La Liga: Diese Talente könnten 2022/23 auf sich aufmerksam machen
9. August 2022 | Spotlight | BY Florian Weber
Neue Saison, neue Chancen. Für sämtliche Spieler, vor allem aber für diejenigen, denen große Karrieren prophezeit werden. Der spanischen La Liga wird immer wieder nachgesagt, über die besten Nachwuchsakademien der Welt zu verfügen. La Masia und die Jugendabteilungen der beiden Klubs aus dem Baskenland sind legendär. Wir stellen euch einige Spieler vor, die in der kommenden Saison verzaubern könnten.
Gavi (18, FC Barcelona, Zentrales Mittelfeld)
Seinen Durchbruch erlebte Gavi bereits in der vergangenen Saison. Er debütierte in La Liga (34 Spiele), der Champions League (6 Spiele) und für die spanische Nationalmannschaft (10 Spiele). All das, obwohl Gavi erst vor wenigen Tagen, am 5. August, 18 Jahre alt wurde. Er ist der jüngste Spieler, der je für die spanische Nationalmannschaft auflief. Das inflationär benutzte Label „Wunderkind“ wurde auch ihm schon von verschiedenen Medien gegeben.
Auf dem Platz fällt der extrem niedrige Körperschwerpunkt des nur 1,73 Meter kleinen Mittelfeldspielers auf. Zum einen ist der dadurch wendiger und schneller als sämtliche Gegner, zum anderen aber auch standfester. Immer wieder setzt Gavi seinen Körper geschickt ein, um den Ball abzuschirmen. Den Gegnern bleibt meist nur noch ein Mittel: Gavi zu foulen. Er gehörte in der vergangenen Saison zu den meistgefoulten Spieler Europas.
Beim FC Barcelona agiert er meist als Verbindungspieler zwischen Mittelfeld und Angriff, passt oder dribbelt den Ball ins Angriffsdrittel, scheut aber auch nicht davor zurück, selbst den in Stürmerraum zu stoßen. Wenn ein Vergleich mit einem der drei großen Mittelfeldspieler der Guardiola-Ära herbeigezogen werden soll – Busquets, Xavi oder Iniesta – ist Andres Iniesta dem La-Masia-Eigengewächs Gavi wohl am ähnlichsten. Nimmt seine Karriere den Verlauf, den sämtliche Beobachter erwarten, wird er in einigen Jahrzehnten aber wohl selbst als Vergleichsobjekt für aufstreben Talente herangezogen werden.
Pedri (19, FC Barcelona, Zentrales Mittelfeld)
Gavi ist nicht der einzige hochverlangte Mittelfeldspieler im Kader des FC Barcelona. Neben ihm könnte niemand geringeres als Pedri auflaufen. Auch er hat sich in La Liga bereits etabliert und begeisterte darüber hinaus bei der Europameisterschaft 2020 im Mittelfeld der spanischen Nationalmannschaft. Dort trägt er die schillernde Rückennummer 10. Bei Barca lief er in der Vergangenheit mit der Nummer 16 auf, bis er in diesem Sommer die Nummer wechselte. Künftig wird die 8 auf seinem Rücken prangern. Die Nummer, die früher Andres Iniesta getragen.
Pedris Spielweise erinnert an eine Mischung aus Xavi und Iniesta. Er positioniert sich brillant, ist stets anspielbar und behält auch in engen Räumen die Übersicht. Nicht zuletzt wegen unzähligen kurzen Schulterblicken. Seine Mitspieler vertrauen ihm schon jetzt bedingungslos und spielen den 19-Jährigen in engen Räumen an. Immer wieder knackt Pedri mit direkten Ablagen das gegnerische Pressing. Eine Qualität, die ihn dabei kaum zu stoppen macht, ist seine Beidfüßigkeit.
