Nagelsmann knallhart: Radikaler EM-Umbruch für das „Funkeln in den Augen“

14. März 2024 | News | BY sid

Ohne einige langjährige Säulen, dafür wieder mit Toni Kroos und Manuel Neuer, einem VfB-Block und sechs Neuen: Julian Nagelsmann räumt beim DFB gnadenlos auf.

Nagelsmann setzt auf Form statt Klasse

Julian Nagelsmann (36) verkündete seinen radikalen Umbruch in der Nationalmannschaft mit viel Witz und großer Klarheit. „Der Reiz des Neuen muss da sein“, sagte der Bundestrainer über sein Großreinemachen ohne Rücksicht auf große Namen exakt drei Monate vor dem EM-Eröffnungsspiel – und er betonte mit Blick auf seine sechs Neulinge: „Es muss in den Augen funkeln!“

Ohne einige langjährige Säulen aus München und Dortmund, dafür mit den Rückkehrern Toni Kroos und Manuel Neuer sowie einem halben Dutzend Novizen und einem VfB-Block vollzieht der Bundestrainer einen gnadenlosen Neuaufbau. Gleich elf Spieler aus dem November-Kader mit den Nackenschlägen gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) fielen dem Frühjahrsputz zum Opfer, darunter Stars wie Mats Hummels, Niklas Süle, Leon Goretzka, Serge Gnabry oder Jonas Hofmann. Leroy Sane fehlt im 26er-Kader gesperrt. Für niemanden sei „die Tür zu“, betonte Nagelsmann.



Statt der Arrivierten sollen beim Start ins EM-Jahr am 23. März in Frankreich und drei Tage später gegen die Niederlande neue Gesichter „mit Lust und Gier“ Hoffnung auf ein Sommermärchen 2.0 wecken: Der Heidenheimer Jan-Niklas Beste, Aleksander Pavlovic vom FC Bayern, Maximilian Beier aus Hoffenheim sowie die Stuttgarter Waldemar Anton, Maximilian Mittelstädt und Deniz Undav.

„Es ist kein Unbekannter dabei, bei dem die Spieler im Speiseraum sitzen und sich fragen werden: Wer ist denn das?“, sagte Nagelsmann bei der Präsentation seiner Auserwählten am Frankfurter Campus, draußen klaffte passend zum Umbau eine große Baustelle: „Wir spielen nicht nur mit 18-Jährigen.“

Es gehe auch „nicht darum, die 20 Talentiertesten von den bekanntesten Klubs zu haben, sondern die 20, die am besten zusammenpassen“, ergänzte der Chefcoach: „Jeder muss ein gutes Verständnis für seine Rolle im Kader haben.“

Passend zur Neugestaltung spielt die DFB-Auswahl um Ilkay Gündogan, der trotz Neuers Rückkehr Kapitän bleibt und „eine der Zehner-Positionen“ bekleiden wird, in Lyon und Frankfurt in neuen Trikots: Zunächst klassisch in Weiß mit Schwarz-Rot-Gold auf den Schultern, dann völlig ungewohnt in einer knalligen Mischung aus Pink und Lila. „Ich finde es schön und würde es anziehen“, sagte Nagelsmann mit einem Grinsen.

Kroos wird das DFB-Trikot erstmals seit der EM 2021 überstreifen, jedoch nicht als „alleiniger Heilsbringer“, wie Nagelsmann betonte. Er sieht in dem „genialen“ 34-Jährigen einen Mann für die „Druckmomente“ beim Turnier: „Wer noch von Querpass-Toni schreibt, hat keine Ahnung vom Fußball!“

Der langjährige Spielführer Neuer kehrt nach mehr als 15 Monaten Pause zurück – ob wie erwartet als Nummer eins, wollte Nagelsmann nicht verraten. Als gesetztes Duo im Abwehrzentrum sieht er Antonio Rüdiger und Jonathan Tah, dort sei ihm „ein gutes Mauerwerk lieber als frischer Wind“.

Mehr News und Storys rund um den internationalen Fußball

Allgemein betonte er: „Hierarchien müssen sich entwickeln.“ Auch der Frankfurter Robin Koch wurde auf der Suche nach mehr „Verteidigungsmonstern“ und „Arbeitern“ wieder berücksichtigt.

Dass sein Kader zum Großteil vorab durchgesickert war, fand Nagelsmann „lustig“, über die Spekulationen sagte er schmunzelnd: „Am Ende haben wir 46 Spieler, brauchen vier Busse und sind auch nicht schlauer als zuvor.“

Mit fünf Profis um die Routiniers Neuer und Thomas Müller stellt der FC Bayern nach wie vor den größten Block. Von den Himmelsstürmern aus Stuttgart nominierte Nagelsmann außerdem Chris Führich und damit vier. „Man hätte noch zwei, drei weitere einladen können“, sagte Nagelsmann über Kandidaten wie Angelo Stiller oder Josha Vagnoman.

Von Tabellenführer Leverkusen sind drei Spieler dabei, Niclas Füllkrug ist der einzige Dortmunder im Aufgebot. Einen Aufschrei hat es deshalb nicht gegeben. Er habe mit den BVB-Verantwortlichen Sebastian Kehl und Edin Terzic gesprochen, sagte Nagelsmann. „Keiner hat gesagt, dass es katastrophal ist, was ich mache.“

Am Beispiel Goretzka erläuterte der Bundestrainer, wie schwierig seine Telefonate mit den Ausgebooteten zum Teil waren. „Natürlich war er gefrustet, traurig und enttäuscht.“ Stattdessen darf sich Bayern-Youngster Pavlovic, der auch für Serbien spielen könnte, für einen EM-Platz empfehlen.

Wohin Nagelsmanns Reise nach der EURO gehen wird, ist offen. Die Wahrscheinlichkeit sei „hoch“, dass er noch vor der EM bei einem Klub unterschreibe, sagte er, „wenn ich ein Angebot vorliegen habe“. Das sei aber derzeit nicht der Fall.

Mehr News und alle Gerüchte in unserem Tagesticker.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)


Ähnliche Artikel