Premier League: Southampton, Leeds & Leicester – Ein Ausblick nach dem Abstieg
2. Juni 2023 | Spotlight | BY Lukas Heigl
Am Sonntag entschied sich der Abstiegskampf in der Premier League. Neben dem FC Southampton, bereits länger als Absteiger feststehend, schafften es auch Leeds United und Leicester City nicht mehr über den Strich.
Alle drei Vereine werden mit einem neuen Trainer in die Saison gehen, das steht bereits jetzt fest. Wir wollen euch darüber hinaus einen Ausblick geben, welche Spieler ihre Vereine verlassen könnten, für wen diese Spieler interessant sind, wie der Kern der Absteiger für die kommende Championship-Saison aussehen wird und wie groß die Chancen mit diesem Kern im Hinblick auf einen direkten Wiederaufstieg sein dürften:
Southampton FC
Der Kader der Südengländer wird sich wohl radikal verändern. Zwar ist man seit der Übernahme des Konsortiums „Sport Republic“ um den serbischen Geschäftsmann Dragan Solak (58) finanziell gut aufgestellt, jedoch haben die Saints eine Vielzahl für andere Vereine interessanter Spieler im Kader, die wohl kaum den Weg in die Championship mitmachen werden. Allen voran ist hier James Ward-Prowse (28) zu nennen. Der in Southampton ausgebildete Standardspezialist hätte schon längst zu einem größeren Verein wechseln können, blieb den Saints jedoch treu. Im Hinblick auf die Europameisterschaft 2024 in Deutschland, bei der Ward-Prowse zum englischen Kader gehören will, wird nun ein Wechsel jedoch unumgänglich sein.
Vor allem West Ham United und Newcastle United sind interessiert, die Magpies dürften mit der Champions League die besseren Argumente auf ihrer Seite haben. Die drei anderen vielumworbenen Spieler sind Kyle Walker-Peters (26), Romeo Lavia (19) und Armel Bella-Kotchap (21). Außenverteidiger Walker-Peters ist ähnlich wie Ward-Prowse den Saints eigentlich schon seit Jahren entwachsen. Der zweimalige englische Nationalspieler dürfte sowohl als Backup für die absoluten Topteams als auch als Stammspieler für Vereine wie Brighton oder Aston Villa spannend sein. Lavia hingegen ist ein riesengroßes Talent. Der Belgier, inzwischen auch schon Nationalspieler, kam vor der Saison aus dem Nachwuchs von Manchester City.
Aufgrund seiner bereits in dieser Saison starken Leistungen sind sämtliche englische Topteams an ihm interessiert. 40 Millionen Euro Transfererlös winken den Saints hier. Bella-Kotchap hat sich seit seinem Wechsel aus Bochum im letzten Sommer ebenfalls stark entwickelt. Der Deutsche glänzt vor allem durch seine Physis und Geschwindigkeit und ist somit wie gemacht für die Premier League. Sein nächster Schritt könnte ihn jedoch zurück in die Bundesliga führen, RB Leipzig soll sehr interessiert sein am Innenverteidiger.
Da die meisten alten Spieler den Verein wohl ebenfalls verlassen werden, muss man seinen Kader wohl von Grund auf neu aufbauen. Die einzige Ausnahme dürfte der Sturm sein. Che Adams (26) und Adam Armstrong (26) konnten ihre Premier-League-Tauglichkeit nicht unter Beweis stellen, machten vor ihrem Wechsel nach Southampton in Liga zwei jedoch 22 (Adams) bzw. 28 (Armstrong) Tore. Dazu dürfte man mit Rechtsverteidiger Tino Livramento (20), der ein herausragendes Talent ist, jedoch nach einer schweren Verletzung erst wieder in Tritt kommen muss und deshalb wohl bleiben wird, einen der besten Vorlagengeber der Championship haben.
