Juve noch immer ohne Gegentor: Mit dem Catenaccio zurück an die Spitze?

30. September 2024 | News | BY Philipp Overhoff

Nach sechs Ligaspielen steht Juventus noch immer ohne Gegentor da und rangiert in der Tabelle auf dem zweiten Platz. Gelingt den Bianconeri mit altbewährten Mitteln die Rückkehr auf den Serie-A-Thron? 

Juventus: Die unerwartete Wandlung des Thiago Motta

Dreimal 3:0, dreimal 0:0 – man muss wahrlich kein Schimpanse sein, um sich die Juventus-Ergebnisse der bisherigen Serie-A-Saison merken zu können. Entweder gewinnt Juve hoch, oder die Partie endet torlos. Jedenfalls verliert man nicht. Und kassiert schon gar kein Gegentor. Als einzige Mannschaft der europäischen Top-5-Ligen weisen die Bianconeri in dieser Spielzeit eine noch immer blütenweiße Weste auf.



Mit zwölf Punkten aus sechs Spielen liegen die Norditaliener derzeit auf dem zweiten Tabellenplatz und müssen nur der von Antonio Conte trainierten SSC Neapel den Vortritt lassen. Der Einstand des neuen Trainers Thiago Motta ist also geglückt, die Alte Dame befindet sich auf Kurs und lechzt nach vier Jahren ohne Ligatitel geradezu nach dem 37. Scudetto-Gewinn.

Doch die dafür herangezogenen Mittel sind gänzlich andere, als man noch vor Saisonbeginn erwarten konnte. Beim FC Bologna stand Motta für einen positionslosen und sehr fluiden Ballbesitzfußball, der „I Rossoblu“ nach langer Abstinenz zurück in die Champions League führen sollte. Diese Handschrift sucht man bei Juventus bislang (fast) vergebens. Motta scheint mit dem klaren Ziel nach Turin gekommen zu sein, in allererster Linie die Defensive dicht zu bekommen und sichere Punkte nach Hause zu fahren. Schon in der vergangenen Spielzeit stellten die Bianconeri mit nur 31 Gegentreffern eine extrem sattelfeste Abwehr, doch insbesondere in der Rückrunde zeigte man sich immer wieder anfällig.

Von dieser Anfälligkeit kann momentan überhaupt kein Rede sein, das bisher einzige Pflichtspiel-Gegentor kassierte Juve in der Königsklasse beim 3:1-Erfolg über die PSV Eindhoven. Gerade in diesem Spiel jedoch bot uns die Alte Dame eine erste Kostprobe des „Motta-Balls“. Der italienische Rekordmeister zauberte keineswegs Hurra-Fußball auf das Feld und hatte letztlich sogar weniger Ballbesitz als der niederländische Vertreter. Und dennoch wusste insbesondere die Offensive mit zahlreichen Positionswechseln und teils ansehnlichen Spielpassagen zu überzeugen. Phasenweise blitzen diese Elemente immer mal wieder im Juve-Spiel auf, wobei Motta die eigene Spielidee erst nach und nach ausbauen will.

(Photo by Simone Arveda/Getty Images)

Zunächst greift der Trainer jedoch auf das in Juventus tief verankerte Defensive-first-Prinzip, in Italien besser bekannt als Catenaccio, zurück. „Wir müssen alle gemeinsam verteidigen“, hatte der 42-Jährige schon bei seinem Amtsantritt gesagt. Und er hat Wort halten lassen. Sämtliche Akteure der Alten Dame sind im Spiel gegen den Ball involviert, auch der viel gescholtene Dusan Vlahovic leistet in vorderster Front seinen Beitrag. Dieser defensive Aufwand sorgt dafür, dass die Alte Dame im Schnitt gerade einmal 6,7 gegnerische Torschüsse zulässt – ein absoluter Top-Wert!

Dass nach sechs Begegnungen bei Juve noch immer die Null steht, ist ein Ertrag der gewählten Systematik und lässt sich nur schwer auf einzelne Spieler zurückführen. Stellvertretend für die weiße Weste der Bianconeri sollte jedoch Abwehrchef Bremer herangezogen werden, der eine überragende Saison spielt und längst zu den besten Innenverteidigern in Europa gezählt werden muss. Der Brasilianer ist sowohl am Boden als auch in der Luft eine Macht und glänzt darüber hinaus auch in der Spieleröffnung. Herausragende 75 Prozent seiner langen Pässe bringt Bremer an den Mann.

RB Leipzig als nächster Prüfstein für Juve

Am Mittwoch wird das Turiner Abwehr-Bollwerk gegen RB Leipzig ein weiteres Mal auf die Probe gestellt werden. Auch beim Gastspiel in Sachsen dürfte wieder mit einem kompakten Juventus zu rechnen sein, das primär die eigene Null halten will. Thiago Motta hat seinen Schützlingen in der frühen Phase seiner Amtszeit ganz eindeutig die Prämisse mitgegeben, dass Fußballspiele am eigenen Ende des Feldes gewonnen werden.

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Das muss man weder schön noch ansprechend finden. Doch Stand jetzt geben die Resultate dem einstigen Edeltechniker durchaus Recht. Und sollte dieses Mittel den Erfolg in das einst so erfolgsverwöhnte Turin zurückbringen, wird sich niemand beschweren. Der Catenaccio ist ohnehin tief in der Vereins-DNA des Juventus Football Club verankert.

(Photo by Simone Arveda/Getty Images)


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