Zwischen Fortschritt und Stagnation: Xavis Amtszeit beim FC Barcelona

17. April 2024 | News | BY Philipp Overhoff

Durch das gestrige Champions-League-Aus gegen Paris Saint-Germain hat der FC Barcelona seine vermutlich einzig verbleibende Titelchance in dieser Saison verspielt. Wie ist die Amtszeit des im Sommer scheidenden Xavi eigentlich zu bewerten?

FC Barcelona: Das verflixte letzte Jahr

Frust beim FC Barcelona: Nach der 1:4-Heimniederlage gegen Paris Saint-Germain herrscht bei den Katalanen Katerstimmung. Durch das Viertelfinal-Aus in der Champions League hat Barca eine weitere Titelchance in dieser Saison verspielt und droht, in Xavis letztem Jahr als Cheftrainer leer auszugehen. Bereits in den spanischen Pokal-Wettbewerben blieben die Blaugrana erfolgslos, nun musste auch der Traum vom Triumph in der Königsklasse begraben werden.



Einzig in der Liga verbleiben noch minimale Restchancen auf ein Erfolgserlebnis. Gewinnt Barca den am Sonntag stattfindenden Clásico gegen Real Madrid, so schrumpft der Rückstand auf den an der Tabellenspitze liegenden Rivalen auf fünf Punkte. Bei dann noch sechs ausstehenden Partien erscheint es allerdings äußerst unrealistisch, dass die so konstant agierenden Königlichen noch derart viele Zähler liegen lassen.

Realistisch betrachtet, gewinnt der FC Barcelona in der letzten Saison von Vereinslegende Xavi also keinen Titel mehr. Ein Szenario, dass sich der Klub noch vor Saisonbeginn mit Sicherheit ganz anders ausgemalt hatte. Die Meister-Mannschaft der Vorsaison wurde unter anderem mit Ilkay Gündagon, Joao Cancelo und Joao Felix verstärkt und sollte den klar erkennbaren Aufwärtstrend der bisherigen Xavi-Ära fortsetzen.

Xavi führt die Wende herbei

Man muss nicht lange in der Zeit zurückgehen, da war die Situation in Katalonien noch eine gänzlich andere. Im November 2021 befand sich der große FC Barcelona nur auf einem Mittelfeldplatz in La Liga und stand in der Champions-League-Gruppenphase vor dem Aus. Erst im Sommer hatte Lionel Messi den Klub verlassen, außerdem plagten den Verein Schulden in Milliardenhöhe.

Am absoluten Tiefpunkt angekommen, ging der Klub volles Risiko und verpflichtete Xavi vom katarischen Klub al-Sadd SC. Auf der europäischen Trainer-Bühne war der einstige Weltklassespieler noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Auch wenn dieser das Aus in der Champions-League-Vorrunde nicht mehr verhindern konnte, führte er noch in seiner Debüt-Saison die Wende herbei und sicherte seiner Mannschaft den zweiten Tabellenplatz. Höhepunkt der starken Rückrunde war ein 4:0-Auswärtssieg bei Real Madrid.

(Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Im Sommer 2022 ging Barca dann in den Angriffsmodus und verpflichtete unter anderem Robert Lewandowski. In seiner ersten vollen Spielzeit als Barca-Trainer führte Xavi den krisengeplagten Klub zur ersten spanischen Meisterschaft seit 2019 und holte außerdem den Titel im Supercup. Schnell erarbeitete sich der frühere Mittelfeld-Stratege den Ruf als eines der größten Trainer-Talente der Welt.

Doch die laufende Saison 2023/2024 läuft nicht mehr vollumfänglich nach Plan. In der heimischen Liga ließen die Katalanen insbesondere in der Hinrunde jegliche Konstanz vermissen und halsten sich somit schnell einen deutlichen Rückstand auf Real Madrid auf. Xavi wirkte vor allem in Interviews und bei Pressekonferenzen dünnhäutig und stellte die Zukunft bei seinem Herzensklub immer wieder infrage. Nach einer 3:5-Niederlage Ende Januar gegen den FC Villarreal gab der 44-Jährige seinen Rücktritt zum Saisonende bekannt. „Das Gefühl, Barça-Trainer zu sein, ist unangenehm, es ist grausam, man hat oft das Gefühl, respektlos behandelt zu werden, dass die eigene Arbeit nicht wertgeschätzt wird“, sagte er im Anschluss. „Das ist eine schreckliche Belastung für die geistige Gesundheit und die Stimmung.“

Wie ist die Ära Xavi zu bewerten?

Xavis Amtszeit beim FC Barcelona wird nach knapp zweieinhalb Jahren also in wenigen Wochen zu Ende gehen. Hängenbleiben werden vor allem zwei gewonnene Titel, darunter die erste Meisterschaft seit 2019. Hängebleiben wird aber ebenso, die leistungstechnische Stagnation im letzten Kalenderjahr und die vermutlich titellos endende Saison 2023/2024.

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Dennoch hat Xavi etwas geschafft, das über den kurzfristigen sportlichen Erfolg hinausgeht: Er hat dem Verein wieder eine klare Identität gegeben. Nach Jahren der millionenschweren Flop-Transfers à la Philippe Coutinho oder Antoine Griezmann setzt Barca endlich wieder im großen Stil auf die hauseigenen La-Masia-Talente.

Auch wenn er Spieler wie Pedri, Gavi, Lamine Yamal oder Pau Cubarsi nicht zwangsläufig alle selbst entdeckt hat, so gelang es ihm dennoch, diese zuverlässig in die erste Elf einzubauen und dem katalanischen Spiel wieder eine klare DNA zu verpassen. Auch ohne Xavi scheint die Zukunft des FC Barcelona daher in guten Händen zu liegen – eine Aussage, die vor wenigen Jahren noch in weiter Ferne zu liegen schien.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

 

 


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