WM2018-Vorschau: Gruppe H: Alle mit Ambitionen! Polen, Senegal, Kolumbien, Japan

13. Juni 2018 | Global News | BY Manuel Behlert

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Am 14. Juni beginnt die Weltmeisterschaft 2018 in Russland und auch in diesem Jahr kämpfen 32 Nationen um den begehrten WM-Titel. Es gibt einige spannende Gruppen, dazu gehört definitiv die Gruppe H. Eine Prognose zu treffen ist schwer, vier ambitionierte Teams treffen aufeinander. Polen, Kolumbien, Japan und Senegal – all dieses Teams haben die Chance auf das Achtelfinale. 

 

Der Spielplan der Gruppe H

Dienstag, 19.6., 14 Uhr – Kolumbien vs. Japan (Saransk)

Dienstag, 19.6., 17 Uhr – Polen vs. Senegal (Spartak-Stadion, Moskau)

Sonntag, 24.6., 17 Uhr – Japan vs. Senegal (Yekaterinburg)

Sonntag, 24.6., 20 Uhr – Polen vs. Kolumbien (Kasan)

Donnerstag, 28.6., 16 Uhr – Kolumbien vs. Senegal (Samara)

Donnerstag, 28.6., 16 Uhr – Japan vs. Polen (Wolgograd)

 

Unten geht es zu den jeweiligen Vorschauen…

 

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Polen: Viel mehr als nur Lewandowski

Mit 25 Punkten aus 10 Spielen qualifizierte sich die polnische Mannschaft souverän für die Weltmeisterschaft in Russland, ließ dabei die Dänen, Rumänien und Montenegro hinter sich und wird auch bei diesem Turnier in der Lage sein auf sich aufmerksam zu machen. Die Polen verfügen über ein gutes Team mit einigen bundesligabekannten Spielern, aber auch sonst stehen Spieler im Aufgebot, die bei Topklubs unter Vertrag stehen, weswegen eine Fokussierung auf Robert Lewandowski dem Kader insgesamt nicht gerecht wird. Die Polen gehen als Gruppenkopf in eine vermutlich sehr enge Gruppe und wissen, dass Nuancen entscheiden werden. Das Ziel ist natürlich das Erreichen des Achtelfinals – mindestens.

Der endgültige Kader

TOR: Wojciech Szczesny (Juventus), Lukasz Fabianski (Swansea City), Bartosz Bialkowski (Ipswich Town)

ABWEHR: Lukasz Piszczek (Dortmund), Kamil Glik (AS Monaco), Michal Pazdan, Artur Jedrzejczyk (Legia), Jan Bednarek (Southampton), Thiago Cionek (SPAL), Bartosz Bereszynski (Sampdoria)

MITTELFELD: Jakub Blaszczykowski (Wolfsburg), Maciej Rybus (Lok. Moskau), Piotr Zielinski (SSC Neapel), Karol Linetty (Sampdoria), Jacek Goralski (Ludogorets), Kamil Grosicki (Hull City), Rafal Kurzawa (Zabrze), Gregorz Krychowiak (West Bromwich), Slawomir Peszko (Gdansk)

ANGRIFF: Arkadiusz Milik (SSC Neapel), Robert Lewandowski (FC Bayern), Lukasz Teodorczyk (RSC Anderlecht), Dawid Kownacki (Sampdoria)

Der Trainer: Adam Nawalka

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Als aktiver Fußballer spielte Adam Nawalka lange für Wisla Krakau, später zog es ihn zum Ende seiner Karriere noch einmal in die USA. Auch als Vereinstrainer sammelte er Erfahrungen in Polen, unter anderem bei Wisla, aber auch bei Gornik Zabrze. Der 60-jährige ist seit 2013 Nationaltrainer der Polen und hat einen großen Anteil daran, dass sich die polnische Mannschaft mittlerweile in der Weltspitze wiederfindet. Die Europameisterschaft 2016 war erfolgreich, man musste sich nur dem späteren Titelträger Portugal geschlagen geben – und das auch nur im Elfmeterschießen. Seitdem hat sich die Stammelf der Polen wenig verändert und die Eingespieltheit ist ein Schlüsselelement im Spiel der Polen. Neben den Stars, die bereits vor zwei Jahren am Turnier teilnahmen, schafften es auch dieses Mal wieder junge, talentierte Spieler in das Team von Nawalka, der erneut einen guten, ausgewogenen Kader aufgestellt hat.

