Premier League | City glänzt spielerisch, Liverpool nur durch Effizienz – Das Spektakel zwischen Man City und Liverpool in der Einzelkritik

10. April 2022 | News | BY Victor Catalina

News | 2:2 endete das Spitzenspiel zwischen Manchester City und dem Liverpool FC am 31. Premier League-Spieltag. Während die Cityzens vor allem in der ersten Hälfte Chancen hatten, für einen klaren Sieg zu sorgen, glänzte die Mannschaft von Jürgen Klopp vor allem durch Effizienz. Die Einzelkritik zum Spektakel.

Liverpool kontert Citys zweimalige Führung

Bereits in der 5. Minute war die Partie eröffnet, als Kevin De Bruyne die Seinen per abgefälschtem Distanzschuss in Führung brachte. Zwar zeigte sich Manchester City über die gesamte Spieldauer äußerst dominant, wusste aus den eigenen Möglichkeiten aber zu wenig zu machen. So konnte Diogo Jota ausgleichen. Den abermaligen Führungstreffer von Gabriel Jesus konterte Sadio Mané 46 Sekunden nach Wiederanpfiff. Die Akteure in der Einzelkritik.

 



 

Manchester City: Der Matchplan stimmt, die Effizienz weniger

Ederson: Ließ in Minute 23 den Puls der eigenen Fans kurz in die Höhe schnellen, als er einen Ball falsch einschätzte, der bedrohlich nahe Richtung Torlinie rollte. Letztlich konnte er aber noch vor Diogo Jota klären. Ansonsten relativ beschäftigungslos, weil seine Vorderleute defensiv äußerst aufmerksam umschalteten und so auch während der gelegentlichen Liverpooler Druckphasen wenig Hochkarätiges zuließen. Bei beiden Gegentoren machtlos. Note: 3,0.

Kyle Walker: Schaltete sich vor allem während des dominanten ersten Durchgangs viel in die Offensive ein. War danach gut damit beschäftigt, Sadio Mané und Andy Robertson ruhig zu halten, was bis in die 46. Minute hinein auch funktionierte. Erstickte zudem viele Liverpooler Umschaltmomente mit seinem enormen Tempo. Note: 3,0.

John Stones: Vor der Pause in seinem Kerngeschäft kaum gefordert. Verpasste in Minute 25 bei einer Freistoßvariante nach Vorlage von João Cancelo nur knapp das 2:1. Beim abermaligen Ausgleich durch Sadio Mané ließ er sich allerdings zu einfach von Diogo Jota aus der Position ziehen, was Mohamed Salah viel Raum und Zeit für die perfekte Hereingabe auf den Senegalesen eröffnete. Ansonsten weitestgehend sicher. Note: 3,0.

Aymeric Laporte: Verhinderte mit einem Tackling gegen Diogo Jota, dass es schon zur Pause 2:2 stand und fälschte 20 Minuten vor Schluss einen Salah-Schlenzer noch entscheidend ab. Zudem auch in der Offensive präsent. Zwang Alisson infolge eines Standards zu einer Glanzparade, stand bei seinem Pfostentreffer aber auch abseits. Souveräner Auftritt des Spaniers. Note: 2,5.

João Cancelo: Auf dem Papier Linksverteidiger. Aber nur auf dem Papier. Schaltete sich immer wieder als zusätzlicher Spielgestalter ins Mittelfeld ein oder suchte, wie in Minute 35, vom linken Flügel selbst den Abschluss. Fand gut 60 Sekunden später mit viel Übersicht und noch mehr Präzision Gabriel Jesus, der auf 2:1 stellte. Lieferte, was man sich viel häufiger auf der gegenüberliegenden Seite von Trent Alexander-Arnold erwartet hätte. Note: 2,0.

Rodri: Als Stabilisator gefragt, um De Bruyne und Bernardo Silva glänzen zu lassen. Dieser Aufgabe wurde er vollumfänglich gerecht. Zwar nicht spektakulär, dafür aber vor allem in Ballbesitz äußerst wirkungsvoll. Note: 2,5.

