Liverpool „korrigiert“, Bielsa spielt Solskjaer in die Karten und unterschiedliche Welten bei Everton & Arsenal

22. Dezember 2020 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

7 Awards – Premier League | Es war ein torreicher Spieltag auf der Insel. Liverpool und Manchester United schossen zusammen 13 Tore. Der FC Arsenal befindet sich dagegen in einer handfesten Krise, ganz anders als der FC Everton.

„Unterschiedliche Welten“-Award: FC Everton und FC Arsenal

Ein Jahr ist es her, dass Carlo Ancelotti bei Everton und Mikel Arteta beim FC Arsenal jeweils das Ruder übernahmen. Am Samstag standen sich die Beiden gegenüber und ihre Teams setzten die bisherigen Trends fort.

Die Gunners führten nach der nächsten eintönigen und enttäuschenden Vorstellung ihre Krise fort, verloren mit 1:2 und sind seit sieben Spielen ohne Sieg. 14 Punkte nach 14 Spielen entsprechen dem schlechtesten Saisonstart seit 1974. Die Toffees dagegen gewannen dank eines organisierten Auftritts das dritte Spiel in Serie, kletterten auf Rang vier und werden erstmals seit 2004 das Weihnachtsfest in den Top-Four verbringen.

Ein Jahr nach Amtsantritt befinden sich die beiden Trainer in unterschiedlichen Welten. Arsenal-Trainer Mikel Arteta ist keinesfalls fehlerfrei, was mit 38 Jahren auch nicht zu erwarten war. Dennoch werden die Berichte über die suspekte Arbeit hinter den Kulissen, den aufgeblähten und unbalancierten Kader mit offenbar „schwierigen“ Charakteren immer präsenter. Darüber hinaus herrscht nach drei Jahren ohne Champions League imminenter Erfolgsdruck. Die Stimmung ist angespannt. Das alles sind Probleme, die der Spanier zwischenzeitlich kaschieren konnte, ihm nun aber über den Kopf zu wachsen scheinen.

Bei den Toffees dagegen könnte die Stimmung nicht gegensätzlicher sein. Anders als in den Jahren zuvor, ist Ruhe eingekehrt. Laut einem Bericht von „The Athletic“ fühlt sich Carlo Ancelotti beim FC Everton sehr wohl, vor allem, da er ihn als einen „Familien-Klub“ sieht. Die Zusammenarbeit ist harmonisch, es gibt kaum Störfaktoren, er kann in Ruhe arbeiten, ohne großen Druck. Man möchte sich 2020/2021 für „Europa“ qualifizieren, danach auf die Champions League schielen.

Unterschiedliche Welten, unterschiedliches Klima und damit deutlich unterschiedliche Gemüter zweier Trainer nach einem Jahr Amtszeit.

„Torverhältnis korrigiert“-Award: Liverpool

Für so viele Klubs ist 2020/2021 eine seltsame und vor allem anspruchsvolle Saison. Das zeigt alleine der Blick auf die Tabellen der fünf europäischen Top-Ligen. Keine Mannschaft setzt sich ab, alle haben mit der kurzen Sommerpause, dem engen Spielplan und natürlich den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. In solch einer Saison könnten Nuancen den Unterschied machen und dazu gehört das Torverhältnis.

Was das angeht, erwies sich der FC Liverpool bei einem der seltsamsten Spiele dieser Saison am 4. Oktober einen Bärendienst. Die Reds verloren mit 2:7 gegen Aston Villa. Die Mannschaft von Jürgen Klopp erholte sich trotz der vielen defensiven Ausfälle sowohl hinsichtlich des Tabellenrangs als auch der Torbilanz. Mit +10 stand man vor dem 14. Spieltag dennoch schlechter da als Tottenham (+13) oder Chelsea (+12) und war ganz nebenbei in Reichweite von Manchester City (+6).

Gegen Crystal Palace wurde dieses kleine Defizit nun auch aus der Welt geschafft. Die Reds überrollten die Eagles mit 7:0. Takumi Minamino (3.), Sadio Mané (35,), Roberto Firmino (44., 68. ), Jordan Henderson (52.) und Mohamed Salah (81., 84.) erzielten die Tore. Es war eine überwältigende Mannschaftsleistung, es gab insgesamt sieben verschiedene Vorlagengeber, und anders als in Spielen zuvor auch eine effiziente Leistung vor dem gegnerischen Tor.

Jürgen Klopp war folglich zufrieden. „Sie alle hatten ihre Vollstreckerschuhe an, wenn du das hast wird es schwer (…). Das lief vorher nicht für uns und das wird leider nicht oft passieren“, sagte der 53-Jährige und ergänzte: „Aber es ist eine seltsame Saison. Wir haben 2:7 verloren und nun 7:0 gewonnen. Wenigstens konnten wir das Torverhältnis etwas korrigieren.“

Der FC Liverpool ist nach einem schweren Saisonstart jetzt nicht nur mit vier Zählern Vorsprung Tabellenführer, sondern hat mit +17 das mit fünf Treffern Abstand beste Torverhältnis der Premier League.

„In die Karten gespielt“-Award Leeds United

Kaum eine Mannschaft der Premier League ist unterhaltsamer als Leeds United. Nur bei Spielen des FC Liverpool (55) fielen in dieser Spielzeit mehr Tore als beim Aufsteiger (54). Ganze acht davon gab es am Sonntag beim ewigen Rivalen Manchester United, aus Sicht der Mannschaft von Marcelo Bielsa leider ganze sechs für die Red Devils.