 

Robustes, eingespieltes Team

Die Spieler der polnischen Nationalmannschaft sind in ganz Europa verstreut, spielen in vielen verschiedenen Ligen und nur wenige sind in Polen aktiv. Gerade ohne einen entsprechenden Block, der bei einem Team spielt, ist es schwerer Automatismen zu generieren. Eben deswegen setzt Trainer Nawalka gerne nicht nur auf den gleichen Kern an Spielern, sondern versucht auch wenig in Sachen Formation. Das 4-2-3-1/4-4-1-1 ist der Standard, man testete nur selten neue Grundformationen. Die Eingespieltheit ist bei Nationalmannschaften natürlich ein Plus und könnte gerade in dieser engen Gruppe, in der Kleinigkeiten entscheiden, den Ausschlag für die Polen geben.

Insgesamt verfügen die Polen über ein sehr robustes, physisch starkes Team mit einigen großgewachsenen Spielern die sehr kopfballstark sind. Lewandowski und Milik im Sturm, Glik im Abwehrzentrum – all dieses Spieler können bei Offensivstandards für Gefahr sorgen. Kamil Glik, der bei der AS Monaco unter Vertrag steht, war nach einer Schulterverletzung in der Vorbereitung eines der Sorgenkinder im Team, wird es aber laut den letzten Untersuchungen zumindest bis zum 2. Turnierspiel in die Startelf schaffen.

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Vor dem starken Torhüter Szczesny sind Pazdan und Glik eher wuchtige Innenverteidiger, die zwar über eine gewisse Ruhe am Ball, aber nicht über die ganz großen, kreativen Lösungen im Spielaufbau verfügen. Unter Druck kommt es deswegen häufiger zu einem langen Ball, was aber kein Problem darstellt, denn insbesondere Lewandowski ist in der Lage diese Bälle zu verarbeiten. Rechts hinten verteidigt Dauerbrenner Piszczek, links hinten steht mit Bereszynski ein spannender Akteur von Sampdoria im Aufgebot, der mit dem Klub aus der Serie A eine sehr gute Saison spielte.

 

Lewandowski-Fokus und die Zielinski-Rolle

Vor der Abwehr spielt mit Krychowiak  ein robuster Abräumertyp, der im Passspiel sauber, aber nicht spektakulär ist. Ohnehin fehlt es dem polnischen Spiel an einer spektakulären Note, das System ist nicht extrem ausgeklügelt, aber eben stabil und gut ausbalanciert. Neben respektive etwas vor Krychowiak steht mit Linetty ein sehr spannender Spieler im Aufgebot, der sehr spielintelligent ist, Zielinski, der im offensiven Mittelfeld oder als hängende Spitze agiert, klug unterstützt und die Außen einbindet. Auch die Alternativen sind solide, ein Ausfall im Mittelfeldzentrum dürfte zu kompensieren sein, notfalls mit einer Fünferkette.

Eine ganz besondere Rolle hat Piotr Zielinski. Der 24-jährige vom SSC Neapel kann die Räume nutzen, die die Lewandowski-Bindung zweier Verteidiger ermöglicht, zudem ist Zielinski ein sehr dynamischer Antreiber, der mit seinen Dribblings gerade im so starken polnischen Umschaltspiel für Überzahlsituationen und gute Chancen sorgen kann. Er fungiert als Verbindungsspieler zwischen der Defensive und der Offensive, bindet die Flügelspieler ins Spiel ein, weicht gerne selbst aus und sorgt dafür, dass die gegnerische Defensive sich viel bewegen muss um ihn zu fassen.

(Photo by ANDRZEJ IWANCZUK / AFP)

Da die Flügelspieler im polnischen Kader vergleichsweise unscheinbar daherkommen, haben sie im Nawalka-System auch keine tragende Rolle, die sie ausüben. Im Prinzip müssen sie viel laufen, weite Wege gehen, die Breite im Spiel aufrecht erhalten und vor allem eines: Robert Lewandowski bedienen. Der 29-jährige ist der Superstar der Mannschaft und ein nahezu kompletter Stürmer, der sowohl im Strafraum als auch außerhalb, mit Platz oder ohne Raum und mit dem Fuß und dem Kopf gefährlich werden kann. Mitunter ist seine Chancenverwertung etwas zu ineffizient, wenngleich er in der Nationalmannschaft der Zielspieler überhaupt ist und sehr viel eingebunden wird. Auch seine direkten Freistöße sind mittlerweile sehr gefährlich. Auf ihn wird es ankommen!

