Spotlight

A La Liga | Doch kein Titelkampf, bekannte Probleme in San Sebastian und ein 20-jähriger Shootingstar

8. März 2023 | Spotlight | BY Michael Bojkov

Spotlight | Ein Titelkampf, der mittlerweile keiner mehr ist, das konstant inkonstante Real Sociedad und ein aufstrebender Mittelfeldmann von Celta Vigo, der zum Spieler des Monats gewählt wurde – das sind die aktuellen Themen in La Liga.

In „A La Liga“ thematisiert 90PLUS-Redakteur Michael Bojkov die Brennpunkte des spanischen Fußballs. Das Format erscheint im zweiwöchigen Rhythmus.

La Liga und der verlorengegangene Titelkampf

Lange sah es danach aus, als würde uns La Liga nach Jahren der Flaute endlich wieder einen packenden Titelkampf zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona bescheren. Packend war er auch in dieser Saison, allerdings nur bis zur Halbserie. Seit dem 13. Spieltag steht Barça ununterbrochen auf Platz eins und hat sich mittlerweile einen klaren Punktevorsprung verschafft. 

Acht von zehn Spielen konnten die Katalanen seit der Winterpause für sich entscheiden. Zwar spielen sie selten die Sterne vom Himmel, doch ein berühmtes Sprichwort sagt, dass ein gutes Pferd ohnehin nicht höher springt als es muss. Vorne macht man zuverlässig seine Tore – und sei es manchmal nur eins pro Spiel –, während man hinten den Laden dichthält. Dass Barça in 24 Spielen erst acht Gegentore kassiert hat, liegt zum einen daran, dass sie gerade von den mittel- und unterklassigen Gegnern defensiv wenig gefordert werden.

Und wenn doch, kommt einer der Erfolgsfaktoren der laufenden Spielzeit zum Tragen: Marc-Andre ter Stegen. Der deutsche Schlussmann pariert 75 Prozent der Schüsse auf sein Tor – mit Abstand Bestwert in La Liga. Dazu hat er nach der Expected-Goals-Metrik für Torhüter schon 5,4 Gegentreffer verhindert (fbref.com), was gleichwohl einem starken Wert entspricht.



Aktuelle News und Storys rund um La Liga

Real Madrid hat derweil nur zwei seiner letzten fünf Partien in La Liga gewinnen können. Momentan scheint den Königlichen der letzte Punch zu fehlen. Im Stadtderby gegen Atletico (1:1) konnte man eine 30-minütige Unterzahl nicht zu seinen Gunsten nutzen, geriet sogar in Rückstand und hatte am Ende Glück, nicht als Verlierer vom Platz zu gehen. Auch beim jüngsten Gastspiel im Benito Villamarin war man im letzten Drittel nicht zwingend genug, die wenigen guten Chancen ließ man fahrlässig liegen. Am Ende trennte man sich mit einem torlosen Remis von Real Betis.

Zwischen den Darbietungen der beiden Erzrivalen liegen dieser Tage keine Welten, auch wenn die Formkurven der letzten Wochen zwei verschiedene Gesichter zeigen. Der entscheidende Punkt – so banal es klingen mag – ist der, dass Barça im Gegensatz zu Real das maximale Resultat aus seinen Leistungen herausholt. So trennen die beiden Branchenprimi 14 Spieltage vor Schluss bereits ganze neun Punkte. Der Titelkampf ist einmal mehr vorentschieden.

San Sebastian erlebt den alljährlichen Einbruch

Nur eines der letzten sechs Spiele in La Liga konnte Real Sociedad gewinnen. Dabei ließ man gleich gegen vier Teams aus der unteren Tabellenhälfte Federn. Die Gründe für die plötzlich ausbleibenden Resultate sind verschieden. Gegen ein taktisch diszipliniertes Valencia (0:1) etwa schaffte man es trotz 63 Prozent Ballbesitz nicht, in die gefährlichen Räume zu kommen.

Das klappte die Woche darauf im Heimspiel gegen Cadiz zwar besser, da war man im Abschluss allerdings nicht präzise genug: Von 15 Torschüssen, davon zwölf innerhalb des Strafraums, brachte man lediglich drei auf das gegnerische Gehäuse, musste am Ende trotz 1,2 expected Goals ein torloses Remis und damit den nächsten Punktverlust gegen einen Abstiegskandidaten hinnehmen. 

