Die DFB-Elf unter Nagelsmann – Fünf Erkenntnisse

18. Oktober 2023 | News | BY Jannek Ringen

Die USA-Reise der deutschen Nationalmannschaft ist beendet. Julian Nagelsmann debütierte als Bundestrainer und hinterließ einen guten Eindruck. Doch welche Erkenntnisse haben sich aus den ersten beiden Spielen ergeben?

Nagelsmann gelingt DFB-Debüt – die Erkenntnisse

Mit der viel kritisierten Reise der deutschen Nationalmannschaft in die USA startete die Ära Julian Nagelsmann beim DFB. Die Nationalmannschaft hinterließ einen verbesserten Eindruck als noch in den letzten Spielen unter Hansi Flick. Auf das 3:1 gegen die USA, welches teilweise euphorisierend wirkte, folgte ein spektakulärer Schlagabtausch gegen Mexiko, welcher mit einem 2:2 endete. Damit ist die erste Länderspielpause unter dem neuen Bundestrainer beendet und wir liefern euch fünf Erkenntnisse zu seinem Debüt.



1. Was zählt, ist jetzt!

Schon bei der Nominierung hat sich etwas im Kader von Julian Nagelsmann ablesen lassen. Der neue Bundestrainer nominierte für seine ersten beiden Länderspiele zwölf Spieler, die über 30 Jahre alt waren. Damit hatte die Nationalmannschaft mit 28,5 Jahren den höchsten Altersschnitt seit über 20 Jahren und war mit vielen erfahrenen Spielern ausgestattet. Beispielsweise kamen mit den Weltmeistern Mats Hummels (34) und Thomas Müller (34) zwei Routiniers zurück in die Mannschaft, deren Wichtigkeit insbesondere neben dem Platz herausgestellt wurde.

Nagelsmann hat begriffen, dass es für die deutsche Nationalmannschaft aktuell nur um die Europameisterschaft 2024 und nichts anderes geht. Dementsprechend hat er den Kader nach den besten Spielern und nicht nach den Akteuren mit dem meisten Potenzial zusammengestellt. Es braucht jetzt Erfolge, damit es dem Team wieder gelingt, die Fans hinter sich zu bringen. Dies ist ihm in Teilen gelungen.

Während sowohl Hansi Flick als auch Jogi Löw immer wieder von einem Umbruch in der Nationalmannschaft sprachen und viel auf Perspektive setzten, fokussiert sich Nagelsmann rein auf das Hier und Jetzt. Ein wichtiger Ansatz, um die Europameisterschaft im eigenen Land erfolgreich zu bestreiten.

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2. Die Abwehr bleibt weiterhin das Sorgenkind

Nicht erst seitdem Hansi Flick als Bundestrainer angeheuert war, mutierte die deutsche Hintermannschaft zum Sorgenkind. Bereits unter Jogi Löw hatte die Defensive der Nationalmannschaft immer wieder mit Problemen zu kämpfen. Nicht erst das katastrophale 1:4 gegen Japan, welches Flick am Ende den Job kosten sollte, hat die Schwächen in der deutschen Abwehr aufgezeigt. Bereits zuvor gab es einige Partien, in denen besonders die Defensive das Sorgenkind war.

Wer glaubt, dass sich unter Nagelsmann alles ändern würde, den müssen wir an dieser Stelle enttäuschen. Denn auch unter dem neuen Bundestrainer hat die DFB-Elf mit alten Problemen zu kämpfen und bekommt die Defensive nicht in den Griff. Sowohl gegen die USA als auch gegen Mexiko ließ die Hintermannschaft um Antonio Rüdiger einige Großchancen zu, die vom Gegner jedoch nicht genutzt werden konnten.

Im Gegensatz zur Ära Flick wusste die Mannschaft unter Nagelsmann jedoch die defensiven Schwächen über die gute Offensive auszugleichen. Dennoch muss der neue Bundestrainer dringend am Abwehrverhalten arbeiten. Dies wird die Grundlage für eine erfolgreiche EM sein.

DFB-Elf unter Nagelsmann: Abwehr weiter das Sorgenkind

(Photo by Scott Taetsch/Getty Images)

3. Die Mannschaft verkraftet Rückschläge

Ein großes Problem unter Flick, aber auch zum Ende der Ära Löw war, dass die Mannschaft lange Zeit brauchte, um mit Rückschlägen umzugehen. Man erinnere sich nur an den Rückstand gegen Japan, als man sich nach Gegentoren enorm schwertat, zurück in die Partie zu finden. In den Länderspielen in diesem Jahr sorgten Gegentore dafür, dass der Nationalmannschaft das Selbstvertrauen vollkommen abhandenkam und sie auseinander brach.

