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Premier League: Game Over für Arsenal und ManCitys Michael Jordan

16. Mai 2023 | Trending | BY Chris McCarthy

Fünf Awards zum 36. Spieltag der Premier League: Game over für den FC Arsenal im Titelrennen und Manchester Citys Michael Jordan.

„Game Over“-Award: FC Arsenal

Als sich die Spieler des FC Arsenal am Sonntagabend auf den Rasen des Emirates Stadiums fallen ließen, war die Gewissheit eingekehrt. Das 0:3 zu Hause gegen Brighton & Hove Albion hatte soeben die letzten noch so kleinen Titelhoffnungen begraben – bereits kommenden Samstag kann Manchester City die Meisterschaft eintüten. Es war ein Spiel, das exemplarisch dafür stand, was den Gunners 2022/2023 noch fehlte, um eine fantastische Saison tatsächlich mit dem Gewinn der Premier League zu krönen.



Und ähnlich wie die Saison, fing auch dieses Spiel gut an. Die Mannschaft von Mikel Arteta kontrollierte zwar nicht den Ball, aber irgendwo das Spiel. Arsenal überließ den spielstarken Seagulls bewusst die Kugel, fokussierte sich eher darauf, nach frühen Ballgewinnen Torchancen zu erzwingen und hatte nach 45 Minuten auch durchaus das Chancenplus. Allerdings keine Tore und so wurden die Gunners von ihren Defiziten eingeholt:

  • Im Angriff fehlte der zweitjüngsten Mannschaft der Premier League an diesem Tag die letzte Erfahrung und Abgezocktheit, um in Führung zu gehen.
  • Das Gegentor zum 0:1 war zwar umstritten – Evan Ferguson war Arsenal-Verteidiger Jakub Kiwior auf den Fuß getreten, der Pole am Boden, als Julio Enciso freistehend einnickte – und dennoch sinnbildlich für das nächste Problem. Kieran Tierney, der für Oleksandr Zinchenko links verteidigte, hatte zuvor mangelhaft geklärt und Kiwior wurde zwar gefoult, war aber bei seinem Entschluss, liegen zu bleiben, zu naiv. Die Londoner sind noch zu abhängig von ihrer ersten Garde, das Gefälle zwischen Stammspieler und Ersatz noch zu groß. Bester Beweis: In den acht Spielen ohne den verletzten Innenverteidiger William Saliba hat Arsenal 17 Gegentore kassiert (2,1 pro Spiel) – in den 28 mit ihm waren es nur 25 (0,9 pro Spiel).
  • Die Hausherren hatten zwar genug Zeit (39 Minuten) für die nächste Aufholjagd, hatten aber nach 35 Spielen sichtlich nicht mehr die Kraft – mental wie physisch – um das metronomartige Pass- und Positionsspiel der Gäste zu stören. Brighton war in Durchgang zwei in Bestform, Arsenal Game over.

Sicher, wenn man die Premier League an 27 von 36 Spieltagen anführt, nur um am Ende Zweiter zu werden, liegt der Gedanke nahe, Arsenal hätte die Meisterschaft verspielt. Das wäre aber zu kurzsichtig. Vielmehr fehlte dem Vorjahresfünften (!) – und das ist der springende Punkt – in diesem Stadium der Entwicklung schlichtweg die Erfahrung, die Tiefe und der lange Atem, um Manchester Citys schier unaufhaltsamen Punktemaschinerie 38 Spieltage lang Paroli zu bieten. Im Duell mit einem übernatürlichen Gegner stießen die Gunners auf ihre natürliche Grenzen. Und wie das in einem Marathon nunmal so ist, wurde das vor allem auf der Ziellinie sichtbar

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„Michael Jordan“-Award: Ilkay Gündogan

Stichwort Punktemaschinerie. Manchester City fuhr am Sonntag beim 3:0 über den FC Everton seinen elften Premier-League-Sieg in Folge ein – Saisonbestleistung. Treibende Kraft war abermals Ilkay Gündogan.

Bereits letzten Spieltag zeichneten wir den 32-Jährigen mit dem „(fast) Alleskönner“-Award aus. Gegen Leeds United diktierte er für den geschonten Rodri auf der Sechs das Spiel, erzielte zudem zwei Treffer. Eine Woche später brauchte ihn Pep Guardiola in einer etwas offensiveren Position. Und wieder lieferte Gündogan. In einer langen zähen Angelegenheit gegen die abstiegsbedrohten Toffees war es der deutsche Nationalspieler, der mit seiner individuellen (Welt-)Klasse den Unterschied machte und ManCity auf die Siegerstraße beförderte.

Beim Stand von 0:0, tief im Strafraum und inmitten der groß-gewachsenen Everton-Verteidigung, bremste der Mittelfeldspieler mit dem Rücken zum Tor eine Halbfeldflanke butterweich mit dem Oberschenkel ab und brachte den Ball noch in der Luft instinktiv hinter sich im Tor unter. Ein brillanter Geniestreich. Und nicht der letzte an diesem Nachmittag. Nur zwei Minuten später legte er das 2:0 von Erling Haaland durch einen Flügellauf samt perfekter Flanke mit dem schwachen linken Fuß vor, ehe er nach der Pause einen Freistoß aus knapp 20 Metern herrlich zum 3:0 über die Mauer zirkelte.

Es war erst das zweite Mal überhaupt, dass Gündogan in einem Premier-League-Spiel an drei Toren direkt beteiligt war. Und nicht das erste Mal, dass Guardiolas erste Neuverpflichtung als City-Trainer 2016 im Schlussspurt das Heft in die Hand nimmt.