Weiter vorne sind es vor allem seine Schnittstellenpässe in den Strafraum, die Pedri abheben. Er sieht Räume, die noch gar nicht geöffnet sind, und Laufwege, die nur gemacht werden, weil Pedri den Ball am Fuß hat. Im Gegensatz zu Gavi scheut er allerdings noch etwas vor Vorstößen in den gegnerischen Strafraum zurück. Ihm mangelt es etwas an Torgefahr. Aber diese Schwachstelle fällt nur auf, wenn man intensiv nach einer sucht.
Ansu Fati (19, FC Barcelona, Linksaußen)
Wieder ein Talent des FC Barcelona? Ja, denn bei den Katalanen wächst eine goldene Generation heran. Ob sie ähnlich erfolgreich und glanzvoll sein wird, wie die um Iniesta, Xavi, Puyol und Messi, wird die Zeit zeigen – auszuschließen ist es aber nicht. Und das will schon was heißen.
Nach fünf Kurzeinsätzen im Endspurt der vergangenen Saison will Ansu Fati wieder voll angreifen. Doch hinter ihm liegt eine lange Leidenszeit. Über 300 Tage musste der spanische Offensivspieler wegen eines Meniskusrisses pausieren.
Zuvor hatte er die gesamte Fußballwelt verzaubert, nachdem er in die angeschlagene erste Mannschaft des FC Barcelona geworfen wurde – und sämtliche Verteidiger düpierte, ja fast blamierte. Er ist er jüngste Torschütze des FC Barcelona, der jüngste Torschütze der Champions League und der jüngste Torschütze der spanischen Nationalmannschaft. Und als Klubpräsident Joan Laporta im April gefragt wurde, ob der FC Barcelona im Sommer einen Superstar verpflichten würde, antworte dieser: „Wir haben bereits den Besten! Wir haben Ansu Fati.“ Naja, Stars haben sie trotzdem verpflichtet, aber völlig realitätsfern sind die Worte von Laporta nicht.
Eduardo Camavinga (19, Real Madrid, Zentrales Mittelfeld)
Vor der vergangenen Saison wechselte Eduardo Camavinga zu Real Madrid, mit denen er gleich in seiner ersten Saison die Champions League gewann. Zwar nicht als Stammspieler, was bei einem Mittelfeld bestehend aus Toni Kroos, Luca Modric und Casemiro auch keine Schande ist, dennoch war er ein wichtiger Bestandteil der fabelhaften Saison der Königlichen. In der La Liga stand er 26 Mal auf dem Rasen, in der Champions League 14 Mal. In Erinnerung ist vor allem sein Auftritt im Halbfinalrückspiel gegen Manchester City geblieben. Nach seiner späten Einwechslung in der 75. Spielminute dominierte er das Mittelfeld und spielte fast aufreizend unaufgeregt. Das Pressing von City provozierte er regelrecht, er lockte die Aufmerksamkeit auf sich, immer und immer wieder, nur um es elegant zu überspielen.
In seiner zweiten Saison will Camavinga den Aufwärtstrend nun fortsetzen. Er kam in einer herausragenden Frühform ins Trainingslager von Real Madrid. Meist spielte er in der vergangenen Saison auf der Position von Modric, der rechten Acht. Natürlich wird es schwer sein, an dem niemals älterwerdenden Kroaten vorbeizukommen, doch die Dreifachbelastung und Zusatzbelastung durch die Weltmeisterschaft mitten in der Saison wird Spielzeit zuhauf für Camavinga bieten. Und diese will er nutzen. Und spektakulärere, furchtlosere und hinreißendere Spieler als Camavinga gibt es im europäischen Fußball kaum. Er scheut kein Risiko – sowohl gegen als auch mit dem Ball. Alle, die Camavinga bisher nicht verzaubert hat, wird er in der kommenden Saison für sich einnehmen wollen.