La Liga

(Photo by ANDER GILLENEA / AFP) (Photo by ANDER GILLENEA/AFP via Getty Images)

Eigentlich steht La Real für einen sehr kontrollierten, gleichzeitig aber offensiv ausgerichteten Fußball. Damit lockt die Mannschaft von Trainer Imanol Alguacil Fußball-Ästhetiker aus aller Welt an. Was aber gleichwohl seit Jahren die Probleme sind: Inkonstanz und Leistungseinbrüche, wenn es in die entscheidende Phase der Saison geht. 2021/22 bewegte man sich bis zum 24. Spieltag konstant in den Top vier, rutschte dann aber ab und landete am Ende auf Platz sechs. Auch die Jahre zuvor mischte man stets die Führungsriege um Barça, Real und Atleti auf, um dann nach der Hinrunde einzuknicken.

Spieler und Fans wünschen sich nichts sehnlicher als die Qualifikation zur Champions League – es wäre die erste seit 2013. Doch auch im x-ten Anlauf sieht es trotz zwischenzeitlichen Polster danach aus, als wäre die Top vier ein Ausflug mit Ablaufdatum.

Real Betis hat drei seiner letzten vier Spiele in La Liga gewonnen, gegen Real Madrid gab es zuletzt ein Remis. Die Andalusier sitzen den Basken mit nur noch drei Punkten Rückstand dicht im Nacken, haben dazu das Hinspiel im Anoeta 2:0 gewonnen, was bei einem möglichen Punktegleichstand an Relevanz gewinnt.

Dazu hat Real Sociedad ein schweres Restprogramm, in den 14 ausbleibenden Spielen noch neun Gegner aus der oberen Tabellenhälfte vor der Brust. Aktuell lassen sich viele Argumente finden, warum es erneut nicht zum großen Wurf reichen sollte. Alguacil und Real Sociedad – ein für immer unvollendetes Projekt?

Gabri Veiga: Der nächste Große auf der Bühne?

Wir müssen über einen bestimmten Spieler in La Liga sprechen. Sein Name ist Gabriel Veiga. Alter: 20. Zentraler Mittelfeldspieler von Celta Vigo. In seiner dritten Profisaison macht das Eigengewächs der Galizier im großen Stile auf sich aufmerksam. Kam Veiga in den letzten beiden Saisons nicht über Kurzeinsätze hinaus, gehört er in der laufenden Spielzeit zum Stammpersonal und überzeugt mit starken Leistungen.

Beim ersten Blick ins Statistikprofil fällt direkt seine starke Torausbeute auf. Durchschnittlich alle 173 Minuten, also in knapp jedem zweiten Spiel, trifft die Nummer 24 der Celestes in La Liga, insgesamt sind es schon acht an der Zahl – ein brutal starker Wert für einen zentralen Mittelfeldmann seiner Klasse. Damit ist er hinter dem ewigen Iago Aspas (neun Saisontore) der beste Torschütze im Team.

Warum sich der 20-Jährige derart trefffreudig zeigt, lässt sich anhand seines Spielstils erklären. Im 4-4-2, das Trainer Carlos Carvalhal zumeist spielen lässt, positioniert sich der Youngster als rechter Achter im eigenen Ballbesitz sehr hoch und versucht, den gegnerischen Strafraum mit energischen Läufen hinter die Kette zu attackieren. Auf diese Weise bringt er sich oft in gute Abschlusspositionen, wo er dann von seinen Stärken im Abschluss profitiert. 

Sein absolutes Formhoch hatte Veiga im Februar, als ihm zwei Doppelpacks gelangen. Der 3:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Real Valladolid, zu dem Veiga zwei Tore und einen Assist beitrug (siehe Video oben), dürfte die Jury überzeugt haben, ihn zum Spieler des Monats in La Liga zu wählen. Auch wenn er noch Defizite im eigenen Spiel hat und seine starken Leistungen über einen längeren Zeitraum bestätigen müsste, um einen Wechsel zu einem Topklub zu rechtfertigen, ist Veiga definitiv einer der positiven Erscheinungen der laufenden Spielzeit – und ein Name, den man zumindest mal im Hinterkopf behalten sollte.

(Photo by Octavio Passos/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 im Team. Hat unter anderem das Champions-League-Finale 2024 und die darauffolgende Europameisterschaft vor Ort für 90PLUS begleitet.


Ähnliche Artikel