2018/2019 sprang er (erstmals) für den überragenden Fernandinho im defensiven Mittelfeld ein – Guardiola sagte später, dass das die Meisterschaft entschied. Vergangene Saison erzielte er beim 3:2-Erfolg über Aston Villa zwei Treffer, um den Ein-Punkt-Vorsprung gegenüber dem FC Liverpool ins Ziel zu fahren und 2022/2023 hat Gündogan mit vier Toren und einer Vorlage aus den letzten zwei Spielen die Wachablösung an der Tabellenspitze zementiert.

Ob als spielgestaltender Sechser, Achter, Zehner, Vorlagengeber oder Torjäger – ähnlich wie einst NBA-Legende Michael Jordan zu den Playoffs, scheint Ilkay Gündogan dann zur Bestform aufzulaufen, wenn am meisten auf dem Spiel steht.

„Sie werden doch nicht etwa?“-Award: FC Liverpool

Es ist nicht so lange her, da schien die Saison des FC Liverpool in einer einzigen Enttäuschung zu enden – nämlich ohne Titel und ohne Qualifikation für die fest eingeplante Champions League. Ja selbst die Europa League war alles andere als garantiert, so sehr war das Rot in Jürgen Klopps „verflixtem siebten Jahr“ dabei zu verblassen. Großartige Aussichten auf Besserung gab es aufgrund individueller Formprobleme von Leistungsträgern und einem Intensitätsschwund kaum.

Doch siehe da, zwei Spieltage vor Schluss ist wenigstens die Europa League gesichert und sogar die Königsklasse wieder im Visier. Der 3:0-Auswärtssieg dank eines Assist-Hattricks von Mohamed Salah über Leicester City war der sechste Dreier in der Premier League in Serie, seit acht Spielen gab es keine Niederlage – der längste Lauf der Saison. Die Reds sind zwar nicht immer in ihrer unwiderstehlichen Bestform, haben sich aber zusammengerafft und sich auf das Punkten fokussiert.

Ob es am Ende tatsächlich für die Königsklasse langen wird, liegt ausserhalb ihrer Hände. Der Rückstand auf das drittplatzierte Newcastle United und Manchester United ein Platz dahinter beträgt jeweils nur noch einen Zähler. Allerdings haben die beiden ein Spiel weniger absolviert. Auf dem Papier ist das Restprogramm der Red Devils mit Spielen gegen Chelsea (H), Bournemouth (A) und Fulham (H) leichter als das der Magpies, die es noch mit Brighton (H), Leicester (H) und Chelsea (A) aufnehmen müssen

Liverpool muss sich jedenfalls auf seine Aufgaben gegen Aston Villa und Southampton konzentrieren und kann zusehen, wie ManUtd und Newcastle mit dem neuentstandenen Druck umgehen.

„Europa-Experte“-Award: Unai Emery

Eigentlich wurde Unai Emery im vergangenen November verpflichtet, um Aston Villa zu stabilisieren. Der Klub aus Birmingham war unter der Leitung von Steven Gerrard bedrohlich nahe an die Abstiegsränge gerutscht. Doch der Europa-Experte Emery – mit vier Titeln ist er Rekordsieger der Europa League – kann offenbar nicht anders.

Der Spanier hat die Villains in nur wenigen Monaten zu einem Anwärter auf die europäischen Plätze transformiert: Mit klaren Strukturen, defensiver Ordnung, Disziplin und direktem Angriffsspiel hat sein Team nun eine klare Spielidee. Also das, was die trainer- und direktorlosen Tottenham Hotspur derzeit nicht haben. Folglich war das direkte Aufeinandertreffen der Tabellennachbarn am Wochenende ein Spiel der Gegensätze und ein richtungsweisendes obendrein. Aston Villa gewann verdient mit 2:1 und hat nun seit Emerys Ankunft nicht nur die viertbeste Punkteausbeute der Premier League vorzuweisen, sondern binnen zwei Monaten die 14 Punkte Rückstand auf die siebtplatzierten Spurs egalisiert.

Signifikant daran: Da entweder Manchester City oder Manchester United den FA Cup gewinnen werden, genügt Platz sechs zur Qualifikation zur Europa League, Rang sieben würde immerhin ein Ticket für die Conference League bedeuten. Mit ausstehenden Spielen gegen Liverpool und die Seagulls wird es ein schwerer Schlussspurt. Doch ganz gleich, ob Aston Villa erstmals seit 13 Jahren wieder in Europa spielen wird, alleine die Tatsache, dass dies am 36. Spieltag überhaupt ein Thema ist, macht die Trainerverpflichtung schon zu einem vollen Erfolg.

„Historisch schlecht“-Award: FC Southampton

Der erster Absteiger der Premier League steht fest. Durch die 0:2-Niederlage gegen den FC Fulham ist der bittere Gang in die Championship für den FC Southampton besiegelt.

Und irgendwie war das absehbar. Bei den Saints fehlte nicht nur Qualität, sondern auch Kontinuität. Insgesamt drei Trainer versuchten den jüngsten Kader der Liga zu stabilisieren und setzten dabei die ligaweit zweitmeisten Spieler ein (32). Ein hoffnungsloses Unterfangen.

Mit nur 10 von 57 möglichen Heimpunkten und 24 Saisonniederlagen stellte Southampton beim insgesamt dritten Abstieg aus der ersten Liga jeweils negative Vereinsrekorde ein.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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