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Premier League: ManCity gegen den Rest der Welt – Arsenal wartet auf den Erlöser

14. Februar 2023 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Fünf Awards zum 23. Spieltag der Premier League: Wieso Manchester City wieder mit einem Sinn spielt und Arsenal auf seinen Erlöser wartet. 

„Wir gegen den Rest der Welt“-Award: Manchester City

Wem es entgangen ist: Die Premier League wirft Manchester City vor, in über 100 Fällen gegen finanzielle Richtlinien verstoßen zu haben (90PLUS beantwortet alle Fragen). Die Anschuldigungen sind schwer, die potenziellen Folgen – über Punktabzug bis Zwangsabstieg – möglicherweise sogar existenzbedrohend.



Pep Guardiola fand darin etwas Positives: Motivation. Nachdem er seiner Mannschaft nach drei Titeln in vier Jahren vor wenigen Wochen noch einen fehlenden Hunger im Vergleich zu Titelkonkurrent Arsenal (letzter Titel 2014) attestierte, scheint seine emotionale Wutrede am Freitag die erwünschte Wirkung zu bringen. Dabei hatte er nicht nur die Unschuld seines Klubs beteuert, sondern gegen die missgünstige Konkurrenz ausgeholt und eine wahre „wir gegen den Rest der Welt“-Mentalität bei Manchester City entfacht. „Sie wollen uns die Position nehmen, die wir uns auf dem Platz verdient haben.“

Nach einer Vielzahl von behäbigen Vorstellungen in dieser Saison wirkte Manchester City beim 3:1 über Aston Villa wieder mehr wie Manchester City. Und doch ganz anders. Es war keine überragende Vorstellung, aber eine mit viel Charakter und Intensität. Sowohl auf den Rängen, wo an die Liga gerichtete Schmähgesänge und Banner für ungewohnt viel Leben sorgten, als auch auf dem Platz, wo die Spieler mit deutlich mehr Leidenschaft und Zug agierten als in den Wochen zuvor.

Es wird sich herausstellen ob Guardiolas Worte berechtigt waren. Stand jetzt aber haben sie dazu geführt, dass Manchester City wieder mit einem Sinn spielt. Und das macht sie nur schwer zu bremsen.

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„Warten auf den Erlöser“-Award: FC Arsenal

Da waren es nur noch drei. Der einstige Acht-Punkte-Vorsprung des FC Arsenal auf Manchester City ist nach dem 1:1 gegen Brentford fast dahin. Erstmals in dieser Saison hat das junge Team von Mikel Arteta drei Pflichtspiele in Folge nicht gewonnen. Stecken die Gunners etwa in einer Krise?

Gegen Brentford kannst du Unentschieden spielen – ein Team, das bereits Manchester City, Liverpool und Tottenham bezwang. Zumal der Ausgleich aufgrund einer VAR-Panne nicht hätte zählen dürfen. Auch die Pleiten gegen Everton (Trainereffekt unter Sean Dyche) und Manchester City im Pokal (0:1 mit B-Elf) sind isoliert betrachtet kein Weltuntergang.

Und trotzdem: Die Gunners waren in all diesen Spielen, vor allem in der Premier League, ein gutes Stück von ihrer Bestform entfernt. Der Ball lief gegen Everton und Brentford nicht mehr so flüssig nach vorne, im letzten Drittel fehlten Präzision, Konzentration und Durchschlagskraft. Nur ungefähr 1 expected Goal kreierten Martin Ödegaard und Co. jeweils in diesen Spielen – in den 19 Partien zuvor waren es im Schnitt über 2 pro Spiel. Schlechte Phase? Überspielt? Möglich. Vor allem aber wird das Fehlen von Gabriel Jesus mit jedem Spiel sichtbarer.

Keine Frage, Eddie Nketiah hat sich fantastisch entwickelt und ihn unabhängig von seinen Toren besser vertreten als man es für möglich hielt. Das Chaos, das der Brasilianer im letzten Drittel verursacht – mit und ohne den Ball – kann er aber (noch?) nicht ersetzen. Schon gar nicht mit der Konstanz. Nach einer schweren Knieverletzung bei der WM 2022, hat Jesus wieder leichte Trainingseinheiten absolviert. Für Arsenal kann seine Rückkehr angesichts der strauchelnden Offensive nicht schnell genug kommen. Im Titelshowdown mit Manchester City am Mittwoch (21 Uhr) werden es die Gunners aber ohne Unterstützung von oben richten müssen.

Arsenal-Stürmer Eddie Nketiah in der Premier-League-Partie gegen Brentford.

