Leipzigs Flügelflitzer Yan Diomande kann es kaum erwarten. „Wir sind mit unserer Nationalmannschaft aufgewachsen – sie hat uns zum Weinen gebracht, sie hat uns zum Träumen gebracht. Jetzt sind wir diejenigen, die Kinder inspirieren“, schwärmte der RB-Shootingstar. Wenn Diomande (19) mit dem Titelverteidiger Elfenbeinküste in den Afrika-Cup (ab 21. Dezember) startet, geht für ihn „ein Traum“ in Erfüllung.
Auch große Stars wie Achraf Hakimi, der mit dem favorisierten Gastgeber Marokko zum Titel stürmen will, fiebern der 35. Ausgabe des vierwöchigen Turniers seit Monaten entgegen. An Prestige ist der Kampf um den goldenen Pokal auf dem Kontinent nicht nur für die elektrisierten Fans kaum zu überbieten. Beim Blick auf die Diskussionen in Europa drängt sich ein anderer Eindruck auf: Der nämlich, dass es sich beim Afrika-Cup um einen lästigen Störfaktor mitten in der Saison handelt, ein alle zwei Jahre wiederkehrendes Übel.
Afrika-Cup: Es geht wieder zur Sache
Seit Jahrzehnten murren die Vertreter europäischer Klubs über die Abstellung von Spielern im laufenden Liga-Spielbetrieb, sie beklagen Ausfallzeiten und befürchten Verletzungen. Und sie üben Druck auf die entscheidenden Verbände aus, um ihre Spieler möglichst lange im Vereinsumfeld behalten zu dürfen.
In der Bundesliga etwa erwischt es in diesem Jahr den Vizemeister Bayer Leverkusen besonders hart: Vier Spieler reisen zum Turnier. Dass die Leverkusener, die im Übrigen nicht zur Fraktion der Klagenden gehören, nun unter anderem für das Topspiel gegen Leipzig ihren Kader umbauen müssen, hängt eng mit dem Handeln des Weltverbandes zusammen.
Denn ursprünglich hätte der Afrika-Cup bereits im Sommer dieses Jahres stattfinden sollen. Da aber zog die FIFA dann ja ihre erstmals zum Großturnier aufgeblasene Klub-WM durch. Weshalb sich Präsident Gianni Infantino, der sich gerne als väterlicher Freund des afrikanischen Kontinents stilisiert, und sein Verband bemüßigt sahen, den Klubs anderweitig entgegenzukommen.
Zunächst wurde das Turnier – sonst häufig im Januar gestartet – nach vorne verlegt. Für die Bundesliga etwa bedeutet das, dass ein Großteil des Turnierzeitraums günstigerweise in die Winterpause fällt. Für den Afrika-Cup hingegen, dass auch Spiele an christlichen Festtagen wie Heiligabend ausgetragen werden müssen. Und dann verlegte die FIFA auch noch kurzerhand die Abstellungsfrist um eine Woche nach hinten, vom 8. auf den 15. Dezember – sechs Tage vor Tunierbeginn.
Für die afrikanischen Verbände, die selbst erst Anfang Dezember (!) von der Entscheidung erfuhren, war das eine verheerende Nachricht. Lange geplante Testspiele, Reisen und Unterkünfte mussten abgesagt oder umgebucht werden. Es entstanden zusätzliche Kosten und jede Menge Frust.
„Es ist inakzeptabel, dass diese Informationen den Trainern und Verbänden, die an einem so wichtigen Wettbewerb beteiligt sind, so spät mitgeteilt werden“, wetterte Habib Beye, einstiger senegalesischer Nationalspieler und heutiger Trainer des französischen Erstligisten Stade Rennes. Auch wenn es für ihn als Coach in Europa natürlich ein Vorteil sei, seine afrikanischen Spieler länger bei sich zu haben, müsse man auch die andere Seite sehen. Diese „Einmischung“ der FIFA, die darauf abziele den Wettbewerb zu „minimieren“, käme leider „nicht überraschend“.
Immerhin: Beye ist mit seiner Solidarität nicht alleine. Man dürfe nicht unterschätzen, mahnte Bayern-Trainer Vincent Kompany, „wie wichtig der Afrika-Cup“ für die Spieler sei. Seinem Schützling Nicolas Jackson wünscht er trotz potenzieller Personalsorgen im Sturm nur das Beste: „Ich hoffe, dass er so weit wie möglich kommt“, sagte der 39-Jährige.