Prognose: Der Gruppensieg ist drin

In dieser spannenden, engen Gruppe H haben die Polen einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz: Sie sind eingespielter und beherrschen ihr System aus dem Effeff. Zudem stehen mit dem schnellen Milik, dem kopfballstarken Teodorczyk und dem physisch starken Talent Kownacki einige vielversprechende Offensivalternativen zur Verfügung. Der Kader ist nicht überragend, das System auch nicht, aber das Beherrschen der Einfachheit und individuelle Klasse, die jederzeit abgerufen werden kann, lassen Polen schon zum Favoriten auf den Gruppensieg anmuten – wenn auch knapp. 

 

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Senegal: Viel Qualität im Team

Der Senegal fährt mit viel individueller Klasse und einigen bekannten Gesichtern zum Turnier nach Russland und gilt bei vielen Experten als eine der interessantesten Mannschaften in diesem Turnier. Dieser Ruf eilte afrikanischen Mannschaften bereits häufiger voraus, das Resultat war oftmals enttäuschend. Damit das nicht der Fall ist, wird es viel auf die notwendige Disziplin im Team ankommen. Die Qualifikation gelang in einer vergleichsweise schwachen Gruppe ohne Niederlage gegen Kap Verde, Südafrika und Burkina Faso, die Generalproben zur Weltmeisterschaft verliefen durchwachsen (0:0 gegen Luxemburg, 2:0-Sieg gegen Südkorea). Die Gruppenphase soll unbedingt überstanden werden, von der 1. Minute an wird es um alles gehen.

Der endgültige Kader

TOR: Abdoulaye Diallo (Rennes), Khadim N’Diaye (Horoya), Alfred Gomis (Ferrara)

ABWEHR: Kalidou Koulibaly (Neapel), Lamine Gassama (Alanyaspor), Kara Mbodji (Anderlecht), Moussa Wague (Eupen), Youssouf Sabaly (Bordeaux), Salif Sane (Hannover), Saliou Ciss (Valenciennes)

MITTELFELD: Badou N’Diaye (Stoke), Cheikhou Kouyate (West Ham), Idrissa Gueye (Everton), Cheikh N’Doye (Birmingham), Alfred N’Diaye (Wolverhampton), Keita Balde (AS Monaco)

ANGRIFF: Sadio Mané (Liverpool), M’Baye Niang (FC Turin), Diafra Sakho, Ismaila Sarr (Rennes), Moussa Konate (Amiens), Mame Diouf (Stoke), Moussa Sow (Bursaspor)

 

Der Trainer: Aliou Cissé

Der 42-jährige Aliou Cisse verbrachte einen Großteil seiner aktiven Karriere in Frankreich, spielte unter anderem in Lille, Paris und Nimes, war aber auch in England tätig, spielte für Birmingham und Portsmouth. Den Job als Nationaltrainer Senegals hat er seit 2015 inne, dies ist auch sein erste Cheftrainerposten nach seinem Karriereende 2009. Bei der Afrikameisterschaft 2017 erreichte Cissé mit dem Senegal das Viertelfinale, scheiterte dort im Elfmeterschießen an Kamerun. Seitdem ist das Team reifer geworden und Cissé hofft nun, dass er Teil einer Erfolgsstory in diesem Sommer sein kann.

 

Viele offene Fragen

Aliou Cisse muss vor dem Turnier noch viele Fragen beantworten, angefangen beim Spielsystem der senegalesischen Mannschaft. In der Qualifikation, der Vorbereitung und den Testspielen Anfang des Jahres wurden verschiedene Systeme gewählt, keines davon war wirklich ideal. Es fehlt an der Eingespieltheit, zudem ist es schwierig die durchaus starken Einzelspieler in ein funktionierendes System zu integrieren. Das könnte eines der Kernprobleme der talentierten Mannschaft aus dem Senegal werden.

