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A La Liga | Griezmann wieder „Mr. Unverzichtbar“, spanisches Bochum und zwei Ausreißer

22. Februar 2023 | Spotlight | BY Michael Bojkov

Spotlight | Heute lassen wir Real Madrid und den FC Barcelona mal komplett außen vor. Dafür soll es um Antoine Griezmann und ein paar Teams in La Liga gehen, die sonst nur wenig Aufmerksamkeit außerhalb der spanischen Landesgrenzen bekommen.

In „A La Liga“ thematisiert 90PLUS-Redakteur Michael Bojkov die Brennpunkte des spanischen Fußballs. Das Format erscheint im zweiwöchigen Rhythmus.

Griezmann in neuer Rolle – und wichtiger denn je?

Nur allzu gerne erinnern sich die Rojiblancos an ihren früheren Antoine Griezmann (31) zurück. Zwischen 2014 und 2019 erzielte der Franzose Tore am Fließband für Atletico, war das Aushängeschild einer aufstrebenden Madrider Mannschaft. Jetzt, nach seiner Rückkehr aus Barcelona und rund einem Jahr subtilen Wiederannäherungsversuchen, bringt der Offensivmann wieder konstant die Leistungen, die man sich von ihm erhofft hat und auch aus der ersten Ehe gewohnt ist. 

Griezmann ist wieder „Mister Unverzichtbar“ bei Atleti, diesmal allerdings in etwas anderer Form. Glänzte er früher vor allem durch Tore, so arbeitet der 31-Jährige mittlerweile mehr für die Mannschaft und ist vor allem für das Kreieren von Torchancen zuständig. Dafür agiert Griezmann zumeist aus einer etwas tieferen Position als hängende Spitze oder eine Art Zehner – und in dieser neuen Rolle geht er auf. Das zeigen auch die Statistiken. So kreiert der französische WM-Fahrer pro Spiel durchschnittlich 5,32 Aktionen, die in einem Abschluss enden – drittbester Wert in La Liga. Beim Herausspielen von Großchancen ist er zusammen mit Gironas Aleix Garcia (25) sogar Spitzenreiter, auch teamintern führt er die relevanten Statistiken an.



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Dass große Teile des kreativen Spiels der Colchoneros auf seinen Schultern lasten, heißt aber nicht, dass Griezmann nur noch für andere arbeiten kann und selbst das Toreschießen verlernt hat. Auch in dieser Kategorie liegt er teamintern vorne, zusammen mit Alvaro Morata (30). Mehr noch: Von seinen sieben Saisontoren in La Liga war so mancher auch schon spielentscheidend – zuletzt beim knappen 1:0-Sieg gegen den Athletic Club.

Schon 22-mal gelang es Griezmann, ein Spiel mit dem einzigen Tor zu entscheiden. Vor ihm liegt nur noch Hugo Sanchez (64), der seines Zeichens in den 80er- und 90er-Jahren unter anderem für Atleti und Real Madrid 23-mal alleiniger Matchwinner war. Griezmann bringt wieder konstant Leistungen und ist damit für das gerne wankelmütige Atletico vielleicht wichtiger denn je zuvor.

Was Mallorca und Bochum gemeinsam haben

Eigentlich gehörte der RCD Mallorca zu den Abstiegskandidaten in La Liga. Einbüßen auf dem Sommerstransfermarkt und ein qualitativ dünn besetzter Kader bereiteten für die berüchtigte zweite Saison im Oberhaus Sorgen. Der Saisonstart verlief in der Tat auch nicht blendend, die Tendenz zeigte Richtung Tabellenkeller.

Mit einer starken Defensive und großer Disziplin in der Arbeit gegen den Ball schaffte es die Mannschaft von Javier Aguirre (64) aber, sich sukzessive aus den unteren Gefilden der Tabelle zu verabschieden. Ein weiterer wichtiger Trumpf ist Stürmer Vedat Muriqi (28), der sich in der laufenden Spielzeit überaus treffsicher zeigt. Neun und damit knapp die Hälfte aller Tore hat der Kosovare bereits erzielen können. So fuhren die Mallorquiner bereits neun Saisonsiege ein, darunter ein 1:0 gegen Real Madrid.