Premier League Manchester City Liverpool

Photo by Shaun Botterill/Getty Images

Kevin De Bruyne: „BIG GAME PLAYER!!!!!!“ Mit diesen Worten betitelte Manchester Citys Twitteraccount De Bruynes Führungstreffer. Auch ohne hellblaue Brille kommt man nur schwer umhin, dem zu wiedersprechen. Wenn für die Cityzens etwas in der Offensive ging, dann war in den allermeisten Fällen ihre Nummer 17 daran beteiligt. Pflügte ein ums andere Mal durchs Mittelfeld, leitete Großchancen ein, wie die von Sterling vor dem 1:0 oder dem vermeintlichen 3:2. Setzte Mahrez glänzend in Szene, der in Minute 94, für seinen Abschluss die drei Punkte nur in der NFL gutgeschrieben bekam. Und wenn es sich anbot, suchte er selbst den Abschluss. Big Game Player eben. Note: 1,5.

Bernardo Silva: Malträtierte in der ersten Halbzeit ein ums andere Mal mit seinen Chipbällen Liverpools Viererkette. Nach der Pause hatten sich die Reds besser auf ihn eingestellt. Setzte zudem De Bruyne gedankenschnell für das 1:0 in Szene. Note: 2,5.

Gabriel Jesus: Hielt an Palmsonntag in Manchester Einzug und wurde von seinem Volk bejubelt, als er sie einen langen Wartens erlöste. Hätte sogar noch mehr, als nur den einen Treffer erzielen können. Scheiterte nach einer Stunde am auf der Linie postierten van Dijk. Trotzdem gut ins Kombinationsspiel eingebunden und mit seinen Läufen über die rechte Seite ein ständiger Gefahrenherd für Liverpools Defensive. Seine überraschende Aufstellung hatte sich definitiv bezahlt gemacht. Musste sieben Minuten vor Schluss für Jack Grealish weichen. Note: 2,0.

Raheem Sterling: Sehr präsent, aber eben auch sehr ineffizient. In der 5. Minute scheiterte er freistehend an Alisson, zwei Minuten vor der Pause konnte er eine Hereingabe von Phil Foden nicht mehr ins Tor grätschen. Als dann sowohl Zuspiel wie Abschluss passten, stand er abseits. Bis auf diese letzten Momente ein eigentlich ordentlicher Vortrag des englischen Nationalspielers. Aber diese Momente entscheiden eben über keinen, einen oder drei Punkte. Note: 3,5.

Phil Foden: Bereitete Liverpools Defensive mit seinen Läufen über die linke Seite zusammen mit João Cancelo große Schwierigkeiten. In den letzten zehn Minuten vor der Pause sorgte Foden mit einigen gefährlichen Flanken fast für das 3:1. Ging in der zweiten Halbzeit – wie weite Teile von Citys Offensive – nicht mehr ins ganz große Risiko, um wenigstens den einen Punkt in Manchester zu behalten. Note: 2,5.

Auswechslungen von Manchester City

Riyad Mahrez (ab 75′): Kam für Raheem Sterling, um für die Entscheidung zu sorgen. Die Chancen dazu hatte er. Bei seinem Freistoß in Minute 90 war noch etwas Pech dabei. Die Topgelegenheit vier Minuten später darf man hingegen durchaus nutzen – oder zumindest nicht dermaßen leichtfertig vergeben. Note: 3,5.

Jack Grealish (ab 83′): Ersetzte Gabriel Jesus, sucht aber weiterhin nach seiner Rolle in Manchester. Sieben Ballkontakte sind der Beweis dafür. Bewerten kann man dieses Cameo letztlich nicht. Note: ohne Bewertung

Pep Guardiola: Hatte Liverpool im ersten Durchgang bis aufs letzte Satzzeichen gelesen. Eigentlich hätte seine Mannschaft höher als 2:1 führen müssen. Im letzten Drittel waren dann entweder die Laufwege nicht gut genug koordiniert oder die Präzision im entscheidenden Pass, beziehungsweise Abschluss fehlte. Nach der Stundenmarke gewann seine Mannschaft wieder die Oberhand über die Partie, wenngleich die Topchancen nicht mehr in der Quantität vorhanden waren, wie noch vor der Pause. Wird sich ärgern, sein Matchplan, die hohe Linie von Liverpool konstant mit Chipbällen auf João Cancelo oder die drei Offensiven zu überspielen war an diesem Nachmittag der klar Bessere und hätte theoretisch für einen Sieg und damit der Entscheidung im Titelrennen gereicht. Note: 2,0.

