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Brahim Díaz: Vom Reservisten zur königlichen Allzweckwaffe​

4. Februar 2024 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Im Dress der Königlichen hat in den vergangenen Wochen besonders ein Mann auf sich aufmerksam gemacht. Es war nicht Jude Bellingham und auch nicht Vinícius, sondern Brahim Díaz. Über einen Spieler, dessen Name im Bernabéu nicht oft besungen wird, der für Carlo Ancelotti aber plötzlich mehr als nur eine Option ist.

Brahim Díaz: Plötzlich wichtig für Real Madrid

Es läuft bereits die Nachspielzeit der Verlängerung im Halbfinale der spanischen Supercopa. Real Madrid ist gerade durch ein Eigentor von Atlético-Verteidiger Stefan Savic in Führung gegangen und verteidigt das 4:3 mit aller Kraft. Mittelstürmer Joselu klärt nach einem Einwurf von César Azpilicueta im eigenen Strafraum. Ein blinder Befreiungsschlag, der zur entscheidenden Torvorlage wird. Der eingewechselte Brahim Díaz wittert seine Chance, sprintet dem Ball nach, überholt dabei Schlussmann Jan Oblak in bester Gareth-Bale-Manier, schüttelt auch Nahuel Molina ab und schiebt aus 35 Metern ins verwaiste Tor ein.

Es sind Momente wie diese, die aus Brahim in dieser Spielzeit einen wertvollen Teil des Kaders der Königlichen gemacht haben. Nach Anlaufschwierigkeiten kommt der 24-Jährige unter Trainerlegende Carlo Ancelotti mehr und mehr zum Zug und zahlt das Vertrauen mit starken Leistungen zurück. Dabei kommt ihm vor allem seine Variabilität zugute. Ob klassisch als Zehner, als Linksaußen, über die rechte Bahn oder im Sturm, Brahim erweist sich zurzeit als Allzweckwaffe der Real-Offensive.



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17 Millionen Euro für 400 Minuten

1999 in Malága geboren, wechselte Brahim Díaz im Alter von elf Jahren in die Nachwuchsabteilung des damals neureichen FC Malága. Bereits drei Jahre später wagte er den Sprung auf die Insel und schloss sich der Academy von Manchester City an. Ein gewagter Schritt, der sich für den kleinen Dribbler mit marokkanischen Wurzeln jedoch früh auszahlte. Schon mit 16 debütierte Brahim in der Premier League 2 (damals U21 Premier League) und sammelte ein Jahr später im EFL-Cup gegen Swansea seine ersten Minuten als Profi.

In den nächsten anderthalb Jahren kamen immer wieder sporadische Einsätze hinzu, ein fester Bestandteil der hochkarätig besetzten Citizens wurde Brahim allerdings nicht. Dabei hält Pep Guardiola große Stücke auf den Spanier. „Wir wollen ihn. Wir wollen, dass er für vier oder fünf weitere Jahre unterschreibt“, plädierte der Katalane Ende 2018 für eine Verlängerung des auslaufenden Vertrags. Doch Brahim Díaz blieb nicht. Ein halbes Jahr vor Vertragsende zog es ihn zurück nach Spanien, Real Madrid überwies 17 Millionen für den Teenager mit gerade einmal 414 Minuten Profi-Erfahrung. Kurios: Brahims Berater zu dem Zeitpunkt war Pere Guardiola, Peps Bruder.

In der Heimat geriet die Karriere jedoch ins Stocken. Sowohl unter Santiago Solari als auch unter dessen Nachfolger Zinédine Zidane kam der variable Offensivspieler kaum zum Zug. Es folgte im Sommer 2020 eine zunächst einjährige Leihe zur AC Milan, die sich als Glücksgriff für alle Parteien erweisen sollte. Brahim zählte erstmals in seiner jungen Karriere zum erweiterten Stamm einer Top-Mannschaft. In 27 Einsätzen war der Spanier an acht Toren beteiligt und trug so seinen Teil dazu bei, dass sich die Rossoneri erstmals seit der Saison 2013/14 für die Champions League qualifizierten.

Brahim Díaz

Brahim Díaz im Trikot der AC Milan. (Photo by Marco Luzzani/Getty Images)

Brahims Leihe wurde daraufhin bis Sommer 2023 verlängert, Milan sicherte sich zudem eine Kaufoption in Höhe von 22 Millionen Euro. Real behielt mit einer Rückkaufklausel allerdings stets einen Fuß in der Tür. Auch in der Folgesaison blieb der Andalusier eine feste Größe im Team von Stefano Pioli, das nach elf langen Jahren endlich wieder den Scudetto gewann. Für Brahim Díaz, zu diesem Zeitpunkt immer noch erst 22 Jahre alt, war es bereits der dritte Meistertitel seiner Laufbahn, dieses Mal war sein Anteil am Erfolg jedoch deutlich größer als bei der englischen Meisterschaft mit Manchester City (2017/18) oder dem Gewinn der La Liga mit Real Madrid (2019/20).