Leeds United
Das Team, das die größten Probleme bekommen könnte, ist wohl Leeds United. Der Verein hat in den letzten eineinhalb Jahren seine Identität komplett verloren. Vom hochattraktiven Offensivfußball unter Marcelo Bielsa (67), den die Fans über alle Maßen geliebt haben, über RB-Pressing-Fußball von Jesse Marsch (49) ist man zuletzt angekommen bei einer reinen Verhinderungstaktik unter Sam Allardyce (68). Dass das mit einem Kader, der auf Pressingfußball ausgerichtet war, nicht gutgehen konnte, war absehbar. Aber entsprechend schwer ist es nun auch, mit dem vorhandenen Kader weiterzuarbeiten.
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Sollte man keinen Trainer finden, der zum Pressingfußball zurückkehrt, werden viele Spieler im Kader nochmals deutlich an Niveau verlieren. Einen spielerischen Ansatz kann man mit diesem Kader nur schwer implementieren. Dazu kommt dann, dass wie bei jedem Absteiger die besten Spieler den Verein wohl verlassen werden. Die Spieler, die dem Kader nach dem Aderlass noch erhalten bleiben werden, haben spielerisch maximal Championship-Niveau. Entsprechend müssen sich die Fans wohl auf einen erneut längeren Aufenthalt in der zweiten Liga einstellen.
Auf jeden Fall den Verein verlassen werden Weston McKennie (24) und Illan Meslier (23). Mittelfeldmann McKennie war nur von Juventus Turin ausgeliehen und wird bessere Angebote erhalten als die Championship, Keeper Meslier wurde im Saisonendspurt von Allardyce aus dem Tor genommen und ist seitdem überhaupt nicht mehr gut auf den Verein zu sprechen. Der Franzose galt in den letzten Jahren als einer der talentiertesten Spieler auf seiner Position, vor allem mit dem Ball am Fuß, und könnte einen ähnlichen Wechsel von einem Absteiger zu einem Topteam hinbekommen wie damals Aaron Ramsdale (25).
Innenverteidiger Robin Koch (26) liebäugelt wohl mit einer Rückkehr nach Deutschland, sein Ex-Verein SC Freiburg wird immer wieder als mögliches Ziel genannt. Die beiden Offensivspieler Jack Harrison (26) und Patrick Bamford (29) dürften durchaus Interesse in der Premier League wecken, beide haben unter Bielsa ihre Erstligatauglichkeit unter Beweis gestellt (Harrison 16 Torbeteiligungen, Bamford 17 Tore und acht Vorlagen). Und auch der Topscorer Rodrigo (32, 13 Tore) wird den Verein verlassen. Im Raum stehen ein Wechsel zu Aston Villa oder zurück nach Spanien. Für Wilfried Gnonto (19) wird es ebenfalls einen Markt geben, alleine schon aufgrund des großen Talents, das im italienischen Nationalspieler schlummert.
Und so dürfte Leeds ein Kern aus Spielern vor allem aus dem RB-Kosmos bleiben, wie Tyler Adams (24), Rasmus Kristensen (25) oder Maximilian Wöber (25). Dazu kommen Spieler, die damals mit Bielsa gemeinsam aufgestiegen sind und vor der Zeit des Argentiniers in England klare Zweitligaspieler waren, wie Liam Cooper (31), Luke Ayling (31) und Stuart Dallas (32). Es wird schwer, sich so einen Kader als wirklichen Aufstiegskandidaten in der Championship vorzustellen.
Vor allem, da man trotz eines zu erwartenden Transferüberschusses kaum nachlegen können wird. Grund dafür ist, dass der Besitzer Andrea Radrizzani (48) gestern sogar das Stadion an der Elland Road als Sicherheit verpfändet hat, um sich neben Leeds auch noch Sampdoria Genua kaufen zu können. Daran sieht man schon, auf welchem Verein das Hauptaugenmerk des Italieners liegen wird. Leeds wird in den kommenden Jahren wohl hauptsächlich eine Finanzhilfe für Genua darstellen.