Vor allem vor heimischer Kulisse hat sich der Aufsteiger von 2021 zu einer wahren Macht entwickeln. So konnte man die letzten fünf Spiele im Son Moix allesamt gewinnen. Damit erinnert man ein Stück weit an den VfL Bochum, der auch eine solche Serie hingelegt hat. Während der Bundesligist aber nach wie vor ums Überleben kämpft, hat sich der RCD mittlerweile ein ordentliches Polster auf die Abstiegsränge verschafft. Neun Zähler ist der 18. Platz mittlerweile entfernt. Mehr noch: Mallorca spielt sogar um Europa. So beträgt der Rückstand auf den Tabellensechsten Rayo Vallecano lediglich zwei Punkte. Neben Traumurlauben künftig auch Europapokal auf Mallorca – wie klingt das?

Mallorca Real Madrid Madrid La Liga

(Photo by Rafa Babot/Getty Images)

Aufsteiger gegen sämtliche La-Liga-Gesetze

Wenn La Liga etwas im besonderen Maße auszeichnet, dann sind es viele defensiv ausgerichtete Mannschaften. Neben den meisten kleineren Klubs ist auch Atletico seit Jahren für eine stabile Abwehr und wenig Spektakel bekannt. Und feierten Real und Barça bis vor einigen Jahren fast im Wochentakt Torfestivals, so müssen mittlerweile auch Spaniens Brachenriesen vermehrt mit knappen Siegen vorliebnehmen. Kurzum: Wahnsinnig viele Tore darf der Zuschauer in La Liga nur selten bejubeln.

Mit dem FC Girona und UD Almeria brechen in dieser Saison ausgerechnet zwei Aufsteiger aus diesem Grundmuster aus. Mit 66 beziehungsweise 67 Toren in 22 Spielen fallen ligaweit nirgends mehr Treffer als bei Spielen mit ihrer Beteiligung. Folgerichtig endete das direkte Aufeinandertreffen am vergangenen Freitag in einem Acht-Tore-Spektakel. Gleichzeitig legte Gironas 6:2-Sieg offen, wie es um die beiden Teams steht. Viele Tore sind das eine, die Frage ist aber vielmehr, auf welcher Seite diese fallen. Während Almeria mit einem Torverhältnis von 27:40 nämlich mitten im Abstiegskampf steckt, bewegt sich Girona (33:33) konstant über der bedrohten Zone, befindet sich mittlerweile in fünf Punkten Entfernung zu dieser. 

Dabei brechen die Katalanen mit ihrer Art des Fußballs unbeschriebene La-Liga-Gesetze. Anders als der absolute Großteil seiner Trainerkollegen in Spanien hat Michel (47) in Girona einen spielerischen Ansatz implementiert und diesen auch nach dem Aufstieg in La Liga beibehalten. Der Play-off-Sieger der vergangenen Zweitliga-Saison will den Ball und sucht aktiv nach Lösungen, um die generische Defensive zu knacken.

Mit dieser Herangehensweise hat Girona nach Real und Barça die drittmeisten Tore in La Liga erzielt. Ein ganz entscheidender Mann dabei ist Aleix Garcia. Er ist das Herzstück der Mannschaft und setzt seine Vorderleute mit klugen Pässen in Szene. Mit 112 Aktionen, die anschließend zu Schüssen führten, ist er Spitzenreiter in La Liga, auch kreiert er die meisten Chancen und Großchancen, gab zudem schon fünf Assists.

Durch seine starken Leistungen sind natürlich auch größere Klubs auf den 25-Jährigen aufmerksam geworden. Da sein Vertrag nach der Saison endet, ist es gut möglich, dass er Girona im Sommer verlässt und eine neue Herausforderung sucht. Vorher aber wird er mit Girona weiterhin für Unterhaltung in La Liga sorgen – und damit eine seltene Vergnügungssparte bedienen.

Photo by JAVIER SORIANO/AFP via Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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