Vor dem soliden Torhüter Diallo stehen mit Kara Mbodji, Kalidou Koulibaly und Salif Sané gleich drei starke Optionen für die Innenverteidigung im Aufgebot. Sie können sowohl in einer Fünferkette, als auch in einer Viererkette agieren. Sollte sich Cissé für eine Vierer-Abwehr entscheiden, wäre Kara wohl der leidtragende. Die Abwehr ist robust, verfügt über einen soliden Spielaufbau und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Die Außenverteidiger fallen qualitativ etwas ab, erledigen ihren Job aber gewissenhaft.

(Photo by SEYLLOU / AFP)

Im zentralen Mittelfeld herrscht hingegen ein relativ großes Problem. Zwar sind Spieler wie Kouyaté oder Gueye individuell sehr stark, ihnen fehlt es aber an Kreativität und Ballkontrolle. Beide sind eher dynamisch/robust, schalten sich teilweise unbedacht in das Offensivspiel ein und so entstehen Lücken, die tödlich werden können. Einzig Badou Ndiaye kann spielmachende Elemente auf einem hohen Niveau einbringen, aber auch er ist kein dominanter Spieler, der diese grundsätzlich vorherrschende Problematik ausreichend kaschieren kann.

 

Mané benötigt Unterstützung

Auch im Offensivbereich ergeben sich offene Fragen. Sadio Mané kann als 10er, Flügelspieler und zweite Spitze eingesetzt werden, hat auf all diesen Positionen seine Stärken. Doch die Frage ist vor allem: Wie unterstützt man Mané richtig? Der 26-jährige vom FC Liverpool ist ein Spieler, der viele Offensivaktionen in einem Spiel hat, den Ball häufig fordert, ihn nach vorne treibt und den Abschluss sucht. Er benötigt sowohl Unterstützung von einem Mittelstürmer, der möglichst komplett ist, als auch von anderen Offensivakteuren, die über ein gutes Tempo und eine gewisse taktische Grunddisziplin verfügen.

(Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Und beides haben die Senegalesen in ihrem Kader. Auf dem Flügel ist vor allem Keita Balde von der AS Monaco ein Typ, der für Konstruktivität steht. Sein Passspiel ist sauber, seine Aktionen durchdacht und er bindet seine Mitspieler häufig sehr gut ein. M’Baye Niang ist eher ein abschlussorientierter Spieler, Ismaila Sarr ein hochveranlagter, aber noch zu unreifer, wilder Tempodribbler, der nur als Joker eine Rolle spielen wird, diese könnte aber entscheidend sein.

Im Angriffszentrum verfügt der Senegal gleich über vier Spieler. Während Diafra Sakho und Moussa Konaté eher arbeitende Spieler ohne die ganz großen, beeindruckenden Fähigkeiten sind, gehören Moussa Sow und Mame Diouf zu den eben angesprochenen Akteuren, die Mané hervorragend unterstützen können. Beide sind technisch versiert, beide können Bälle halten und auch einmal ausweichen, um Räume zu schaffen.

Prognose: Gruppenaus für den Senegal

Dennoch: Die individuelle Qualität überragt die vielen Ungereimtheiten nicht in einem entsprechenden Maß. Der Senegal wird es schwer haben die notwendigen Qualitäten für ihr Spiel adäquat einzubringen. In der engen Gruppe kann man sicher mithalten und auch vereinzelte Akzente setzen, um am Ende aber in die nächste Runde einzuziehen fehlt es an Struktur. 

 

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Kolumbien: Die Mischung macht’s

Nach einer starken Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien ist Kolumbien einer der Geheimtipps in Russland. Die Mannschaft hat sich auf den Schlüsselpositionen zumindest nicht eklatant verändert, aber durch hervorragende junge Ergänzungen wie Sanchez oder Mina neue, interessante Elemente kreieren können. Hinzu kommen Führungsspieler wie Falcao oder James Rodriguez, viel technische Qualität und ein sehr intensiver Spielstil. Die Qualifikation in Südamerika verlief ordentlich, am Ende reichten 27 Punkte aus 18 Spielen um sich einen Zähler vor Peru und Chile zu platzieren.

