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Casemiro erneut desolat: Die guten Jahre sind vorbei

2. September 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Lange Jahre war der Brasilianer Casemiro ein wichtiger Bestandteil des Mittelfelds von Real Madrid, der Anker sozusagen. Er gewann Titel en masse, alleine fünfmal nacheinander die Champions League, all das als Stammspieler. 

Im Sommer 2022 wechselte der 6er dann zu Manchester United. Die Red Devils hofften, dass der erfahrene Spieler dem Mittelfeld Halt geben kann. Einige Auftritte waren auch ansprechend, keine Frage. Doch die 70 Millionen Euro Ablöse rechtfertigte er in den ersten beiden Jahren nicht. Und es deuten sich noch größere Probleme an.

Casemiro: Der Funke springt nicht über

Große Ziele auf dem Transfermarkt hatte Manchester United in den letzten Jahren einige. Große Namen verpflichteten die Red Devils ebenfalls gerne. Das Problem: Den großen Ertrag gab es nur zu selten. Als Casemiro im Jahr 2022 von Real Madrid nach Manchester gelotst wurde, wuchs ein – wie sich herausstellte naiver – Glaube heran, der Brasilianer könne die Probleme im Mittelfeld des Klubs aus dem roten Teil der Stadt mit seiner Präsenz allein beheben. Zu glorreich war seine Zeit bei Real Madrid, während der er vereinfacht gesagt als Raubein mit unbändiger Siegesmentalität auftrat. Er spielte oftmals an der Grenze der Legalität, hielt seinen Vorderleuten aber den Rücken frei und ließ nie Zweifel daran aufkommen, alles in seiner Macht stehende zu tun, damit seine Mannschaft am Ende als Sieger vom Feld geht.



Seine Fähigkeiten passten perfekt zum Starensemble. Individuelle Klasse ohne Ende und ein homogen zusammengestelltes Team erleichterten ihm die Arbeit. Das Problem: Vor allem in Sachen Homogenität war in Manchester nicht viel zu holen. Vereinfacht gesagt wurde er ein Einzelteil neben anderen Einzelteilen und nicht ein Mosaikstein inmitten einer größeren Idee. Und das zeigte sich auch auf dem Feld. Nun wird sicher niemand sagen, dass die Debütsaison, in der er 51 Pflichtspiele für die Red Devils bestritt, nicht gut war. Aber „gut“ alleine reicht nicht, wenn man vorher als Heilsbringer angesehen wurde und 70 Millionen Euro gekostet hat. In einem Alter, das von vielen als perfekt angesehen wird. 

Im zweiten Jahr wurde schließlich aus gut unbeständig. 1400 Pflichtspielminuten weniger absolvierte der Brasilianer, kam insgesamt auf 32 Einsätze. In der Champions League flog er bei der Heimniederlage gegen Galatasaray vom Feld, beim Triumph im FA Cup stand er nicht auf dem Platz, mit ihm wurden zwölf Pflichtspiele verloren. Und United fehlte weiterhin die Homogenität. Er auf dem Platz und die Verantwortlichen für den Transfermarkt konnten sie nicht heraufbeschwören. 

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Es war nicht alles schlecht, aber gewiss nicht so gut wie in der Saison zuvor. Zwei Jahre nach der großen Investition in den Anker für das Mittelfeld blieb zu konstatieren: Der Funke konnte nicht überspringen. Es gab keine Konstellation, in der Casemiro besonders glänzen konnte. Und das war dann doch auch eine Enttäuschung.

2024/25: Casemiro startet desolat

Cut, neue Saison, neues Glück. Manchester United hat im Sommer einiges im Kader verändert, Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui zur Abwehr hinzugefügt, offensiv noch etwas getan und Manuel Ugarte für das Mittelfeld verpflichtet. Möglicherweise, um gemeinsam mit Casemiro zu spielen. Doch sicher ist das nicht, schon gar nicht nach den ersten Leistungen des 32-Jährigen. Beim Auftakt in die neue Saison der Premier League spielte er unauffällig, aber nicht schlecht. In Brighton (1:2) wirkte er mitunter lethargisch, hatte gleich mehrere Aktionen in seinem Spiel, in denen er den Raum vor sich scannte, dabei irgendwann aktiv gepresst wurde und den Ball verlor.

Casemiro

(Photo by Eddie Keogh/Getty Images)

Von Dynamik war überhaupt nichts zu sehen, er kam mitunter nicht einmal in die Zweikämpfe, war zu langsam, im Kopf nicht wach genug. Er war der Spieler, der unterstützt werden musste – und nicht der Unterstützer selbst. Trotzdem hielt Erik ten Hag, Trainer der Red Devils, auch gegen Liverpool an ihm fest. Ein fataler Fehler, der zu Halbzeit korrigiert werden musste. Beide Gegentore in den ersten 45 Minuten entstanden nach einem eklatanten Patzer Casemiros. Es war nicht einmal hochaggressives Pressing nötig, um dem Brasilianer den Ball abzuluchsen. Zweimal bestrafte Liverpool sein Fehlverhalten eiskalt.

Es war aber nicht nur die fehlende Pressingresistenz. Abspielfehler ohne Not, teilweise auf eine Distanz von weniger als zehn Metern, falsches Stellungsspiel, verlorene Sprintduelle: Der Spieler war ein Schatten seiner selbst. Die Höchststrafe war die Auswechslung für den jungen Tobi Collyer. Man muss es so klar sagen: Casemiro gibt dem Spiel von United derzeit nichts. Gar nichts. Dass das nicht plötzlich der Fall ist, sondern sich über einen längeren Zeitraum entwickelte, sollte den Verantwortlichen Sorge bereiten.

Ob man bei Real Madrid 2022 vielleicht sogar geahnt hat, dass es für den Brasilianer in den nächsten Monaten und Jahren zunehmend schwieriger wird, seine Leitung abzurufen? Vielleicht. Ob kalkuliert oder nicht: Die Entscheidung, den Spieler zu verkaufen, war damals goldrichtig. Es scheint, als seien seine guten Jahre vorbei. 

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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