Julian Nagelsmann hat sein Aufgebot für die Nations-League-Spiele gegen Italien bekannt gegeben. Der Bundestrainer hält am Leistungsprinzip fest. Ein Kommentar von Till Gabriel.
Die Tür ist nie zu: Nagelsmanns Kader mit drei Rückkehrern
Mit Nadiem Amiri und Leon Goretzka, aber ohne Waldemar Anton und Serge Gnabry bestreitet die deutsche Nationalmannschaft die ersten Länderspiele des Jahres. Julian Nagelsmann vertraut im Viertelfinale der Nations League auf viele bekannte Gesichter, beweist mit seinem DFB-Aufgebot jedoch, dass die Tür für niemanden verschlossen ist.
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Zugegeben, die ganz großen Überraschungen sind bei der Nominierung ausgeblieben. Einzig Yann Aurel Bisseck darf auf sein Debüt im Nationaldress hoffen, alle anderen Akteure haben bereits Länderspiele auf dem Buckel. Und doch: Dass die Berufungen von Nadiem Amiri, Leon Goretzka und Karim Adeyemi nicht großartig überraschen, beweist, wie Nagelsmann in seiner anderthalbjährigen Amtszeit das Leistungsprinzip neu etabliert hat.
Wer im Ligaalltag überzeugt, darf sich jederzeit Hoffnungen auf eine Nominierung machen. Zwar betont Nagelsmann immer wieder, dass es wichtig sei, ein Gerüst zu bilden, das die Mannschaft auf dem Weg zur WM 2026 in den USA trägt, dennoch finden sich immer wieder Plätze im Kader für formstarke Akteure.
Zum Stamm zählen die Torhüter Oliver Baumann und Alexander Nübel, die Verteidigung um Kapitän Joshua Kimmich, Jonathan Tah und Antonio Rüdiger, die Mittelfeld-Routiniere Pascal Groß und Robert Andrich sowie die Zauber-Offensive um Jamal Musiala und die verletzten Kai Havertz und Florian Wirtz. Diesen Spielern verzeiht Nagelsmann Formschwächen, sie sind für seine spielerische Idee nicht zu ersetzen. Das gilt auch für Akteure wie Leroy Sané, Nico Schlotterbeck, David Raum und Angelo Stiller.
Die andere Hälfte des Kaders muss dagegen um jede Nominierung kämpfen. Das stachelt den Konkurrenzkampf enorm an und erhöht so die Qualität auch bei den Ergänzungsspielern. Immer wieder drängen neue Kandidaten nach und Nagelsmann belohnt gute Leistungen gerne. Im März 2024 berief er Jan-Niklas Beste (damals Heidenheim) und verhalf der Stuttgarter Achse um Waldemar Anton, Chris Führich, Maximilian Mittelstädt und Deniz Undav zum Debüt. Im Herbst ersetzte er Stürmer Niclas Füllkrug durch Neu-Gladbacher Tim Kleindienst, der seine Top-Form aus der Bundesliga auch mit dem Adler auf der Brust unter Beweis stellte.
Goretzka als Paradebeispiel für Nagelsmanns Plan
Wenn die einen neu dazukommen, fallen auf der anderen Seite zwangsläufig ehemals feste Größen aus dem Aufgebot. Die prominentesten Beispiele waren Leon Goretzka, Mats Hummels und Serge Gnabry. Letzterer wurde bereits im Oktober wieder nominiert, fehlt nach einer erneuten Formdelle jedoch im aktuellen Kader.
Doch wohl kein anderer steht so sinnbildlich für die neue Leistungskultur unter Nagelsmann wie Ex-Schalker Goretzka. Die Heim-EM musste sich der mittlerweile 30-Jährige von der Couch ansehen, fand auch danach keine Berücksichtigung. Auch auf Vereinsebene schien sein Aus bei den Bayern besiegelt, doch Goretzka kämpfte sich zurück. Mittlerweile ist er unter Vincent Kompany Stammkraft, auch weil Aleksandar Pavlovic immer wieder von Erkrankungen und Blessuren ausgebremst wird.

Zuletzt erinnerte Goretzka wieder regelmäßig an seine frühere Klasse und darf sich gegen Italien nun endlich wieder das Dress mit dem Bundesadler überstreifen. „Er hat sich aus einer sehr schweren Phase gut raus gekämpft und spielt wieder eine tragende Rolle“, erklärte Nagelsmann die Rückholaktion: „Wir hatten immer einen sehr, sehr guten Draht zueinander, er ist ein sehr reflektierter, cleverer Spieler, der die Dinge gut einschätzen kann.“
Nagelsmann belohnt gute Leistungen, lässt dazu diejenigen, die er nicht beruft, stets wissen, woran sie sind, wieso es nicht gereicht hat. Das stachelt an, pusht die Akteure zu besseren Leistungen. Jeder hat das Gefühl, dass er zwar gerade vor die Tür gesetzt wurde, diese jedoch nie abgeschlossen wird.
Selbst nicht für Spieler wie Karim Adeyemi, der zuletzt bei der verkorksten WM in Katar im Kader stand, und Nadiem Amiri, der bereits seit über vier Jahren auf der Türschwelle wartet und zwischenzeitlich nichtmal mehr angeklopft hatte. Derzeit zählt der Spielmacher von Sensationsteam Mainz 05 zu den besten Spielern der Bundesliga. Auch mit seiner Nominierung bleibt sich der Bundestrainer treu.
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)