Der endgültige Kader

TOR: Jose Fernando Cuadrado (Once Caldas), David Ospina (Arsenal), Camilo Vargas (Deportivo Cali)

ABWEHR: Santiago Arias (PSV Eindhoven), Johan Mojica (Girona), Frank Fabra (Boca Juniors), Yerry Mina (Barcelona), Oscar Murillo (Pachuca), Davinson Sanchez (Tottenham), Cristian Zapata (Milan)

MITTELFELD: Abel Aguilar (Deportivo Cali), Wilmar Barrios (Boca Juniors), Juan Cuadrado (Juventus), Jose Izquierdo (Brighton), Jefferson Lerma (Levante), James Rodriguez (FC Bayern), Juan Quintero (River Plate), Carlos Sanchez (Espanyol), Mateus Uribe (Club America)

ANGRIFF: Carlos Bacca (Villarreal), Miguel Borja (Palmeiras), Radamel Falcao (AS Monaco), Luis Muriel (Sevilla)

 

Der Trainer: J0sé Pekerman

(Photo by Aurelien Meunier/Getty Images)

Seit 2012 ist der mittlerweile 69-jährige Pekerman der Trainer der kolumbianischen Nationalmannschaft. Seine aktive Karriere musste der Argentinier nach nur 7 Jahren aufgrund einer Knieverletzung beenden, danach vergingen weitere 4 Jahre, bevor er als Jugendtrainer begann. Ab 1994 trainierte er die U20-Auswahl Argentiniens, später auch deren A-Nationalmannschaft, ehe es nach Stationen bei Deportivo Toluca und UANL Tigres zum kolumbianischen Verband ging. Pekerman genießt in Südamerika einen guten Ruf und arbeitet erfolgreich für die Kolumbianer, die zweite WM-Teilnahme in Folge war das Mindestziel.

 

Sehr schwer zu bespielender Gegner

Niemand spielt gerne gegen Kolumbien. Denn diese Mannschaft, die über Topspieler verfügt, ist zudem auch noch relativ strukturiert und sehr athletisch, kann das Tempo gut variieren und jedem Gegner Probleme bereiten. Das zeigte sich auch in den Testspielen in der Vergangenheit, als der spanischen Mannschaft ein Remis abgetrotzt wurde und Frankreich geschlagen werden konnte. Vor dem grundsoliden Torhüter David Ospina wird Pekerman auf eine sehr junge Innenverteidigung aus Mina und Sanchez setzen. Als Alternative gilt Milans Zapata, der als robuster und im Aufbau sehr ruhiger Akteur ein fast gleichwertiger Ersatz, vor allem zu Barca-Profi Mina ist.

Die Außenverteidiger sind eher unspektakulär und fügen sich gut in das System ein. Das Kernproblem der kolumbianischen Mannschaft, gerade hinsichtlich der individuellen Klasse, dürfte das zentrale Mittelfeld sein. Im Offensivbereich ragt natürlich James Rodriguez heraus, dessen Rolle später noch genauer beleuchtet wird. Auf der Doppel-6 fehlt es jedenfalls an Spielern mit großer internationaler Klasse, sodass dort eher auf eine solide Arbeit gegen den Ball Wert gelegt wird. Trotzdem sind Aguilar und Sanchez oder Barrios natürlich nicht unwichtig, sind Anspielstationen im Spielaufbau, treten aber selbst kaum kreativ in Erscheinung, sondern spielen die Bälle schnell und meist kurz weiter.

(Photo by MIGUEL MEDINA / AFP)

Die Offensive ist schon deutlich interessanter, vor allem aufgrund der verschiedenen Spielertypen, die den Kolumbianern zur Verfügung stehen. Auf der rechten Seite ist Juan Cuadrado gesetzt. Der 30-jährige vereint zahlreiche Qualitäten die für einen Flügelspieler unabdingbar sind: Er beherrscht das Dribbling, ist extrem antrittsstark und verfügt überdies über eine enorme Endgeschwindigkeit, zudem ist er ein starker Flankengeber und beherrscht das Umschaltspiel auf die Defensive formidabel.

 

James als Dreh- und Angelpunkt

Die linke Offensivseite kann von mehreren Spielern besetzt werden. Einerseits steht Mateus Uribe zur Verfügung, der sich im Dribbling sehr geschickt zeigt, andererseits gibt es auch die Möglichkeit Jose Izquierdo einzusetzen, der gerne in die Mitte zieht, den Abschluss sucht, aber auch aktiv am Kombinationsspiel teilnimmt. Sogar Mittelstürmer Muriel kann aufgrund seiner Geschwindigkeit diese Rolle ausüben.

