den europäischen Topligen – sehr zum Unmut vieler Fußballfans. An nahezu jedem Spieltag sorgt er für Aufregung in Form umstrittener Entscheidungen und langer Spielunterbrechungen. Erst am gestrigen Samstag prägte der dreifache Einsatz des Videoassistenten den ersten Durchgang zwischen Borussia Dortmund und Union Berlin (4:2).

In Norwegen kommt der VAR seit Oktober 2021 ebenfalls zum Einsatz, doch die Fans deren Anwesenheit im Stadion noch eine wesentlich höhere Bedeutung besitzt als im von TV-Geldern abhängigen absoluten Spitzenfußball, wehren sich gegen die Nutzung. Ihre Stimme ist viel Wert, denn die Vereine sind mitgliedergeführt. Bei der VAR-Einführung wurden sie übergegangen, wie Ole Kristian Sandvik, Sprecher von Norsk Supporterallianse (NSA) klarstellte (via Guardian): „Als die Debatte plötzlich aufkam, waren wir überhaupt nicht vorbereitet. Keiner der Vereine hat das Thema ausführlich diskutiert, und sie hatten nur sehr wenig Zeit, sich zu entscheiden. Es war ein sehr schneller Prozess.“

Letztlich habe in der ersten Liga nur Lillestrom von Beginn an gegen den VAR gestimmt. Die Stimmung kippte zuletzt allerdings zunehmend – spätestens nachdem Anhänger des Osloer Klubs Valarenga das Thema auf einer Mitgliederversammlung ansprachen. Ihnen gelang es mit einer überwältigenden Mehrheit, einen Beschluss zu erwirken, wonach der Vereine eine Resolution verabschieden muss, dass der VAR nicht in den nächsten, ab 2028 gültigen norwegischen Vertrag über die Fernsehrechte aufgenommen wird.

Inzwischen seien laut NSA-Spreche Sandvik „mehr als 50 % unserer Klubs, einschließlich der größeren Klubs, gegen den VAR“, obwohl im Spielverlauf beim Einsatz sogar Bilder auf der Anzeigetafel abgespielt werden. Es werde daher schwer für den Verband, dies zu ignorieren. Andererseits gehe es jedoch auch um das Prestige der führenden Personen. Daher sei es noch ein weiter Weg für die Vereine, bis sie ihr Ziel erreicht haben.

Dass dies möglich ist, zeigt der schwedische Fußball. Im Juli teilte der dortige, für die höchsten zwei Spielklassen zuständige Verband mit, dass die Mehrheit der Vereine eine Resolution gegen den VAR verabschiedet habe. Ähnlich wie in Norwegen werden auch die Vereine in Schweden durch die Mitglieder gelenkt. Trotzdem ist auch hier das Thema noch nicht vom Tisch. Der schwedische Verband beschloss jüngst, eine Einführung erneut im Herbst 2024 zu profitieren.

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Sandvik verfolgt das Geschehen intensiv: „Ich hoffe wirklich, dass Schweden standhaft bleibt, denn wenn sie es einführen, wird es Norwegen schwer fallen, sich zu ändern. Aber wenn sie diese Haltung beibehalten, ist es für Norwegen vielleicht einfacher zu sagen: ‚Hey, wir können es abschaffen‘.“ Mit einer Überstimmung der Fans rechne er dagegen nicht: „Vielleicht, wenn es eine Entscheidung der Uefa oder der Fifa gäbe, oder wenn sich die Eigentumsverhältnisse bei den Vereinen ändern würden, aber ich glaube nicht, dass unsere derzeitige Situation im Land etwas daran ändern könnte.“

Damit befinden sich die beiden skandinavischen Länder aus Fansicht in einer wesentlich besseren Position als die europäischen Topligen. Auch in Deutschland wird ein Großteil der Vereine aufgrund der 50+1-Regel mitgliedergeführt. Ihre Meinung ist allerdings bei solch großen Themen kaum einmal gefragt, weshalb der von Anfang an kritische gesehene VAR nach einem Testjahr zur Saison 2018/2019 endgültig eingeführt und trotz zahlreicher Aussetzer nicht hinterfragt wurde.

(Photo by Martin Rose/Getty Images )

Yannick Lassmann

Rafael van der Vaart begeisterte ihn für den HSV. Durchlebte wenig Höhen sowie zahlreiche Tiefen mit seinem Verein und lernte den internationalen Fußball lieben. Dem VAR steht er mit tiefer Abneigung gegenüber. Seit 2021 bei 90Plus.


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