Victor Catalina

Liverpool FC: Zwei Halbzeiten, zwei Gesichter

Alisson: Frühe Glanztat gegen Jesus (5.), kurz vor der Pause nochmal mit einer starken Parade (45.), wenngleich es letztlich Abseits war. Konnte bei den Gegentoren nicht viel ausrichten. Manko: Der Brasilianer schaffte es nicht, in Citys Drangphase das Spiel zu beruhigen, befeuerte diese teils sogar durch vermeidbare Fehlpässe. Note: 2,5

Trent Alexander-Arnold: Starke Vorlage auf Jota zum 1:1 (13.), danach jedoch mit vielen Unsicherheiten. Ließ sich defensiv ein ums andere Mal überspielen, sah in Citys Drangphase gar kein Land mehr. Beim Gegentreffer zum 1:2 (36.) hob er das Abseits mit auf. Kam nach dem Seitenwechsel wieder besser ins Spiel, gab den Pre-Assist zum erneuten Ausgleich (46.). Note: 4,5

Joël Matip: Ließ sich im ersten Durchgang zu leicht abkochen, hob beim Gegentreffer zum 1:2 zusammen mit Alexander-Arnold das Abseits auf. Klare Leistungssteigerung nach der Pause: Bereinigte viele Bälle, gewann einen immens wichtigen Zweikampf gegen Grealish in der Schlussphase. Note: 4,0

Virgil van Dijk: War im ersten Durchgang nicht der erhoffte Fels in der Brandung, der er sonst für seine Mannschaft ist. Leistete sich Fehler und Unkonzentriertheiten, sorgte in Minute acht beinahe für einen kapitalen Bock, als er einen Ball falsch einschätzte. Auch für ihn gilt: Nach dem Seitenwechsel wurde es besser. Rettete einmal kurz vor der Linie gegen Jesus (61.), stoppte Sterling, als es brenzlig zu werden drohte (68.). Note: 3,5

Andrew Robertson: War am Tor zum 1:1 beteiligt. Defensiv allerdings mit Höhen und Tiefen. Ließ sich oftmals zu leicht abkochen und unter Druck setzen, holte sich zudem eine unnötige Gelbe Karte, als er gegen De Bruyne zu hart in den Mann ging (28.). Note: 4,0

Jordan Henderson (bis 78.): Im ersten Durchgang zu oft nicht nah genug am Mann, positionierte sich gegen den Ball nicht immer klug. Mit der Zeit fand er besser ins Spiel, lief Bernardo Silva gut an und störte ihn früh. Leistete gewohnt viel Laufarbeit und bewies sich im zweiten Durchgang einmal mehr als der Leader seiner Mannschaft. Note: 4,0

Premier League Manchester City Liverpool FC

Photo by PAUL ELLIS/AFP via Getty Images

Fabinho: Ließ vor dem Gegentor zum 0:1 De Bruyne ziehen, wirkte auch sonst sehr schläfrig. Schaffte es nicht, das Spiel zu beruhigen, leistete sich ungewöhnlich viele Fehlpässe. Traf zudem Bernardo Silva böse von hinten (83.), war mit Gelb noch gut bedient. Ein enttäuschender Auftritt des Brasilianers. Note: 5,0

Thiago: Zwar schaffte es auch er nicht, in Citys Drangphase für die nötige Ruhe und Struktur im Spielaufbau zu sorgen. Dennoch war er heute der mit Abstand ballsicherste Mann bei den „Reds“. Überzeugte zudem mit seiner Arbeit gegen den Ball, ging hier teilweise jedoch etwas überhart zu Werke. Note: 2,5

