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Vitor Roque: Der nächste große Stern über dem Camp Nou?

5. Januar 2024 | Spotlight | BY Michael Bojkov

Vitor Roque ist das nächste große Versprechen in die Zukunft des FC Barcelona. Der 18-Jährige gilt weltweit als eines der größten Sturmtalente und soll langfristig in die Fußstapfen von Robert Lewandowski treten. Doch wer ist der junge Brasilianer und was zeichnet ihn auf dem Platz aus? Ein Porträt.

Vitor Roque: Schon als Mittelfeldspieler torgefährlich

Die Geschichte beginnt in der 90.000-Seelen-Stadt Timóteo im Osten Brasiliens, wo Vitor Roque (18) am 28. Februar 2005 geboren wurde. Bereits mit sechs begann er das Fußballspielen bei Cruzeiro in Belo Horizonte und fiel seinen Trainern schnell ins Auge, sodass vier Jahre später der Wechsel in die Jugendakademie von América Mineiro folgte. Auffällig war vor allem die Abschlussstärke des damals noch im zentralen Mittelfeld eingesetzten Nachwuchsspielers. So fiel Roques Trefferquote für einen Mittelfeldspieler außergewöhnlich hoch aus.



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Roque war keine 15, als den Leuten in Brasilien klar wurde: Aus dem wird mal ein Großer. Entsprechend wertvoll war seine Aktie, was 2019 sogar zu einem Rechtsstreit führte: Sein Ex-Klub Cruzeiro hatte über Mittelsmänner eine Vereinbarung über eine Rückholaktion mit dem Agenten des Spielers getroffen, was jedoch gegen die FIFA-Statuten verstieß. Die Konsequenz: Cruzeiro wurde von der FIFA aus mehreren Jugendwettbewerben ausgeschlossen. Im April 2019 wechselte Roque dennoch zurück zu Cruzeiro, nachdem sich die Parteien einigen konnten. 

Die ersten Schritte bei den Profis

Dort wurde er in seinem zweiten Intermezzo erstmals auch als Stürmer eingesetzt und machte Scouts des FC Barcelona auf sich aufmerksam. Nachdem er im Januar 2022 mit seinem ersten Profivertrag inklusive 300 Millionen Euro (!) schwerer Ausstiegsklausel ausgestattet wurde, folgten im zarten Alter von 16 Jahren auch schon die ersten Einsätze in der A-Mannschaft von Cruzeiro. Mit seinem ersten Treffer auf Profiebene trug sich Roque zudem als jüngster Torschütze in die Vereinsannalen ein.

Im April desselben Jahres folgte ein weiterer Vereinswechsel, der erneut ein Fall für die Juristen wurde. Weil ein Transfer wegen seiner Minderjährigkeit zunächst nicht zustandekommen konnte, kündigte der Youngster kurz darauf den Vertrag mit Cruzeiro und wurde für eine Ablöse von 4,7 Millionen Euro zum Rekordeinkauf für Athletico Paranaense, für die er nicht nur seine ersten Minuten in der brasilianischen Serie A sammelte, sondern auch gleich in der Copa Libertadores zum Einsatz kam. Im wichtigsten südamerikanischen Klubwettbewerb traf er nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung und verhalf seiner Mannschaft damit zum Weiterkommen. In der Copa erlebte Roque auch einen seiner bisher größten Karrieretiefpunkte, als Athletico später mit ihm in der Startelf das Finale gegen Flamengo verlor (0:1).

Vitor Roque

Vitor Roque im Trikot von Athletico Paranaense. (Photo by Heuler Andrey/Getty Images)

Seine steile Karriere sollte dadurch aber nicht ins Stocken geraten, im Gegenteil. Auch in Brasiliens Juniorenauswahlen wusste Roque zu überzeugen, gewann mit der U20-Auswahl als Torschützenkönig die Südamerikameisterschaft 2023. Bereits im März debütierte er für die brasilianische A-Nationalmannschaft und durfte sich erstmals mit Neymar, Vinicius Junior und Co. die Kabine teilen. Spieler dieser Rangordnung wird der mittlerweile 18-Jährige fortan täglich sehen. Bereits im Juli vergangenen Jahres einigte sich der FC Barcelona mit Athletico auf einen Wintertransfer. 40 Millionen Euro ließen sich die Katalanen die Dienste des talentierten Stürmers kosten, was für einen Spieler seines Alters zweifelsohne eine gewaltige Summe ist.

Mit Auge und Arbeitsethos

Doch was zeichnet Roque eigentlich als Spieler aus? Wo liegen seine Stärken und Schwächen? Eines seiner Attribute ist tatsächlich das Spiel ohne den Ball. Roque ist kein klassischer Vollstrecker, der auf der Neuner-Position verharrt, sonder lässt sich gerne fallen, um Verteidiger aus der gegnerischen Kette zu ziehen oder sich als Anspielstation anzubieten. Erhält er die Kugel, trifft Roque in der Regel viele gute Entscheidungen. Er ist ein intelligenter Stürmer, hat immer den Kopf oben, was in seinem Alter auch von einer gewissen Reife zeugt. So ist es kaum verwunderlich, dass der 18-Jährige neben insgesamt 34 Toren auf Profiebene auch schon zwölf Vorlagen gegeben hat. Auch, dass Roque durchschnittlich 2,87 schusserzeugende Aktionen pro Spiel hat (fbref.com), spricht für seine Mannschaftsdienlichkeit.

Dennoch: Sein Hauptjob ist natürlich das Toreschießen selbst. Hier hilft ihm seine Variabilität im Abschluss. Der Barca-Neuzugang ist extrem beidfüßig und hat trotz seiner geringen Körpergröße von 1,72 Metern auch im Kopfballspiel Qualitäten. Vor dem Tor fehlt ihm jedoch häufig noch die nötige Ruhe und Präzision im Abschluss. Hier ist Roque noch etwas zu ineffizient und roh, was für einen Jungprofi aber völlig normal ist. Auch seine Erfolgsquote im Dribbling lässt sich trotz seiner technischen Versiertheit ausbauen.

Wo hingegen er vielen anderen Angreifern seines Alters voraus ist, ist die Arbeit gegen den Ball. Roque besticht durch ein ordentliches defensives Arbeitspensum, läuft gegnerische Verteidiger aggressiv an und gewinnt viele Offensivzweikämpfe. Ob ihm das einen Vorsprung in der Akklimatisierung an den europäischen Spitzenfußball gibt? Gerade auch im physischen Bereich brauchen junge Spieler häufig eine gewisse Zeit, um mit den erfahrenen Profis mithalten zu können. Wichtig wird daher auch sein, ihn geduldig zu integrieren und ihm die nötige Zeit zu geben, sich weiterzuentwickeln.

Die Anlagen jedenfalls sind herausragend und das Endprodukt schon jetzt zumindest teilweise auf einem Level, um auch einem FC Barcelona im Kampf um Titel zu helfen. Dass er mit Robert Lewandowski einen der besten Stürmer der letzten Dekade als Mitspieler und Mentor um sich hat, wird Roque mit Sicherheit nicht schaden. Dass er den Polen und damit die Position des Stammstürmers in Barcelona eines Tages beerben soll, steht außer Frage.

Michael Bojkov

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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