Leicester City
Der Abstieg der Foxes ist neben dem Chelsea FC die wohl größte Negativüberraschung der diesjährigen Premier-League-Saison. Der Kader war auf dem Papier wohl der achtbeste, man machte einfach viel zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Entsprechend dürften – auch aufgrund finanzieller Nöte des Vereins – die meisten Spieler des Kaders den Verein wechseln. Die Abgänge von Youri Tielemans (26) und Caglar Söyüncü (27) stehen bereits fest, beide verlängern ihre auslaufenden Verträge nicht.
Allen voran ist hier natürlich James Maddison (26) zu nennen. Der offensive Mittelfeldspieler zeigte noch als einer der ganz wenigen Spieler dieselbe Form aus den Jahren, in denen Leicester die Topteams der Liga ärgern konnte, und kam auf zehn Tore und neun Vorlagen. Entsprechend sind auch die ganz großen Vereine am Engländer interessiert. Vor allem Arsenal, Tottenham und Newcastle haben ihren Hut in den Ring geworfen, am sinnvollsten wäre wohl ein Wechsel in den Norden England. Dort könnte Maddison, der aufgrund Vertragsende 2024 wohl nur 40 bis 50 Millionen Euro kosten wird, Stammspieler in der Champions League sein.
Weitere Spieler, die durchaus Geld einbringen können, wenn auch bei weitem nicht mehr so viel wie am Leistungspeak der Mannschaft 2021 möglich gewesen wäre, sind Wilfred Ndidi (26), Harvey Barnes (25) und Timothy Castagne (27). Alle drei kommen sowohl als Kaderspieler bei Topteams wie auch als Stammspieler bei Mittelfeldmannschaften in Betracht. Flügelspieler Barnes etwa wird bereits mit West Ham United in Verbindung gebracht, an Außenverteidiger Castagne soll Arsenal für die Breite interessiert sein, Ndidi könnte eine Übergangslösung für Brighton sein bis man einen langfristigen Nachfolger für Moises Caicedo (21) gefunden hat, der wohl im Sommer wechseln wird.
Und trotz allem wird man mit einem stabilen Kern in die neue Saison gehen. Das liegt daran, dass die Foxes ihren Kader 2021 extrem verbreitert haben und über eine durchaus ordentliche zweite Elf verfügen. Vor allem defensiv wird man gut da stehen. James Justin (25) und Ricardo Pereira (29) dürften aufgrund langer Verletzungen keinen Markt haben, alle haben in Form aber durchaus Premier-League-Niveau. Dazu werden die Winterneuzugänge Victor Kristiansen (20) und Harry Souttar (24) bleiben. Und auch Jannik Vestergaard (30), der diese Saison überhaupt nicht eingesetzt worden war, könnte für den sofortigen Wiederaufstieg durch seine Kopfballstärke wichtig werden.
Im Angriff dürfte neben Jamie Vardy (36) mindestens einer von Patson Daka (24) und Kelechi Iheanacho (26), die beide keine Werbung für einen Premier-League-Verbleib gemacht hatten, im Verein bleiben. Im Mittelfeld hingegen dürfte man Neuzugänge dringend benötigen. Neben Tielemans, Ndidi und Maddison wird wohl auch Kiernan Dewsbury-Hall (24) den Verein verlassen. Der aus der Jugend von Leicester stammende Mittelfeldmann will unbedingt weiterhin Premier League spielen, ein Transfer zu Aufsteiger Luton Town, bei denen er vor drei Jahren leihweise gespielt hat, scheint wahrscheinlich. Die Keeper Danny Ward (29) und Daniel Iversen (25) konnten diese Saison zwar keine Erstligatauglichkeit zeigen, in der Championship wird hingegen jeder der beiden zu den besten Torhütern gehören.
(Photo by DARREN STAPLES/AFP via Getty Images)
Lukas Heigl
Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert