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Premier League: Ein Leitfaden zu den Melderegeln in England

26. Dezember 2022 | Spotlight | BY Lukas Heigl

Spotlight | Die Regeln, wann welcher Spieler für Vereine spielberechtigt ist und wie viele einheimische Spieler im Kader registriert sein müssen, sind von Land zu Land verschieden.

Im Folgenden versuchen wir etwas Licht ins Dunkel zu bringen, was die Vorgaben in England und speziell der Premier League angehen. Denn hier sind die Regeln durch den Brexit – dadurch fällt im Vereinigten Königreich die innerhalb der Europäischen Union vorherrschende freie Wahl des Arbeitsplatzes weg und für EU-Ausländer gelten nun dieselben Regeln wie für Nicht-EU-Ausländer – und auch die Tatsache, dass die englischen Erstligisten auf dem Transfermarkt den Ton angeben, nochmal entscheidender als in vielen anderen Ligen.



England: Die Home-Grown-Regel

Eine ganz entscheidende Frage für die Kaderregistrierung ist zunächst, ob ein Spieler als Home-Grown gilt oder nicht. Denn die englischen Vereine dürfen maximal 17 Spieler, die diesen Status nicht haben, registrieren. Die Regel ist dabei recht schnell erklärt: Spieler, die vor ihrem 21. Geburtstag mindestens drei Jahre bei einem Verein im Vereinigten Königreich verbracht haben, gelten als „Home-Grown“, zu deutsch Eigengewächs. In der Regel sind also Engländer, Waliser, Schotten und Nordiren Eigengewächse, alle anderen eben nicht.

Dies ist jedoch längst nicht immer so. Beispiele, die diese Regel brechen, finden sich vor allem in eine Richtung sogar recht häufig. Da die englischen Vereine vor dem Brexit gerne nicht volljährige Talente vor allem aus dem Rest der EU verpflichtet haben, gibt es einige Spieler, die auch als Nicht-Engländer als Eigengewächse zählen. Namhafte Beispiele hierfür sind etwa Cesc Fabregas (35), Paul Pogba (29) oder Romelu Lukaku (29). Bei den aktuell in der Premier League spielenden Akteuren wären Beispiele etwa Emiliano Martinez (30, Aston Villa, Argentinien), Robert Sanchez (25, Brighton & Hove, Spanien), Nathan Aké (27, Manchester City, Niederlande) oder auch bis vor kurzem Cristiano Ronaldo (37, ehemals Manchester United, Portugal).

Premier League: Ronaldo und Ake sind in England beide Eigengewächse

(Photo by Harold Cunningham/Getty Images)

Und auch Jamal Musiala (19) gilt durch seine Zeit beim Chelsea FC als Eigengewächs. Daher hat er für englische Vereine in dieser Beziehung denselben Wert wie etwa Jude Bellingham (19), auch wenn die landläufige Meinung eine andere ist. Engländer, die nicht als Eigengewächse zählen, sind hingegen viel seltener. Ein Beispiel hierfür wäre Eric Dier (28) von den Tottenham Hotspur, der zwar in England geboren ist, seine Kindheit und Jugend aber in Portugal bei Sporting verbrachte und erst mit 20 nach England zurückkehrte.

Wann bekommt man eine Arbeitserlaubnis?

Wollen Vereine Spieler registrieren, die nicht als Eigengewächse zählen, gibt es noch weitere Hürden zu meistern als die Frage, wie viele Nicht-Eigengewächse man bereits im Kader hat. Denn es gibt ein relativ kompliziertes Punktesystem nach dem entschieden wird, ob der Spieler die Arbeitserlaubnis erhält oder nicht.

Es gibt sechs verschiedene Tabellen mit unterschiedlichen Kriterien, durch welche die Spieler Punkte sammeln können. Hat ein Spieler insgesamt 15 Punkte oder mehr, erhält er ohne weitere Probleme eine Arbeitserlaubnis. Sind es zwischen 10 und 14 Punkten, entscheidet eine Kommission der FA über den Einzelfall. Sind es unter 10 Punkte, wird keine Arbeitserlaubnis erteilt.

Länderspiele bringen besonders viel

In der ersten Tabelle geht es um Spiele für die Nationalmannschaft. Wurde ein Spieler in Länderspielen eingesetzt, kann er je nach Verhältnis der Einsätze zur Gesamtzahl der Spiele sowie je nach Platzierung der Nation in der Weltrangliste punkten und sich in einigen Fällen sogar eine sichere Arbeitserlaubnis erspielen. Das ist bei den Top 10 der Weltrangliste beispielsweise bei mindestens 30% der Fall, bei den Teams zwischen Platz 31 und 50 immerhin noch bei mindestens 70%. In Tabelle 2 geht es um die Frage, wie viele Einsatzminuten ein Spieler beim Verein hatte.

Hierbei wird zwischen sechs Gruppen von Ligen unterschieden, die dann auch unterschiedlich viele Punkte geben. Am meisten Punkte bekommt man für Einsätze in den sogenannten großen fünf Ligen. Hier sind bei 90% oder mehr Einsatzminuten bis zu zwölf Punkte möglich. Ligen in Gruppe 6 bringen maximal zwei Punkte. Interessant ist noch, dass die Championship, also die zweite englische Liga, in Gruppe 2 und somit deutlich höher als einige erste Ligen ist, beispielsweise die aus der Schweiz, Dänemark oder der Ukraine. Für Länder in den ersten drei Gruppen gibt es in Tabelle 3 außerdem noch für Minuten in internationalen Wettbewerben Extrapunkte.

Teamerfolg bringt Punkte

Die nächsten beiden Tabellen beziehen sich auf den Teamerfolg der Vereine. In der heimischen Liga bringt es bis zu sechs Punkte, wenn der eigene Verein Meister wird. Ein Klassenerhalt in einer der großen fünf Ligen bringt immerhin noch einen Punkt. Und auch internationale Erfolge bringen Punkte: Das Erreichen des Champions-League-Finals bringt beispielsweise zehn Punkte, für das Endspiel der Conference League gibt es zwei Punkte. Letztmals Punkte bekommt man für die Liga, in der man spielt. Hier gibt es für die Topligen zehn Punkte, für die schwächsten Ligen immerhin noch zwei.

Das 27-seitige Dokument mit allen Tabellen findet ihr hier

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man als Spieler, der in einer Topliga halbwegs oft zum Einsatz kommt, kaum die nötige Punktzahl für eine Arbeitserlaubnis verpassen kann. Für Akteure, die in kleineren Ligen unterwegs sind, kann es jedoch schnell eng werden. So kommt es zuletzt häufiger vor, dass Vereine sich im Winter Talente aus kleinen Ligen holen und diese zur Rückrunde in etwas größere Ligen verleihen, damit die Spieler dann im Sommer die notwendigen Punkte haben, um für die Premier League spielberechtigt zu sein. Ein Beispiel hierfür wäre etwa Kacper Kozlowski (19). Da die heimische polnische Liga zu niedrig eingestuft ist, verlieh in Brighton nach der Verpflichtung im Januar 2022 nach Belgien. Hier sammelte er trotz weniger Spielzeit mehr Punkte und konnte die Sommervorbereitung mit den Seagulls verbringen. Solche Konstrukte dürften wir in Zukunft vermehrt sehen. Hier bekommt dann das Wort „Ausbildungsliga“ eine ganz neue Bedeutung.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Lukas Heigl

Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert


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