Im offensiven Zentrum dreht sich alles um James Rodriguez. Der 26-jährige vom FC Bayern wird in nahezu jedem Angriff gesucht, er ist der Taktgeber, er entscheidet wie der Angriff gespielt werden soll. James kann selbst den Abschluss suchen, auf die Außen ausweichen und sowohl durch kreative Pässe als auch durch punktgenaue Flanken, die er sogar aus dem Stand beherrscht, Chancen kreieren. Mit Cuadrado, Izquierdo/Muriel/Uribe und vor allem dem immer noch torgefährlichen und kombinationsstarken Falcao im Sturmzentrum harmoniert James sehr gut, die Offensive ist insgesamt nur sehr schwer auszurechnen.

Photo by Gabriel Aponte/Getty Images)

Auch bei ruhenden Bällen sind die Kolumbianer gefährlich. James ist ein guter Standardschütze, die Innenverteidiger sind kopfballstark, auch Falcao verfügt über ein gutes Kopfballspiel. Als weitere Offesivalternative gilt Carlos Bacca, der beim FC Villarreal unter Vertrag steht. Er bringt ein gutes Tempo und einen guten Abschluss mit, wird aber aller Voraussicht nach eher als Joker zu Einsatz kommen.

Prognose: Möglichkeiten auf den Gruppensieg

Kolumbien ist gut, aber nicht überragend. Die Mannschaft von José Pekerman kann aufgrund ihrer individuellen Klasse und der hohen Intensität aber dennoch viel erreichen. Die Gruppenphase sollte überstanden werden, auch wenn jeder Gegner ein potenzieller Stolperstein ist. Danach ist gegen jeden Gegner etwas möglich, gerade mit individuell überlegenen Kontrahenten haben die Kolumbianer zuletzt gute Erfahrungen gemacht. 

 

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Japan: Bloß nicht unterschätzen

Asiatische Teams genießen den Ruf relativ strukturiert, gut organisiert und laufstark zu sein. Bringt man dann noch eine gewisse individuelle Klasse mit, dann ist ein unangenehmer Gegner bereits fertig. Und genau das wollen und können die Japaner sein: unangenehm. Die Qualifikation verlief gut, in der ersten Gruppenphase gewann man 7 der 8 Spiele, kassierte insgesamt keinen Gegentreffer. Die zweite Gruppenphase verlief mit Gegnern wie Australien oder Saudi-Arabien deutlich schwerer, aber auch hier bestach die Defensive und auch hier konnte am Ende der Gruppensieg gefeiert werden. Und so soll es nun weitergehen.

Der endgültige Kader

TOR: Eiji Kawashima (Metz), Kosuke Nakamura (Kashiwa), Masaaki Higashiguchi (Gamba Osaka)

ABWEHR: Tomoaki Marino (Urawa Reds), Yuto Nagatomo (Galatasaray), Maya Yoshida (Southampton), Hiroki Sakai (Marseille), Gotoku Sakai (HSV), Gen Shoji, Naomichi Ueda (Kashima Antlers), Wataru Endo (Urawa Reds)

MITTELFELD: Makoto Hasebe (Frankfurt), Hotaru Yamaguchi (Cerezo Osaka), Gaku Shibasaki (Getafe), Keisuke Honda (Pachuca), Takashi Inui (Eibar), Genki Haraguchi, Takashi Usami (Düsseldorf), Ryota Oshima (Kawasaki Frontale),  Shinji Kagawa (BVB)

ANGRIFF: Shinji Okazaki (Leicester), Yoshinori Muto (Mainz), Yuga Osako (Köln)

 

Der Trainer: Akira Nishino

(Photo by Masahiro Ura/Getty Images)

Der frühere Mittelfeldspieler sieht ein wenig aus wie das asiatische Pendant zu DFB-Trainer Joachim Löw und ist erst seit 2018 als japanischer Nationaltrainer im Amt, übernahm den Posten von Vahid Halihodzic. Als Trainer konnte er bisher die J-League, den dazugehörigen Pokal und die asiatische Champions League gewinnen. Nishino gilt als innovativer Trainer, hat es aber schwer die japanische Mannschaft aufgrund der kurzfristigen Amtsübernahme nach seinen Wünschen zu formen. Immerhin: Ein starker Kader steht ihm zur Verfügung.