So erfrischend, mutig und offensiv der Spielstil von Leeds United auch ist, er ist auch fehleranfällig und riskant. Gegen Manchester United spielte das dem Gegner komplett in die Karten. Ole Gunnar Solskjaer hatte es antizipiert, und während das Offensivspiel seiner Mannschaft insgesamt zu wenig nachhaltige Elemente hat, kann sie eines sehr gut: Umschalten. Der Norweger verstärkte diese Ausrichtung, brachte die dynamischeren Daniel James und Scott McTominay in die Partie. Letzterer gab auch zu Beginn den Ton an.

Bereits nach einer Minute nutzten die Hausherren den ersten Fehler der Gäste im Aufbau aus: McTominay traf, in der dritten Minute setzte er nach einem Einwurf sogar einen zweiten Treffer drauf. Manchester United hatte nur 41% Ballbesitz, bestrafte die naive Herangehensweise allerdings eiskalt. Leeds United hatte Chancen, machte aber schlichtweg zu viele Fehler und hätte sogar höher verlieren können als 2:6. Ob sich die Ausrichtung von Bielsa nun ändern wird, nachdem man dem Gegner mit „seiner“ Art in die Karten spielte und nun die meisten Gegentore der Liga hat?

Glaubt man den Worten des 65-Jährigen, dann wohl kaum. „Wir haben Fehler gemacht. Unsere Angriffe entstanden durch Kombinationsspiel, ihre Angriffe durch Ballverluste von uns. Wir haben zu langsam umgeschaltet, aber hatten die Chance, in dieses Spiel zurückzukehren, mehrfach”, sagte der Argentinier nach dem Spiel.

„Spielmacher“-Award: Kevin De Bruyne

Am Samstag beim 1:0-Arbeitssieg gegen den FC Southampton war Kevin De Bruyne einmal mehr der entscheidende Mann für Manchester City, leitete das Tor des Tages durch Raheem Sterling überlegt und präzise ein.

Für den 29-Jährigen war es laut Opta bereits der 15. Assist des Kalenderjahres 2020, damit hat er drei mehr als jeder andere auf dem Konto. Eine kleine Erinnerung, dass De Bruyne wohl der beste Spielmacher der Premier League und einer der besten seines Fachs überhaupt ist. Bei der beachtlichen Konstanz, mit der der Belgier seit nun fünf Jahren die Premier League dominiert, betrachtet man das beinahe als selbstverständlich.

 

„Egal wo, Hauptsache bei Tottenham“-Award: Jamie Vardy

In seinen mittlerweile 224 Premier-League-Spielen hat Jamie Vardy 114 Tore geschossen. Darunter sind natürlich auch einige Auswärtstore. Am Wochenende führte ein solches Leicester City bei Tottenham Hotspur zum 1:0. Nach einer umkämpften ersten Hälfte brachte der Engländer seine Foxes in der vierten Minute der Nachspielzeit auf die Siegerstraße.

Damit setzte sich ein interessanter Lauf fort. Laut Opta hat Vardy gegen kein Team der Premier League häufiger auswärts getroffen als gegen die Spurs (7). Wo, ist dabei egal. Der 33-Jährige traf an der alten White Hart Lane, in der temporären Spielstätte Wembley und nun im neuen Tottenham Hotspur Stadium.

Ein Eigentor von Toby Alderweireld führte zum 0:2-Endstand. Die Spurs stürzten durch die Niederlage auf Platz fünf, während Leicester auf Platz zwei Weihnachten feiern darf.

„Eckballspezialisten“-Award: FC Chelsea

In den letzten zwei Spielen geriet die gelobte Offensive und damit der gesamte FC Chelsea etwas ins Stocken: 0:1 gegen Everton und 1:2 gegen Wolves. Am Montagabend fanden die Blues nun wieder in die Spur, bezwangen West Ham United mit 3:0.

Die Initialzündung zum Erfolg brachte dabei ein Mittel, das die Mannschaft von Frank Lampard in dieser Saison besonders gerne nutzt: Eckbälle. In der 10. Minute servierte Mason Mount und Thiago Silva köpfte ein. Es war die dritte Eckball-Vorlage für Mount und bereits der achte Treffer nach einem Eckstoß für Chelsea – Ligaspitze.

Es war keine berauschende Leistung der Blues, doch die Führung gab ihnen Sicherheit. Tammy Abraham machte mit einem Doppelpack in der Schlussphase alles klar.

„Leg dich nicht mit Grealish an“-Award: Jack Grealish

Es war ein einseitiges West-Midlands-Derby zwischen West Bromwich Albion und Aston Villa. Das lag wie so oft auch an dem Impact von Villa-Spielmacher Jack Grealish, in mehrfacher Hinsicht.

Der 24-Jährige ist im Offensivspiel der Dreh- und Angelpunkt, wie seine nun europaweit meisten kreierten Torchancen 2020/2021 beweisen. Oftmals ist der wendige Mittelfeldspieler daher nur durch Fouls zu bremsen, doch auch hierzu sollte man sich nicht hinreißen lassen. Am Sonntag musste nun Jake Livermore diese Erkenntnis machen.

Beim Stand von 0:1 hatte Livermore keine Lust mehr, dem Engländer hinterherzulaufen, holte ihn überhart von den Beinen und flog vom Platz. Damit hat Grealish seit Saisonbeginn 2019/2020 bereits vier Platzverweise provoziert, mehr als jeder andere Spieler der Premier League.

Aston Villa hatte in Überzahl übrigens keine Probleme und setzte West Brom zum Amtsantritt von Sam Allardyce eine 3:0-Pleite zu. Grealish bereitete dabei noch ein Tor vor.

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(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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