Mohamed Salah: Kam im ersten Durchgang überhaupt nicht zur Geltung. Dafür zündetet er umgehend nach der Pause, legte das 2:2 stark für Mané auf (46.). Auch sonst mit viel mehr Durchsetzungsvermögen und Aktionen in Strafraumnähe, kam einmal gefährlich zum Abschluss (71.). Note: 3,0

Diogo Jota (bis 70.): Markierte den frühen Ausgleich, war danach aber erst einmal weitestgehend vom Spielgeschehen abgemeldet. Fand nach dem Seitenwechsel wieder besser in die Partie, war als Anspielstation zwischen den Linien sowie als Pressinginitiator gefragt. Manko: Zu viele Ballverluste. Note: 3,5

Sadio Mané (bis 84.): Ähnlich wie seine Sturmkollegen war auch er weitestgehend abgemeldet in den ersten 45 Minuten, musste viele defensive Laufwege machen. Fand nach Wiederanpfiff nicht nur besser ins Spiel, sondern markierte auch direkt den wichtigen Ausgleich. War auch in der Folge quirliger und für den Gegner schwerer zu greifen. Note: 3,5

Auswechslungen von Liverpool:

Luis Diaz (ab 70′): keine Bewertung

Naby Keïta (ab 78′): keine Bewertung

Roberto Firmino (ab 84′): keine Bewertung

Jürgen Klopp: Katastrophale erste Halbzeit seiner Mannschaft, in der praktisch nichts stimmte. Das Pressing griff nicht, die Abstände waren zu groß, der Druck auf den Ballführenden zu schwach – und die Viererkette war ein Totalausfall. Ein richtiger Plan war insbesondere im Spiel gegen den Ball kaum zu erkennen. Das Trainerduell gegen Guardiola schien schon vor dem Pausenpfiff klar entschieden. Doch – was auch immer er seinen Jungs erzählte – die Halbzeitansprache schien gesessen zu haben. Liverpool kam mit einer völlig anderen Körpersprache aus der Kabine. Im Pressing waren die „Reds“ griffiger und näher am Mann, mit Ball schafften sie es auch mal, Ruhe und Kontrolle ins Spiel zu bringen. So brachte sich Liverpool wieder zurück in die Verlosung und hielt das Spiel bis zum Schlusspfiff offen. Note: 3,5

Michael Bojkov

Anthony Taylor: Die Ansetzung des aus Wythenshawe in Südmanchester stammenden Taylor und VAR Paul Tierney, der aus Salford, einem Vorort von Manchester kommt, sorgte im Vorfeld der Partie bei den Liverpooler Fans für Empörung. Nicht zuletzt, weil Tierney beim 2:2 im Tottenham Hotspur Stadium von Jürgen Klopp mit den Worten „Ich habe kein Problem mit Schiedsrichtern, nur mit dir!“ bedacht wurde. Wirklich etwas zu Schulden ließen sich die Unparteiischen in einem hochintensiven, aber eben auch sehr fairen Spitzenspiel nicht kommen. Man könnte darüber diskutieren, ob Fabinho für sein hartes Einsteigen gegen Bernardo Silva auch des Feldes verwiesen hätte werden können. Hier aber im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden und Liverpool in der Crunchtime des Spiels nicht zu benachteiligen, zeugt auf der anderen Seite von Fingerspitzengefühl. Eine unauffällige, wohltuende Spielleitung, die die Partie leben ließ und dem Spektakel vollumfänglich gerecht wurde. Note: 1,5.

Spielnote: Ein Spektakel versprach man sich von beiden Mannschaften vor der Partie, ein Spektakel bekam man auch geboten. Vor allem die erste Hälfte war in äußerstem Maße von Tempo und Intensität geprägt. Je länger das Spiel dauerte, desto mehr scheuten beide Mannschaften das letzte Risiko. So blieb es beim Remis. Wieviel dieses Ergebnis im Endeffekt wert ist, zeigen die kommenden Wochen. Äußerst unterhaltsam war es allemal. Note: 2,0.

 

Photo by Michael Regan/Getty Images

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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