(Photo by JUSTIN TALLIS/AFP via Getty Images)

„(Fast) alles beim Alten“-Award: Merseyside Derby

In der letzten Woche war einiges anders an der Merseyside. Dort fand man nicht das vor Selbstbewusstsein strotzende Liverpool, das in den letzten Jahren Woche für Woche jede Gegner mit roher Intensität und hoher Spielqualität überrumpelte (über die Gründe haben wir gesprochen), sondern eine 2023 noch sieglose Truppe, die drohte, in Lethargie zu versinken. Und dort fand man ein Everton, das durch die pragmatischen Impulse von Sean Dyche und einem 1:0-Sieg über Tabellenführer Arsenal wie euphorisiert wirkte und wieder Hoffnung im Abstiegskampf schürte.

Gestern Abend war dann (fast) wieder alles beim Alten. Für den FC Everton, der anders als in der Vorwoche viel zu passiv, langsam und ungenau über den Platz schlich. Vor allem aber für den FC Liverpool, der zwar deutlich von seiner Bestform entfernt war, aber mit einem souveränen 2:0-Derbysieg zumindest wieder phasenweise wie das Spitzenteam von der Anfield Road aussah.

„Es fühlte sich so an wie wir, es sah aus wie wir“, sagte LFC-Trainer Jürgen Klopp im Anschluss. Er sah ein Team, das zum ersten Mal seit Oktober zu Null in der Premier League gewann. Er sah die gefürchteten, blitzschnellen Konterangriffe und den ersten Treffer von Mohamed Salah in diesem Kalenderjahr. Und er sah den Debüttreffer von Neuzugang Cody Gakpo sowie die Rückkehr der wiedergenesenen Virgil van Dijk, Roberto Firmino und Diogo Jota. Der Rückstand auf die europäischen Plätze beträgt sieben Zähler, wenn die Reds nicht jetzt in Form kommen, wann dann?

„Kommt Zeit, kommt Rat“-Award: Chelsea-Besitzer Todd Boehly

Der FC Chelsea blieb auch am Samstag gegen West Ham United ohne Sieg (1:1) und hat damit erst fünf von 16 Ligaspielen unter der Leitung von Graham Potter gewonnen. Nach Wintertransferausgaben im Bereich von über 330 Millionen Euro ist es kein Wunder, dass bei gegnerischen Fans die Häme und den eigenen Anhängern die Ungeduld wächst. Ist Potter wirklich der Richtige?

Laut The Athletic ist man im Westen Londons davon überzeugt. Und das ist richtig. Immerhin wurde Potter von der Vereinsführung überhaupt in diese missliche Lage gebracht. Der 47-jährige Engländer sollte mitten in der Saison und ohne Vorbereitung mit einem Kader, der für seinen Vorgänger zusammengestellt wurde, Ergebnisse liefern. Das schlug verständlicherweise fehl. Blenden wir das Preis-Leistungs-Verhältnis mal aus, waren die Korrekturversuche im Winter qualitativ hochwertig. Rein quantitativ sind acht Neuzugänge – die meisten ohne Premier-League-Erfahrung – ohne Vorbereitung jedoch kaum zu integrieren.

Vor Enzo Fernández (120 Millionen Euro) deutete die neue Dreierreihe um Mykhaylo Mudryk (70 Millionen Euro), Joao Felix (Leihe) und Noni Madueke (35 Millionen Euro) gegen die Hammers in der ersten Hälfte noch phasenweise ihr hohes Potential an. Doch die Blues belohnten sich nicht und verloren nach dem Seitenwechsel den Faden. Das ist aber typisch für ein Team, das sich noch finden und einspielen muss.

Nachdem die Entlassung Thoams Tuchels sowie einige Transferaktivitäten gelinde gesagt „wild“ wirkten, vermuteten viele, dass Neu-Besitzer Todd Boehly auch Potter vorschnell vor die Tür stellen könnte. Doch der US-Amerikaner scheint realisiert zu haben, dass sein Trainer Zeit benötigt. Was Potter damit anstellen kann, hat er mit deutlich geringerem Budget bei Brighton & Hove Albion eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

LIV EVE

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„Kurzes Vergnügen“-Award: Nathan Jones

Vergangenes Wochenende hatte sich Nathan Jones mit einem Fuß auf das Abstellgleis befördert. In einer denkwürdigen Pressekonferenz hatte der Trainer des FC Southampton nach der nächsten Pleite Klubführung, Spieler und Fans kritisiert. Am Samstag folgte der zweite Fuß.

Die Saints verspielten gegen Abstiegskonkurrent Wolverhampton Wanderers am Wochenende Jones‘ letzten Strohhalm. Trotz 1:0-Führung und einem Mann Überzahl nach 27 Minuten implodierte das Team in Durchgang zwei derartig, dass die Wolves auch in Unterzahl das Spiel drehten und dem Waliser die siebten Niederlage in acht Spielen zufügten.

Der Verein reagierte. Jones blieb lediglich 14 Spiele im Amt (drei Siege, neun Niederlage) – die kürzeste Amtszeit in der Geschichte des FC Southampton.

(Photo by Ryan Pierse/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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