 

Die Wundertüte der Gruppe H

Das Ziel der japanischen Mannschaft ist es, wieder konstruktiveren Fußball zu spielen. Unter Halihodzic spielte man eher abwartend, legte viel Wert auf die Defensive und vernachlässigte zuweilen (nicht permanent!) das eigene Ballbesitzspiel, obwohl es für dessen Umsetzung eigentlich genügend ballsichere, technisch starke Akteure gibt. Nishino setzte bei seinen bisherigen Stationen auf ein gutes Spiel gegen den Ball, klare Abläufe im Ballbesitzspiel und phasenweise auf ein sehr aggressives Pressing mit einer hohen Präsenz im Angriffsdrittel. Nishino muss seine Vorstellungen nun in kürzester Zeit implementieren, damit Japan überraschen kann.

Die grundsätzliche Qualität im Kader ist nämlich vorhanden. In der Innenverteidigung steht beispielsweise mit Maya Yoshida in zuverlässiger Spieler im Aufgebot, der vor allem im Verbund mit dem aufbaustarken Ende eine gute Kombination darstellen würde. Links verteidigt Nagatomo, der sich gerne in die Offensive einschaltet, rechts stehen mit Hiroki (Marseille) und Gotoku (HSV) Sakai gleich zwei gute Spieler im Aufgebot. Im defensiven Mittelfeld nimmt Makoto Hasebe eine tragende Rolle ein, sorgt für die Balance, ist ein pressingresistenter Spieler, der den Ball gut verteilen kann. Auch hier stehen grundsolide Alternativen zur Verfügung, allen voran Yamaguchi, der mit seinen Vorstößen für Gefahr sorgen kann.

 

Spielmachende Elemente werden aufgeteilt

In der Offensive stehen verschiedene Spielertypen zur Verfügung. Einerseits schnelle, dribbelstarke Spieler wie Usami oder Inui, die sich vor allem in engen Räumen sehr wohlfühlen, andererseits ein Spieler wie Shinji Kagawa, der häufig durch Kombinationen positiv auffällt, oder aber Keisuke Honda, der zwar nominell häufig auf der rechten Seite agiert, aber selbst eher kreative Elemente einbringt als die klassischen Aufgaben eines Flügelspielers zu übernehmen. Diese Einbindung Hondas ist aber wichtig, denn so hilft er den Druck von Kagawa zu nehmen, der sich seinerseits dann mehr auf die Pressingarbeit konzentrieren kann.

(Photo by Masahiro Ura/Getty Images)

Die drei Angreifer der Japaner sind allesamt bundesligabekannt. Shinji Okazaki spielt mittlerweile für Leicester City, steht für eine hohe Arbeitsrate, kann auch auf den Flügel ausweichen und ist sowohl mit dem Fuß als auch mit dem Kopf stark. Yuya Osako vom 1. FC Köln ist spielstark, schnell und kann vor allem in Umschalt- oder Kombinationssituationen mit Kagawa & co. für Furore sorgen. Der dritte im Bunde ist Yoshinori Muto vom FSV Mainz 05, der ebenfalls eine gute Ballbehandlung hat und seine Mitspieler in Szene setzen kann, zudem instinktiv handelt und häufig ins Spielgeschehen eingebunden wird.

Prognose: Es wird schwer

Der japanische Kader ist ausgewogen, gut besetzt und kann überraschen. Allerdings sind die Polen und die Kolumbianer tendenziell stärker besetzt, dazu noch eingespielt. Japan muss auf die eigenen Stärken bauen und wird ein wenig Glück benötigen um in die K.O.-Runde einzuziehen. Den Senegal muss man schlagen, gegen Polen oder Kolumbien mindestens einen Punkt mitnehmen. Aufgrund der geringen Vorbereitungszeit von Nishino wird das Weiterkommen ein schwieriges, aber nicht unmögliches Unterfangen. 

 

90Plus-Tabellenprognose
  1. Kolumbien
  2. Polen
  3. Japan
  4. Senegal

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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