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Nachspielzeit: Ist die Calhanoglu-Sperre sinnvoll?

3. Februar 2017 | Spotlight | BY Christoph Albers

Gestern, am späten Nachmittag, bestätigte Bayer 04 Leverkusen die bittere Meldung: Hakan Calhanoglu wurde vom „CAS“ für volle vier Monate für alle Pflichtspiele gesperrt. Grund ist ein „Vertragsbruch“ aus dem Jahre 2011. Nun stellt sich mir die Frage: Ist die Sperre sinnvoll? Ein Kommentar…

Hintergrund

Im Jahre 2011 spielte Calhanoglu für den KSC, für den Nachwuchs des KSC wohlgemerkt. Doch er hatte schon Begehrlichkeiten geweckt, der türkische Verein Trabzonspor wurde auf ihn aufmerksam und wollte ihn verpflichten. Der Vater des damals 17-jährigen traf daraufhin eine Vereinbarung über die Verpflichtung des Mittelfeldtalents. Doch ein tatsächlicher Wechsel kam nicht zu Stande. Er setzte seine Karriere beim KSC fort und wechselte schließlich im Sommer 2012 zum HSV. Die Türken fühlten sich hintergangen und klagten gegen Calhanoglu, er hätte Vertragsbruch begangen. Jetzt, fast sechs Jahre später, gab der „CAS“ ihnen Recht. Calhanoglu wurde deshalb für vier Monate, für alle Wettwerbe, gesperrt.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Kommentar

Zunächst mal möchte ich sagen, dass ich es wichtig finde, dass gegen solche Vergehen angegangen wird. In einer Zeit, in der die Spieler ihren Willen, bestehenden Vertragsverhältnissen zum Trotz, fast immer durchsetzen können, ist es wichtig Grenzen zu ziehen, um das Machtverhältnis zwischen Vereinen und Spielern zumindest in einer gewissen Balance zu halten. Von daher wurde hier ein Präzedenzfall geschaffen, der Spieler in der Zukunft von Vertragsbrüchen abhalten soll und sicherlich auch kann und die Vereine in dieser Hinsicht schützt.

Der erste Leidtragende der Sperre ist natürlich Calhanoglu selbst. Dass sein Vater die Vereinbarung offenbar getroffen hat, spielt natürlich keine Rolle, da dieser für seinen Sohn handelte und ob der Minderjährigkeit auch die volle Berechtigung dazu hatte. Er hat sich nicht an die Vereinbarung gehalten und muss nun logischerweise mit den Konsequenzen leben. Eine Sperre tut ihm und seiner Karriere natürlich weh. Eine Sperre ist in dieser Hinsicht eine sinnvolle Strafe.

Der andere Leidtragende ist sein Verein, Bayer 04 Leverkusen. Er wird Bayer für den Rest der Saison fehlen, eine deutliche Schwächung. Besonders ärgerlich für die „Werkself“, dass das Transferfenster gerade geschlossen ist und man darauf nicht mehr reagieren konnte. Der Ausfall tut ihnen so natürlich sehr weh, dabei trifft den Verein in dieser Affäre keinerlei Schuld. Der Vorfall ereignete sich deutlich vor seinem Wechsel nach Leverkusen. Und auch wenn man eventuell damit rechnen musste, dass er dafür noch gesperrt werden könnte, ändert das nichts an der Unschuld Bayers. Die Strafe trifft damit auch eine völlig unbeteiligte Partei, sodass sie in dieser Hinsicht alles andere als sinnvoll ist.

Die letzte Partei ist Trabzonspor, der Kläger. Sie haben ihr Recht bekommen, aber von der Sperre profitieren sie nicht ansatzweise. Ihr Schaden wir dadurch nicht beglichen. Ihr Schaden ist logischerweise schwer in Zahlen auszudrücken, allerdings wäre eine Kompensation die beste Möglichkeit, um Gerechtigkeit herzustellen. Die Sperre ist zumindest meiner Meinung dafür kein sinnvolles Mittel an dieser Stelle. Für Trabzonspor ist der größte Erfolg an dieser Stelle einfach, dass sie ihr Recht bekommen haben.

Die Sperre schafft, meiner Meinung nach, also lediglich einen Präzedenzfall, der in Zukunft eine Abschreckung darstellt, aber eine wirklich sinnvolle Lösung ist es in diesem Fall nicht. Der Geschädigte wird nicht ausreichend entschädigt und mit Bayer 04 wurde eine unbeteiligte Partei bestraft.

 

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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