Yunus Musah (19, FC Valencia, Zentrales Mittelfeld)
Geboren in New York, spielte Yunus Musah in der Jugend des FC Arsenal, bevor er als 16-Jähriger seinen Wechsel zum FC Valencia forcierte. Ein Wechsel, der damals mit einem Beigeschmack betrachtet wurde, sich aber als die richtige Entscheidung herausstellte. Denn seit mittlerweile drei Jahren spielt der Mittelfeldspieler bei den Profis des FC Valencia eine wichtige Rolle.
Seinen Stammplatz hat er in der vergangenen Saison zwar verloren, trotzdem ist Musah ein Durchbruch zuzutrauen. Er ist weniger Stratege als die Barcelona-Talente Gavi und Pedri, dafür aber ein – wie Lucien Favre zu sagen liebt – polyvalenter Spieler. Er wurde, auch wegen seiner herausragenden Athletik, bereits auf beiden Mittelfeldseiten, Verteidigungsseiten und im zentralen Mittelfeld eingesetzt.
Mohamed-Ali Cho (18, Real Sociedad, Mittelstürmer)
Mohamed-Ali Cho wurde in den letzten Monaten mit sämtlichen Bundesligaklubs in Verbindung gebracht. Dem FC Bayern München, Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt – schlussendlich wechselte er aber zu Real Sociedad. Zuvor, schon als 17-Jähriger, spielte sich der dribbelstarke Stürmer in die Startelf des französischen Erstligisten SCO Angers.
Er ist ein Spieler, wie gemacht für den hyperathletischen modernen Fußball: pfeilschnell, stämmig und trotzdem grazil. Häufig wurde er im Sturmzentrum eingesetzt, seine Anlagen weisen aber darauf, dass er auch auf den Flügeln einschlagen könnte. Sein starker Fuß ist der linke. Die Seite, auf der er sich wohler fühlt, die rechte. Er liebt es, mit dem Ball am Fuß in die Mitte zu ziehen und den Abschluss zu suchen.
Ander Barrenetxea (20, Real Sociedad, Linksaußen)
Sollte Cho auf dem Flügel eingesetzt werden, könnte er in einigen Spielen eine Flügelzange mit dem anderen hochveranlagten Spieler von Real Sociedad bilden: Ander Barrenetxea. Der Linksaußen kommt aus der berüchtigten Akademie der Basken, erspielte sich in seinen mittlerweile drei Jahren bei den Profis hohes Ansehen. Sein Vertrag wurde prompt bis 2027 verlängert, bevor er sich in der zweiten Hälfte der vergangenen Saison am Oberschenkel verletzte und monatelang ausfiel.
Auf den endgültigen Durchbruch wartet der 20-Jährige noch. Er ist weniger ein physisch herausragender Spieler, sondern einer, der mit seinem Gefühl und Verständnis für das Spiel besticht. Sein Körperschwerpunkt ist wie der von Gavi extrem tief. Daraus ergibt sich auch seine größte Stärke: Dribblings. Am häufigsten wurde er auch dem linken Flügel eingesetzt. Immer wieder suchte er von dort aus Eins-gegen-eins-Situationen, bei denen er sich mit seiner herausragenden Balance durchsetzte und mit seinem starken rechten Fuß gefährliche Anschlussaktionen kreierte.
Allerdings hat Barrenetxea auffällige Schwächen. Seinen linken Fuß nutzt er nur selten und er hat einen schwachen Abschluss, von dem wenig Torgefahr ausgeht. Trotzdem könnte es die Saison von Barrenetxea, wenn er sich von seiner Verletzung erholt.
La Liga: Fünf weitere Spieler, auf man in der kommenden Saison ein Auge werfen sollte:
- Yéremy Pino (19, FC Villareal, Rechtsaußen)
- Nico Williams (20, Athletic Bilbao, Rechtsaußen)
- Kaiky (18, UD Almería, Innenverteidiger)
- Williot Swedberg (18, Celta Vigo, Zentrales Mittelfeld)
- Yan Couto (20, FC Girona, Rechtsverteidiger)
(Photo by David Ramos/Getty Images)