Rückstände konnte auch Nagelsmann nicht verhindern. Sowohl gegen die USA, als Christian Pulisic zum 0:1 traf, als auch gegen Mexiko, musste die DFB-Elf einen Rückstand hinnehmen. Jedoch scheint es so, als würde die Mannschaft mit Rückschlägen anders umgehen. Nach Pulisics Führungstreffer dauerte es zwölf Minuten, ehe dieser von Kapitän Gündoğan egalisiert wurde. Beim zweiten Treffer der Mexikaner hat es nur vier Minuten bis zum Ausgleich durch Niclas Füllkrug gedauert.

Besonders diese Entwicklung ist eine wichtige. Binnen weniger Tage scheint Nagelsmann an dem Selbstvertrauen seiner Spieler gearbeitet und ihnen eine gewisse Resilienz mit auf den Weg gegeben zu haben. Diese wird bei der Heim-EM im kommenden Sommer von Vorteil sein.

4. Nagelsmann reißt die Nationalspieler mit

Die letzten Auftritte unter Flick wirkten so, als würde die Nationalmannschaft ohne Charakter und Gesicht auftreten. Man ging nicht über das Nötige hinaus und nahm Niederlagen, wie die gegen Japan, einfach so hin. Es fehlte das Feuer in den Spielern, was sich auch daran bemerkbar machte, dass immer mehr Akteure aus den unterschiedlichsten Gründen absagten. Dies hat sich unter Nagelsmann geändert.

Das Team scheint für den neuen Trainer zu brennen. In beiden Partien zeigte die Nationalmannschaft ein aktives Pressing, welches viele Angriffe im Keim ersticken und somit auch die unsichere Abwehr entlasten konnte. Bereits in den Interviews im Vorfeld der Reise in die USA äußerten sich die Nationalspieler allesamt positiv über den neuen Übungsleiter. Und das spiegelte sich auch in den Partien wider, denn die Mannschaft arbeitete unermüdlich und glaubte an sich.

Nagelsmann hat dem DFB-Team einen neuen Spirit eingehaucht. Die Spieler gehen über Grenzen hinaus, wissen mit Rückschlägen umzugehen und sind deutlich selbstbewusster. Er reißt die Mannschaft mit seiner Art quasi mit. Dies muss sich in der kommenden Länderspielpause jedoch bestätigen.

5. İlkay Gündoğan blüht auf

Ein weiteres Sorgenkind der Nationalmannschaft war İlkay Gündoğan, den Hansi Flick kurz vor seiner Entlassung zum Kapitän gemacht hatte. Dieser hat seine Führungsqualitäten bei Manchester City unter Beweis gestellt, als er die Mannschaft von Pep Guardiola als Kapitän zum Triple geführt hatte. In der Nationalmannschaft wartete man unterdessen noch auf die starken Leistungen des Mittelfeldspielers. Viele warfen ihm vor, dass er im Trikot des DFB nicht an die Leistungen bei Manchester City anknüpfen könnte.

In den ersten beiden Spielen unter Nagelsmann zeigte er es seinen Kritikern, denn in beiden Partien gehörte er zu den besten Spielern auf dem Platz. Gegen die USA war er es, der nach dem Rückstand den Ausgleich erzielen konnte und die Mannschaft immer wieder nach vorne pushte. Zudem gewann er zahlreiche Bälle und ging damit als gutes Vorbild auf dem Platz voran. Auch beim 2:2 gegen Mexiko zeigte der Spieler des FC Barcelona eine ansprechende Leistung. Man darf sich zurecht Hoffnungen machen, dass Gündoğan unter dem neuen Bundestrainer im Nationalteam noch einmal stärker wird.

Denn wenn uns die Geschichte eins gelehrt hat, dann dass die deutsche Nationalmannschaft am erfolgreichsten war, wenn sie starke Führungspersönlichkeiten hatte, die auch auf dem Platz geglänzt haben. Noch ist Gündoğan dies nicht zu hundert Prozent, allerdings bleiben ihm noch neun Monate, um den ersten Eindruck unter Beweis zu stellen.

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Jannek Ringen

Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.


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