In der Saison 2022/23 fehlte Milan in der Liga die Konstanz, um mit den Überfliegern aus Neapel mitzuhalten, am Ende stand ein vierter Platz. In der Champions League war erst im Halbfinale Schluss, ausgerechnet Lokalrivale Inter verhinderte den ersten Finaleinzug seit 16 Jahren. Brahim spielte sein stärkstes Jahr in Italien, ihm gelangen wettbewerbsübergreifend sieben Tore und sieben Vorlagen, darunter ein spektakuläres Solo-Tor beim 2:0-Heimsieg gegen Rekordmeister Juventus. Kein Wunder also, dass Pioli seinen Schützling gerne langfristig gehalten hätte: „Er entwickelt sich zu einem Spieler auf absolutem Top-Niveau. Natürlich würde ich ihn gerne weiterhin trainieren.“

Brahim Díaz überzeugt Ancelotti und Kroos

Piolis Wunsch blieb unerfüllt, seit dieser Saison kickt Brahim Díaz wieder in der spanischen Hauptstadt. Doch zunächst sah es ganz danach aus, als würde es auch im zweiten Anlauf bei den Königlichen nicht funktionieren. Ganze 181 Minuten ließ Carlo Ancelotti seinen Neuzugang aus den eigenen Reihen an den ersten 14 Spieltagen ran, nur zweimal stand der Edeltechniker in der Startelf. In den sozialen Medien forderten viele Madridistas Einsatzzeiten für Brahim, Carlo Ancelotti lächelte das Thema im Vorfeld des Champions-League-Spiels in Braga nonchalant weg: „Er ist professionell und wird eine Rolle spielen. Brahim hat etwas Besonderes, da er bei Milan gespielt hat.“

Und tatsächlich: Beginnend mit dem Braga-Spiel zahlte sich die Geduld endlich aus. Auch weil sich Superstar Vinícius Junior am Oberschenkel verletzte, war Brahim plötzlich gefragt und machte den Dezember zu seinem Monat. „Wenn ich jetzt so einen Brahim sehe, der in den ersten zwei Monaten der Saison fast gar keine Minuten bekommen hat und jetzt plötzlich Minuten hat, wo man eigentlich normal sagt: ‚Natürlich hat der keinen Rhythmus.‘ Dafür liefert er aber gut“, fand Toni Kroos in seinem Podcast Einfach mal Luppen lobende Worte für seinen Teamkollegen. In vier Startelfeinsätzen in Folge gelangen Brahim zwei Tore und eine Vorlage. Dabei setzte ihn Ancelotti im 4-2-2-2 auf vier verschiedenen Positionen ein. „Er spielt aktuell sehr gut, arbeitet sehr viel“, zeigte sich der Italiener zufrieden mit der Entwicklung des einmaligen spanischen Nationalspielers.

Dieses eine Länderspiel liegt bereits drei Jahre zurück und wäre ohne die Corona-Pandemie wohl nicht zustande gekommen. Die A-Nationalmannschaft befand sich nach einem positiven Coronatest im Einzeltraining, weshalb große Teile des U21-Teams für den Test gegen Litauen einsprangen. Brahim stand über die volle Distanz auf dem Platz und steuerte einen Treffer zum 5:0 bei. Ob zu diesem einem Einsatz für die Furia Roja noch weitere hinzukommen werden, ist aktuell mehr als fraglich. Ende 2021 wurde Brahim zwar von Luis Enrique nochmal in den Kader berufen, kam aber nicht zum Einsatz. Zuletzt berichtete die Marca zudem über einen Verbandswechsel. Brahim wolle demnach zukünftig für die marokkanische Auswahl auflaufen. Bereits vor der WM 2022 klopften die Nordafrikaner beim Offensivmann an, zum Debüt für die Löwen vom Atlas kam es bis heute jedoch nicht.

Seinen Verein wird es freuen, dass Brahim Díaz zurzeit nicht beim Afrika-Cup weilt. Mit der Rückkehr von Vinicius Jr. und dem wiedererstarkten Rodrygo droht dem 24-Jährigen zwar wieder öfter die Bank, doch Ancelotti weiß mittlerweile, was er am früheren Mailänder hat. Aus dem Dauerreservisten ist ein ernstzunehmender Kandidat für die Startelf geworden.

Autor: Till Gabriel

(Photo by PIERRE-PHILIPPE MARCOU/AFP via Getty Images)


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